Lexikon der Chemie: Rückbindung
Rückbindung, eine auf der Grundlage der Molekülorbitaltheorie entwickelte Bindungsvorstellung, wonach zwischen zwei durch eine koordinative Bindung verknüpften Molekülteilen durch eine zusätzliche π-Orbitalwechselwirkung unter Beteiligung von D-Orbitalen ein Ladungsausgleich und damit eine Stabilisierung des molekularen Systems erzielt wird. Das Konzept der R. hat sich besonders bei der Erklärung der Bindungsverhältnisse sowie der Stabilität von Komplexverbindungen der Übergangsmetalle, z. B. der Metallcarbonyle (Abb.), bewährt. Durch Überlappung eines besetzten σ-Orbitals des CO-Moleküls mit einem leeren D-Orbital des Metallatoms erfolgt eine Ladungsübertragung vom Liganden auf das Zentralatom (Elektronendonor-σ-Bindung, Abb. a). Außerdem steht mit dem π*-Orbital (Molekülorbitaltheorie) am CO-Molekül ein energetisch tiefliegendes unbesetztes π-Molekülorbital zur Verfügung, das mit einem besetzten D-Orbital vom π-Typ des Zentralatoms eine Elektronenakzeptor-π-Bindung (Abb. b) ausbilden kann. Gleichzeitig ist damit eine Übertragung von Elektronen vom Zentralatom auf den Liganden verbunden. Durch diese Ladungsübertragung vom Zentralatom in die antibindenden Molekülorbitale der CO-Liganden wird die C≡O-Bindung in Metallcarbonylen geschwächt. Diese Aussage steht in Einklang mit der in diesen Komplexen beobachteten Zunahme des C-O-Abstandes und der Abnahme der Frequenz der C-O-Valenzschwingung. Darüber hinaus kann mit Hilfe der R. erklärt werden, daß die M-CO-Bindung recht stabil ist – die Bindungsordnung liegt zwischen 1 und 2 – und ein geringes Bindungsdipolmoment hat. Weitere zur R. geeignete Liganden sind z. B. CN-, RCN, PF3. Da die R. mit einer Ladungsübertragung auf die Liganden negative Formalladungen am Zentralatom stabilisiert, kann erklärt werden, daß in Komplexen mit starker R. die Oxidationszahl des Zentralatoms meist sehr klein ist, z. B. beträgt sie in Ni(CO)4 sowie [Ni(CN)4]4- 0 und in [Co(CO)4]- -1. Die Bindungsverhältnisse in Ethenkomplexen, z. B. PtCl2(C2H4), ähneln denen in den Metallcarbonylen. Lediglich die Donorbindung wird hier durch Überlappung eines besetzten π-Molekülorbitals des Ethens mit einem unbesetzten D-Orbital des Metalls realisiert. Die R. erfolgt analog der Elektronenakzeptor-π-Bindung in den Metallcarbonylen. Die mit dem Kohlenmonoxid isoelektronischen Ethinderivate R-C≡C-R und Nitrile R-C≡N bilden ebenfalls mit Übergangsmetall-Ionen π-Komplexe. Darüber hinaus wird die R. auch zur Beschreibung der Bindungsverhältnisse in Elektronenüberschußbindungen, z. B. in Edelgasverbindungen, benutzt.
Rückbindung. Abb.: Bindungsvorstellung in Metallcarbonylen: (a) Donorbindung, (b)b Rückbindung.
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