Lexikon der Chemie: Seifen
Seifen, die wasserlöslichen Kalium- oder Natriumsalze der gesättigten und ungesättigten höheren Fettsäuren, aber auch der Harzsäuren des Kolophoniums und der Naphthensäuren, ferner die fettsauren Ammonium- oder Aminsalze, z. B. Triethanolaminsalze, die sämtlich als Waschmittel dienen. In einigen Fällen werden auch die Alkalisalze anderer organischer Säuren, z. B. der Gallensäuren, als S. (Gallenseifen) für Reinigungszwecke eingesetzt. Andere Metallsalze der gleichen Säuren werden allgemein als Metallseifen bezeichnet.
Eigenschaften. S. bilden mit Wasser eine klare oder schwach opaleszierende kolloide Lösung, die z. T. in Fettsäure und freies Alkali hydrolysiert ist. Die Waschwirkung der S. beruht nur zu einem geringen Teil auf der Lösung fettiger Verunreinigungen durch Verseifung mittels des freien Alkalis, in der Hauptsache findet Adsorption der Seifenmoleküle an die Fett- und Schmutzteilchen statt, die dadurch emulgiert, benetzt, dispergiert und abgespült werden können. Über die physikalischen Vorgänge Waschen. Die Löslichkeit der S. in Wasser hängt von der Art des Kohlenwasserstoffrestes und der Herstellung ab. In wäßriger Lösung bilden die Seifenmoleküle Kolloidmizellen, die je nach Länge der Fettsäuremoleküle mehr oder weniger groß sind. S. aus kurzkettigen Fettsäuren bilden kleine, aus längerkettigen Fettsäuren große Mizellen. Je größer die Mizellen sind, um so besser ist die Waschwirkung der S. Ein besonderer Nachteil der S. ist ihre Wasserhärteempfindlichkeit und Säureunbeständigkeit. Mit Calcium- und Magnesiumsalzen sowie anderen Metallsalzen, wie Eisen- und Aluminiumsalzen, bilden die S. klebrige und schmierige bzw. flockige Ausfällungen ohne Waschwirkung, die auch als Kalk- oder Mineralseifen bezeichnet werden. Durch Zusatz von Enthärtern, z. B. von Meta- und Polyphosphaten, oder organischen Komplexbildnern kann die Abscheidung vermieden werden. Die Netzwirkung der S. wird weitgehend von der Kettenlänge des hydrophoben Restes bestimmt, sie ist im allg. geringer als bei synthetischen Waschmitteln mit Sulfonsäure- oder Sulfatresten und kommt bei Seifen mit längerer Kohlenstoffkette, z. B. bei Stearaten, erst in der Hitze zur vollen Entfaltung. Die Dispergierwirkung der S. ist erst bei hoher Konzentration der Seifenlösung gut. Für Fette und Öle auch mineralischer Art zeigen S. ein gutes Emulgiervermögen.
Herstellung. Als Rohstoffe dienen die in tierischen und pflanzlichen Fetten als Triglyceride gebundenen höheren Fettsäuren, die durch Verseifung in freier Form gewonnen werden. Die wichtigsten natürlichen Fettsäuren, die für die Seifenherstellung in Frage kommen, sind Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Ölsäure und Ricinolsäure. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren müssen für die Seifenproduktion vorhydriert werden. Als Rohstoffe dienen Tran, Talg, Knochenfett, Kokosfett, Palmkernfett, Palmöl, Olivenöl, Erdnußöl, Pottwalöl, Leinöl, Mohnöl, Hanföl, Sonnenblumenöl, Maisöl, Sojabohnenöl, Ricinusöl u. a. In zunehmendem Maße werden heute synthetische Fettsäuren aus der Paraffinoxidation zur Herstellung von S. verwendet.
Die Gewinnung der S. erfolgt direkt aus den Fetten oder aus den durch Fettspaltung gewonnenen freien Fettsäuren (Carbonatverseifung). Die freien Fettsäuren werden mit Natron- oder Kalilauge oder auch mit Soda neutralisiert, wobei nach einem Klarsiedeprozeß die Seifenmasse entsteht. Bei der direkten Herstellung der S. aus den Fetten (Laugenverseifung) wird das geschmolzene Fett mit Alkalilauge erhitzt, dabei bildet sich unter starkem Schäumen der Seifenleim, aus dem sich durch Zusatz von Kochsalz oder Kaliumacetat ein fester Seifenkern abscheidet.
Seifensorten. Kernseifen (harte S.) sind die aus dem Seifenleim ausgesalzenen Produkte, die bis zu 33 % Wasser enthalten. Seifenpulver werden aus getrockneten pulverisierten Kernseifen unter Zusatz von Soda und Wasserglas oder Natriummetasilicat hergestellt. Fein- (Toiletten-) Seifen stellt man aus Kernseifen, die aus reinsten, geruchlosen Fetten erzeugt werden, sowie Farb- und Riechstoffen her. Überfettete Feinseife (mit Zusätzen von Lanolin und Fettalkoholen) wird als kosmetische Seife oder Kinderseife gehandelt. Medizinische S. enthalten noch antiseptisch wirkende Stoffe, z. B. Schwefel, Teer, Phenol, und werden zur Desinfektion und gegen Hautkrankheiten verwendet. Schmierseifen (weiche S.) werden aus billigen Pflanzenölen durch Verseifung mit Kalilauge hergestellt.
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