Lexikon der Chemie: Hochtemperaturchemie
Hochtemperaturchemie, umfaßt chem. Prozesse in einem Temperaturbereich zwischen 800 °C und Temperaturen, in denen Atome noch durch chem. Bindungen verknüpft sind. Diese Definition der H. ist willkürlich. Für gasförmige Reaktionssysteme lassen sich auf thermodynamischer Grundlage Hochtemperaturreaktionen als solche chem. Vorgänge definieren, deren Änderung der freien Enthalpie ΔG erst bei hohen Temperaturen negativ wird, d. h. die bei hohen Temperaturen freiwillig ablaufen. Die ΔG-Werte werden nach der Zustandsfunktion ΔG = ΔH – TΔS neben der Temperatur in starkem Maße von der Entropieänderung ΔS bestimmt, die mit steigender Temperatur stark zunimmt. Diese Eingrenzung chem. Hochtemperaturreaktionen gilt mit Einschränkungen auch für chem. Reaktionen in kondensierten (festen und flüssigen) Phasen. Hierbei müssen aber durch Zufuhr thermischer Energie (Aktivierung) oft erst physikalische Vorgänge vonstatten gehen (z. B. Diffusionsprozesse), um chem. Umwandlungen zu ermöglichen, d. h., die hohen Temperaturen sind bei Flüssig- und Festphasenreaktionen häufig eine notwendige Voraussetzung für den Start oder eine akzeptable Reaktionsgeschwindigkeit, auch wenn diese Reaktionen exotherm verlaufen. Für die Reaktionen von und in kondensierten Phasen erscheint es aus diesen Gründen unumgänglich, willkürlich den Bereich der Hochtemperaturreaktionen einzugrenzen.
Beispiele für typische Hochtemperaturreaktionen sind Stoffumwandlungen im thermischen Plasma (Plasmachemie), chemische Transportreaktionen und Festkörperreaktionen im engeren Sinne (Fest-Fest-Reaktionen). Durch chem. Umwandlungen bei hohen Temperaturen werden alle Hochtemperaturwerkstoffe hergestellt. Eine Vielzahl von Stoffumwandlungen in der Metallurgie (z. B. Eisen- und Aluminiumgewinnung), der Silicattechnik (z. B. Zement-, Keramik-, Glasherstellung) und der chem. Industrie (z. B. Ammoniakverbrennung, elektrothermische Verfahren der Calciumcarbid- und Phosphorherstellung) laufen bei hohen Temperaturen ab. Die Erzeugung von hohen Temperaturen ist oft an Prozesse der H. gebunden. So werden z. B. durch Verbrennung von Dicyan (CN)2, oder Zr-Pulver Temperaturen von > 4500 °C erreicht.
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