Lexikon der Chemie: Pyrrol
Pyrrol, eine fünfgliedrige, heterocyclische Verbindung mit einem Stickstoffatom im Ring. P. ist eine farblose, chloroformartig riechende, brennbare Flüssigkeit; F. -23,4 °C, Kp. 130 bis 131 °C, nD20 1,5085.
Es ist in den meisten organischen Lösungsmitteln gut, in Wasser wenig löslich. An der Luft färbt es sich langsam braun, und es kommt zur Verharzung. Gegen Alkalien ist P. unempfindlich, bei Einwirkung von verdünnter Salz- oder Schwefelsäure bilden sich Pyrrolharze.
Zur Darstellung von P. sind zahlreiche Synthesen entwickelt worden. So entstehen P. und seine Derivate 1) bei Einwirkung von Ammoniak, primären Aminen oder Hydrazin auf 1,4-Dicarbonylverbindungen (Knorr 1885), 2) bei der Reduktion einer Mischung der Monoxime von α-Dicarbonylverbindungen und β-Ketocarbonsäureestern oder β-Diketonen mit Zink in Eisessig (Knorr 1886), 3) durch Kondensation von β-Ketocarbonsäureestern mit α-Halogenketonen in Gegenwart von Ammoniak oder primären Aminen (Hantzsch 1890).
P. läßt sich im Labor auch durch trockene Destillation des Ammoniumsalzes der Schleimsäure oder durch Einwirkung von Ammoniak auf Furan in Gegenwart von Aluminiumoxid herstellen. Technisch gewinnt man es aus Butin-1,4-diol und Ammoniak unter Druck. Durch Einwirkung von Kalium oder beim Kochen mit Kalilauge entsteht Pyrrolkalium, das mit Kohlendioxid zum Kaliumsalz der Pyrrol-2-carbonsäure, mit Chloroform und Alkalihydroxid zu Pyrrol-2-carbaldehyd (Reimer-Tiemann-Reaktion) reagiert. Bekannte Substitutionsreaktionen sind die Chlorierung zu 2,5-Dichlorpyrrol, die Nitrierung zu 2-Nitropyrrol, die Sulfonierung zu Pyrrol-2-sulfonsäure, die Formylierung zu Pyrrol-2-carbaldehyd (Vilsmeier-Haack-Reaktion) sowie die Azokupplung. Auch mit Maleinsäureanhydrid reagiert P. unter Substitution (En-Reaktion), d. h. es geht keine Dienreaktion nach Diels-Alder ein. Aufgrund dieser Besonderheit und der hohen Reaktivität gegenüber elektrophilen Reagenzien wird P. als Stammverbindung der π-Überschuß-Heterocyclen betrachtet.
Bei der Reduktion mit Zinkstaub und Salzsäure oder durch katalytische Hydrierung entsteht zunächst Pyrrolin und schließlich Pyrrolidin.
Die Dämpfe färben einen mit Salzsäure angefeuchteten Fichtenspan charakteristisch rot. Vom P. und seinen Derivaten leiten sich viele Naturstoffe ab, z. B. die Porphyrine, Pyrrolfarbstoffe, Gallenfarbstoffe, Alkaloide wie Atropin, Cocain und Nicotin sowie die Aminosäuren Prolin und Hydroxypyrolin. P. wurde 1833 von Runge im Steinkohlenteer entdeckt.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.