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Lexikon der Chemie: Molybdän

Molybdän, Symbol Mo, chem. Element der VI. Nebengruppe des Periodensystems, der Chromgruppe, Schwermetall; Z 42, Atommasse 95,94, Wertigkeit meist VI, auch V, IV, III, II, 0, D. 10,28 g cm-3, F. 2620 °C, Kp. 4825 °C, elektrische Leitfähigkeit 18,7 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (Mo/Mo3+) -0,20 V.

Eigenschaften. M. ist ein silberweißes, in Pulverform stahlgraues Metall. Die Festigkeit von kompaktem M. hängt stark von Reinheit und Kaltbearbeitungsgrad des Metalls ab. M. kristallisiert im kubisch-raumzentrierten Gitter und ist an der Luft sowie gegenüber nicht oxidierenden Säuren infolge Passivierung sehr beständig. Oxidierende Säuren, wie heiße, konz. Schwefelsäure, konz. Salpetersäure oder Mischungen von Flußsäure und konz. Salpetersäure, lösen M., während geschmolzene Alkalien mit M. nur langsam reagieren. Durch Luftsauerstoff wird M. bei höherer Temperatur angegriffen, dabei bilden die im Bereich unterhalb 550 °C zunächst entstehenden leichtflüchtigen, niederen Oxide blaue, festhaftende Oberflächenschichten, während bei Temperaturen oberhalb 600 °C schnell Molybdän(VI)-oxid MoO3 entsteht. Während Fluor mit M. bereits bei schwachem Erwärmen zu Molybdän(VI)-fluorid MoF6 reagiert, entsteht Molybdän(V)-chlorid MoCl5 beim Erhitzen der Elemente unter Druck. Leichtmetalle wie Kohlenstoff, Bor oder Silicium bilden mit M. bei hohen Temperaturen harte und hochschmelzende Einlagerungsverbindungen. Molybdännitride werden unter analogen Bedingungen aus M. und Ammoniak erhalten. Die Einwirkung von Kohlenmonoxid auf M. unter Druck und bei erhöhter Temperatur ergibt Molybdänhexacarbonyl Mo(CO)6.

Die wichtigste Oxidationsstufe von M., d. i. + 6, liegt z. B. in den Molybdaten vor, die im Gegensatz zu den Chromaten(VI) nur schwach oxidierende Eigenschaften haben. Wichtige Oxidationsstufen sind ferner +5 und +4. Die Oxidationsstufen +3 und +2 sind in den Clustern Molybdän(III)-chlorid und Molybdän(II)-chlorid sowie einigen anionischen Acidokomplexen verwirklicht, während π-Akzeptorliganden, wie Kohlenmonoxid, auch die Oxidationsstufe 0 zu stabilisieren vermögen. M. ist ein guter Komplexbildner; in seinen meist anionischen Komplexen werden vor allem Koordinationszahlen von 6 bis 8 beobachtet, z. B.: oktaedrische Fluorometallate, [MoF6]n- (n = 1 ... 3), pentagonal-bipyramidales Heptacyanomolybdat (III), [Mo(CN)7]4-, und das sehr stabile Octacyanomolybdat(IV), [Mo(CN)8]4-.

M. ist ein lebenswichtiges Bioelement, das vor allem als Bestandteil bestimmter Metallflavinenzyme, der Molybdänenzyme, z. B. der Nitrogenase und der Nitratreductase, eine bedeutende Rolle im pflanzlichen und mikrobiellen Stickstoffwechsel spielt. Im tierischen Organismus wirken Molybdänverbindungen wie die Flavinenzyme Xanthinoxygenase und Aldehydoxydase als Atmungskatalysatoren.

Analytisches. Zum Nachweis von M. wird vor allem die Molybdänblaureaktion (Molybdänblau) herangezogen. Spektralphotometrisch läßt sich M. mit Hilfe der Zinn(II)-chlorid-Thiocyanat-Methode über die Bildung blutrotgefärbter Isothiocyanatomolybdate(V) in einem weiten Konzentrationsbereich bis 1 ppm bestimmen. Für Serienanalysen werden die Atomabsorptionsspektralanalyse sowie die Röntgenfluoreszenzspektroskopie herangezogen. Der gravimetrischen Bestimmung von M. dienen Fällungen als Bleimolybdat und Molybdän(VI)-oxid-Hydrat, wobei letzteres zu Molybdän(VI)-oxid MoO3 verglüht zur Auswaage gebracht wird.

Vorkommen. M. ist am Aufbau der Erdkruste mit 1,1·10-4 % beteiligt. Das wichtigste Molybdänerz ist der Molybdänit (Molybdänglanz) MoS2. Ferner tritt M. als Wulfenit (Gelbbleierz) PbWO4 und Powellit CaMoO4 auf. Im Kupferschiefer ist M. zu 0,01 bis 0,02 % enthalten. M. ist ein wichtiges Spurenelement, es findet sich im Boden mit etwa 3 ppm, in der Pflanze mit etwa 0,2 ppm der Trockensubstanz. Als Enzymbestandteil wirkt M. bei der symbiotischen Luftstickstoff-Bindung durch Leguminosen und bei der Nitratassimilation. Das Fehlen von M. in Ackerböden ruft bei verschiedenen höheren Pflanzen typische Mangelkrankheiten hervor, die durch Molybdändüngung überwunden werden können.

Gewinnung. Die Molybdänerze (Molybdänit) werden zunächst über Flotationsverfahren zu Konzentraten verarbeitet, die man dann in Drehrohr- oder Etagenöfen bzw. Wirbelbettreaktoren bei 400 bis 650 °C zu Molybdän(VI)-oxid abröstet. Die weitere Reinigung des so erhaltenen MoO3 erfolgt entweder naßchemisch oder durch Sublimation. Zur naßchem. Reinigung löst man MoO3 in wäßrigem Ammoniak und zersetzt das nach MoO3 + 2 NH3 + H2O → (NH4)2MoO4 gebildete Ammoniummolybdat nach Auskristallisation durch Erhitzen an der Luft zu MoO3. Zur Reinigung durch Sublimation wird MoO3 bei 1200 bis 1250 °C in elektrisch beheizten Drehrohröfen verdampft. Zur Herstellung des Metalls reduziert man MoO3 oder Ammoniummolybdat in einem Zweistufenprozeß mit Wasserstoff, wobei zunächst bei etwa 500 °C Molybdän(IV)-oxid MoO2 gebildet wird, das dann in der zweiten Stufe bei etwa 1100 °C weiter zu M. reduziert wird. Aus dem durch den Reduktionsprozeß resultierenden Molybdänpulver erhält man kompaktes M. durch pulvermetallurgische Verfahren oder durch Vakuum-Lichtbogenschmelze. Andere Verfahrensvarianten zur Herstellung von M. verarbeiten Molybdänerze durch oxidierende Schmelzreaktion mit Soda zu Natriummolybdat, das durch Säurezusatz in Molybdänoxid-Hydrat übergeführt wird, nutzen elektrochem. Verfahren oder führen chlorierende Aufschlüsse molybdänarmer Erze durch, wobei abdestillierendes Molybdän(V)-chlorid MoCl5 mit Wasserstoff zu M. reduziert wird. Sehr reines M. wird durch thermische Zersetzung von Molybdänhexacarbonyl Mo(CO)6 bei 350 bis 400 °C gewonnen. Zur Herstellung von Molybdänstahl dienendes M. wird nicht als solches gewonnen, sondern in Form von Ferromolybdän mit 60 bis 75 % M. eingesetzt, wobei man Ferromolybdän heute vor allem auf metallothermischem Wege durch Reduktion eines Molybdän-Eisenoxid-Gemisches mit Ferrosilicium/Aluminium erzeugt.

Verwendung. M. ist aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit, seiner großen Festigkeit auch bei höheren Temperaturen sowie seines hohen Schmelzpunktes ein für extreme Beanspruchungen geeigneter Werkstoff. Man verwendet es zur Herstellung von Widerstandsdraht für Hochtemperatur-Elektroofenwicklungen, als Ofenreflektormaterial, als Anodenwerkstoff in Elektronenröhren, als Trägermaterial für Halbleiterelemente und als Zusatz bei der Hartmetallfertigung. Die Glasindustrie setzt M. als Elektrodenmaterial der Glasschmelzöfen ein, während die chem. Industrie aus M. gefertigte Ventile und andere stark korrosionsgefährdete Bauteile nutzt. M. ist ein wichtiges Legierungselement (Molybdänlegierungen).

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
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Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
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Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
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Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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