Lexikon der Chemie: Kieselglas
Kieselglas, ein nahezu völlig aus Siliciumdioxid SiO2 bestehendes Glas mit besonders guten Eigenschaften, wie niedriger thermischer Ausdehnungskoeffizient, hohe Transformations- und Erweichungstemperatur, geringe elektrische Leitfähigkeit und große UV-Durchlässigkeit. Die Bezeichnung Quarzglas ist unkorrekt.
1) Durchsichtiges K. wird nach sehr verschiedenen Verfahren hergestellt. So wird Bergkristallgranulat an ein Kieselgutrohr in einer Acetylen/Sauerstoff- oder Knallgasflamme bei 2000 °C angeschmolzen und abwechselnd im Rohstoffpulver gewälzt und aufgeschmolzen, woran sich ein Ziehprozeß anschließt. Weiterhin läßt sich auf einen in der Flamme drehbaren Kieselglaskern Bergkristallpulver aufsprühen (Sprühverfahren). Nach dem Hänlein-Verfahren wird ein unter Vakuum vorgeschmolzenes K. in einem Molybdän- oder Wolframtiegel mit Widerstands- oder Induktionsheizung blasenfrei erschmolzen, wobei eine Bodendüse die Herstellung von Kieselglasrohren ermöglicht. Zur Herstellung von Vycorgläsern werden Gegenstände aus einem Natriumborosilicatglas, z. B. der Zusammensetzung 65 % SiO2, 25 % B2O3, 10 % Na2O, gefertigt; durch Temperung über eine Subliquidusentmischung wird eine Durchdringungsstruktur erzielt und mit 3 N Schwefelsäure die Natriumboratphase ausgelaugt, wobei ein poröses (Porendurchmesser 2 bis 5 nm) SiO2- Glas mit < l % Na2O und 2 bis 3 % B2O3 entsteht, das gewaschen, vorsichtig getrocknet und bei 1000 °C unter 30 %iger Volumenkontraktion blasenfrei gesintert wird. Der Vorteil gegenüber den Bergkristallverfahren besteht in dem relativ niedrigen Energieaufwand. Ein sehr homogenes K. wird durch Knallgasflammenhydrolyse (Gasphasenverfahren) von Siliciumtetrachlorid SiCl4 hergestellt. Man verwendet durchsichtiges K. in der Vakuum- und Strahlungstechnik, z. B. zur Herstellung von Röhren und Kolben für UV-Strahlungsquellen, Linsen- und Prismensystemen sowie Lichtleitungskabeln, in der Elektrotechnik für Hochspannungsisolatoren und in der Industrie- und Laborpraxis als Apparatewerkstoff.
2) Kieselgut ist ein durch zahlreiche kleine Luftbläschen getrübtes, durchscheinendes K. Herstellung: Um einen Kohlenstoffstab als Heizleiter wird Quarzsand geschichtet und bei Stromdurchgang ein Aufschmelzen des Rohstoffs erreicht, wobei das in der Grenzzone durch chem. Reaktion entstehende CO-Gas Heizleiter und Kieselgutrohr trennt. Durch Eisenformen wird dem Kieselgut, das aufgeblasen wird, die äußere Gestalt gegeben. Blöcke und Platten werden durch Walzen hergestellt. Werden mehrere Heizleiter parallel angewandt, lassen sich Kieselgutsteine fertigen. Das Glätten der Oberflächen ("Glasieren" durch Feuerpolitur) wird durch Lichtbogenstrahlung erreicht. Kieselgut dient vor allem zur Herstellung von Laborgeräten, Apparateteilen, Rohren und Wannensteinen.
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