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Lexikon der Chemie: Roheisenerzeugung

Roheisenerzeugung, das Erschmelzen von Roheisen aus Eisenerzen, im geringen Umfange aus Industrierückständen (Abfallprodukte, z. B. Schlacken, Aschen) oder Schrott in einem Schachtofen. Dieser ist als Hochofen (Blas- oder Elektrohochofen) oder als Niederschachtofen (Blasniederschacht- oder Elektroniederschachtofen) ausgebildet.

Beim üblichen Blashochofen (Abb. Stahlerzeugung) hat das Ofengefäß eine Höhe von 20 bis 35 m. Die Gesamthöhe eines Hochofens einschließlich der Aufbauten beträgt bis zu 80 m bei einem Gestelldurchmesser bis zu 14 m mit einer Tagesleistung bis zu 10000 t Roheisen.

Der Blasniederschachtofen ist im Prinzip wie ein Hochofen gebaut, hat jedoch einen stark verkürzten Schacht. Er eignet sich besonders für den Einsatz von eisenärmeren Erzen und minderwertigen Koksen. Im Niederschachtofen mit rundem oder rechteckigem Querschnitt wird aufgrund der geringeren Beschickungshöhe (etwa ein Viertel gegenüber der des Hochofens) der Koks viel weniger auf Abtrieb und auf Druck beansprucht (Verwendung weniger fester Kokse).

Aus den kleineren Ofenabmessungen resultiert ein relativ hoher spezifischer Koksverbrauch. Die Durchsatzzeit beträgt 3 bis 4 Stunden.

Elektrohoch- und -niederschachtöfen haben nur in Ländern mit billiger Elektroenergie, wie z. B. Norwegen, Bedeutung (Energieverbrauch von 2500 kWh/t). Die Ofenfüllung wird erhitzt durch Kohleelektroden im Gestell; Reduktionsmittel sind Koks bzw. Holzkohle.

Zur R. wird der Schachtofen von der Gicht her mit dem Möller (Eisenerze und Zuschläge) und dem Koks beschickt. Durch die Windformen (wasssergekühlte Kupferdüsen) wird in das Gestell des Ofens vorgewärmte Verbrennungsluft (Wind) eingeblasen. Der Kohlenstoff verbrennt zunächst zu Kohlendioxid: C + O2 → CO2. Das CO2 setzt sich mit dem glühenden Koks um zu CO: CO2 + C

2CO. Der Reaktionsablauf im Schachtofen erfolgt im Gegenstrom, d. h., die von unten nach oben aufsteigenden Gase reagieren mit dem von oben nach unten absinkenden Beschickungsgut. Das aufgegebene Gut wird von den heißen Gasen zunächst getrocknet und gelangt dann in die Zonen der Austreibung von Hydratwasser und CO2 aus den Carbonaten. Im Temperaturbereich von 400 bis 1000 °C liegt die Zone der indirekten Reduktion, die durch das Kohlenmonoxid des Ofengases erfolgt. Die wichtigsten Reaktionen sind 3 Fe2O3 + CO → 2 Fe3O4 + CO2, 2 Fe3O4 + 2 CO → 6 FeO + 2 CO2, FeO + CO → Fe + CO2.

Das FeO ist indirekt nur in geringem Anteil reduzierbar, während das im Möller ebenfalls enthaltene MnO indirekt überhaupt nicht zu Mn reduziert werden kann. Es tritt deshalb in der Zone der indirekten Reduktion nur wenig metallenes Eisen (Schwammeisen) auf. Erst in der Zone der direkten Reduktion werden bei Temperaturen über 1000 °C der Hauptanteil des metallenen Eisens gebildet und die Eisenbegleiter durch den Kohlenstoff reduziert. Die Reaktionen für diese Zone sind: FeO + C → Fe + CO, P2O5 + 5C → 2 P + 5 CO, SiO2 + 2 C → Si + 2 CO, MnO + C → Mn + CO. Eine scharfe Grenze zwischen den Zonen der indirekten und direkten Reduktion besteht nicht. Das Roheisen sammelt sich im Gestell des Ofens, wo die Trennung von der Schlacke stattfindet. Hier findet auch die Entschwefelung des Roheisens durch die kalkreiche Schlacke statt, Roheisen und Schlacke werden über entsprechende Öffnungen (Roheisenabstich und Schlackenform), die verschieden hoch liegen, in regelmäßigen Zeitabständen abgestochen. Die Abstichtemperatur des Roheisens beträgt 1250 bis 1500 °C. Das Roheisen wird in Pfannen ins Stahlwerk oder zur Masselgießmaschine transportiert. Die Schlacke wird direkt in Wasser oder nach Auffangen in Pfannen trocken granuliert.

Die zur R. eingesetzten Eisenerze werden durch Brechen, Sieben, Aufmahlen, Rösten, Anreichern (Magnetscheiden, Läuterung, Flotation) aufbereitet und die feinkörnigen Konzentrate sowie Feinerze durch Sintern, Pelletieren oder Brikettieren stückig gemacht. Der spezifische Koksverbrauch wird gesenkt durch a) Verbesserung der indirekten Reduktion, b) Erhöhung der Heißwindtemperaturen (bis zu 1350 °C). c) Erhöhung des Eisengehaltes im Möller; es werden heute bereits Werte um bzw. über 60 % erreicht. d) Zusatz von Sauerstoff zum Gebläsewind. e) Betrieb des Schachtofens mit erhöhtem Gasdruck an der Gicht. f) Einblasen von Zusatzbrennstoffen (Öl, Erdgas, Kohlenstaub) durch die Windformen oder durch speziell dafür vorgesehene Formen in den Unterofen. g) Einsatz von selbstgängigem Sinter oder Pellets, diese Materialien enthalten bereits die zur Bildung einer normal basischen Schlacke

notwendigen Zuschläge (Kalk).

h) Gute Klassierung der Einsatzstoffe, d. h. eine gleichmäßige Korngröße des Möllers.

Während der spezifische Koksverbrauch heute weltweit normalerweise bei 450 bis 650 kg/t Roheisen liegt, konnte er mittels der genannten Maßnahmen bereits in Einzelfällen auf etwa 350 kg/t Roheisen gesenkt werden.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
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Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
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Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
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Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
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Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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