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Lexikon der Chemie: Iod

Iod, Symbol I, chem. Element aus der VII. Hauptgruppe des Periodensystems, der Gruppe der Halogene, Nichtmetall, Reinelement; Z 53, Atommasse 126,9045, Wertigkeit -I, +I, +III, +IV, +V, +VII, D. 4,942 g cm-3, F. 113,6 °C, Kp. 185, 24 °C, Standardelektrodenpotential (I-/I2) + 0,5355 V.

Eigenschaften. I. bildet grauschwarze, metallisch glänzende, rhombisch kristallisierende, halbleitende Schuppen, die schon bei Raumtemperatur unter Bildung von violettem, I2-Moleküle enthaltendem Dampf merklich flüchtig sind. Bei nicht zu schnellem Erhitzen tritt bereits unterhalb des Schmelzpunktes vollständige Sublimation ein. I. hat einen charakteristischen stechenden Geruch, seine Dämpfe sind giftig. Festes I. bildet ein Schichtengitter, der intermolekulare Abstand zwischen Iodatomen benachbarter I2-Moleküle ist mit 349,6 pm sehr kurz, die innerhalb der Schichten vorliegende Elektronendelokalisation bedingt die zweidimensionalen Halbleitereigenschaften sowie den metallähnlichen Glanz des I. In unpolaren Solvenzien, wie Schwefelkohlenstoff, Chloroform oder Tetrachlormethan, ist I. mit violetter Farbe molekular löslich. Rote Iodlösungen in aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie braune Iodlösungen in Donorsolvenzien, wie Diethylether, Aceton, Dioxan und Pyridin enthalten Charge-Transfer-Komplexe des I. mit den Solvensmolekülen, I2 ·D. In Wasser löst sich I. nur sehr wenig (0,022 g in 100 g H2O) mit schwach bräunlichgelber Farbe, in Kaliumiodidlösung ist es dagegen sehr leicht mit dunkelbrauner Farbe unter Bildung von Kaliumtriiodid KI3 löslich. Charakteristisch für I. ist seine Fähigkeit, in den Oxidationsstufen +1 und +3 auch kationische Verbindungen zu bilden. So ist Iod(I)-perchlorat durch Reaktion von I. mit Silberperchlorat in benzolischer Lösung darstellbar:

I2 + AgClO4 → IClO4 + AgI; man erhält Iod(III)-perchlorat durch Umsetzung der gleichen Komponenten in Ether bei -85 °C: 2 I2 + 3 AgClO4 → I(ClO4)3 + 3 AgI. Die Iod(I)-Verbindungen lassen sich durch Lewis-Basen stabilisieren, z. B. [Ipy2][ClO4] und [Ipy2][NO3], auch homopolyatomare Kationen des Typs In+ (n = 2,3,5) sind bekannt.

Analytisches. Charakteristisch für elementares I. ist die Bildung einer intensiv blau gefärbten Einschlußverbindung mit Stärke (Iodometrie). Das Iodid-Ion, I-, läßt sich durch die Reaktion mit Silbernitrat zum gelben Silber(I)-iodid AgI nachweisen. Die quantitative Bestimmung von elementarem I. kann durch Titration mit Natriumthiosulfat erfolgen, während Iodid quantitativ argentometrisch oder gravimetrisch als AgI bestimmt wird.

Vorkommen. I. ist am Aufbau der Erdkruste mit 6,1·10-5 % beteiligt, zählt damit zu den selteneren Elementen. In der Natur kommt es ausschließlich in gebundener Form vor, die technisch wichtigsten Iodvorkommen sind die Salpeterlager in Chile, ferner natürliche Wässer. Das Meerwasser enthält etwa 0,0002 % I., vorwiegend in organisch gebundener Form; verschiedene Meeresorganismen, wie Tange und Algen, Korallen und Hornschwämme, vermögen I. bis zu 0,45 % der Trockensubstanz anzureichern. I. ist ein wichtiges Bioelement. Pflanzen enthalten etwa 0,1 ppm I. Für den menschlichen Organismus ist I. unentbehrlich, es ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin. Der Tagesbedarf des Menschen liegt bei etwa 0,002 g I.

Gewinnung. Bei der Aufarbeitung des Chilesalpeters reichert sich I. in den Mutterlaugen an; man reduziert das hier vorliegende Iodat mit schwefliger Säure zu I. (2 HIO3 + 5 H2SO3 → I2+ 5 H2SO4 + H2O), filtriert das ausgeschiedene I. ab und reinigt es durch mehrfache Sublimation.

Verwendung. I. wird in der Medizin als antiseptisches und zugleich blutstillendes Mittel verwendet (Iodtinktur). Erhebliche Mengen I. werden für die Synthese von Arzneimitteln eingesetzt, die bei anormaler Schilddrüsenfunktion verordnet werden. Iodide dienen als Spurenelementquelle in der Tierfütterung. I. und seine 'Verbindungen finden Einsatz in der Photochemie, in der präparativen und analytischen Chemie. Iodorganoverbindungen dienen als Röntgenkontrastmittel. Auch das in Kernreaktoren künstlich erzeugte Nuclid Iod 131 (Radioiod), ein β-Strahler der Halbwertszeit 8,04 d, wird in der Medizin angewandt.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
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Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
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Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
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Dr. Sandra Grande, Heidelberg
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Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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