Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: mikrobielle Wasserstoffbildung

mikrobielle Wasserstoffbildung, die Bildung von Wasserstoff durch Mikroorganismen. Die m. W., an der die Hydrogenase beteiligt ist, kann auf drei Wegen erfolgen: 1) Anaerobe fermentative W.: Hierbei dienen organische Stoffe (insbesondere Kohlenhydrate) als Kohlenstoffquelle (vor allem durch saccharolytische Clostridien). Neben Wasserstoff werden zahlreiche Nebenprodukte (u. a. Essig-, Butter- und Propionsäure, Aceton, Butanol) gebildet. 2) Anaerobe phototrophe W.: Organische Substrate oder reduzierte Schwefelverbindungen werden als Elektronendonoren und Licht als Energiequelle von den Phototrophen Bakterien verwertet. 3) Aerobe phototrophe W. (photobiologische Erzeugung von Wasserstoff): Insbesondere Cyanobakterien und Grünalgen sind zur Spaltung von Wasser in H2 und 1/2 O2 (Biophotolyse) befähigt. Da nur Wasser und Licht benötigt werden, erscheint die aerobe phototrophe W. für potentielle Anwendungen zur Zeit am aussichtsreichsten.

Außer mit intakten Zellen ist eine m. W. auch in zellfreien und immobilisierten Systemen möglich. Letztere bestehen z. B. aus Chloroplasten, Elektronencarrier (z. B. Ferredoxin) und der Hydrogenase. Bei diesen Systemen werden die in intakten Zellen ablaufenden Nebenreaktionen vermieden. Jedoch treten verschiedene Limitationen auf (z. B. O2-Empfindlichkeit der Chloroplasten und Hydrogenase, Hemmung des photosynthetischen Elektronentransports durch Licht, Autoxidation der reduzierten Elektronencarrier durch den bei der Biophotolyse produzierten Sauerstoff, Reversibilität der Wasserstoffbildungsreaktion).

Eine kontinuierliche Bildung von Wasserstoff aus Glucose unter anaeroben Bedingungen nach Einschluß von Clostridium butyricum in Polyacrylamidgel ist möglich. Besonders Cyanobakterien besitzen gegenüber Chloroplasten Vorteile. Ihre Enzyme und Photosysteme sind im allgemeinen stabiler. Dazu kommt, daß Cyanobakterien eine Nitrogenase zur N2-Fixierung besitzen. Von Nachteil sind die als Permeabilitätsbarriere wirkende Zellwand bzw. die Membranen.

Eine wirtschaftliche m. W. ist derzeit jedoch noch nicht in Sicht.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.