Lexikon der Chemie: Siedediagramm
Siedediagramm, ein Phasendiagramm, in dem der Siedepunkt einer Mischung bei vorgegebenem äußerem Druck (z. B. Atmosphärendruck) in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der flüssigen Phase dargestellt ist. Als Maß für die Zusammensetzung wird der Molenbruch oder der Massenbruch auf der Abszisse aufgetragen. S. bestehen ähnlich den Dampfdruckdiagrammen aus zwei Kurven: Die Siedekurve S gibt den Siedepunkt in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der flüssigen Phase und die Kondensationskurve K die Zusammensetzung der im Gleichgewicht vorliegenden Gasphase wieder. Allerdings muß beachtet werden, daß eine Flüssigkeit mit hohem Dampfdruck bereits bei einer niedrigeren Temperatur siedet als eine schwerer flüchtige Flüssigkeit. Eine Mischung mit einem Maximum im Dampfdruckdiagramm weist also ein Minimum im S. auf und umgekehrt. S. bilden die Grundlage der Stofftrennung durch Destillation. Die Abb. 1 bis 3 geben die Grundtypen von S. für Zweistoffsysteme wieder. Die beiden Komponenten A und B sind in allen Verhältnissen mischbar (analoge Beispiele Dampfdruckdiagramm, Abb.). Betrachtet man z. B. in Abb. 1 eine flüssige Mischung der Zusammensetzung xB = x1, so siedet diese bei T1. Der gebildete Dampf ist reicher an der Komponente B, da diese den niedrigeren Siedepunkt hat. Seine Zusammensetzung xB = x2 kann aus der Kondensationskurve bei der gleichen Temperatur T1 entnommen werden. Wird dieser Dampf kondensiert, so siedet die resultierende Flüssigkeit mit der Zusammensetzung x2 bei T2 und liefert einen Dampf mit xB = x3. Mehrfache Wiederholung, z. B. in den einzelnen Böden einer Destillationskolonne, ergibt schließlich die reine Komponente B, während sich die Zusammensetzung des Ausgangsgemisches immer weiter in Richtung xB = 0 verschiebt.
Hat das S. ein Minimum (Abb. 2), so nähert sich bei wiederholter Verdampfung und Kondensation die Zusammensetzung immer weiter derjenigen des Minimums an, und es destilliert schließlich ein konstant siedendes Gemisch dieser Zusammensetzung (azeotropesGemisch). Beispiele sind die Systeme Wasser/Ethanol oder Wasser/Dioxan. Bei S. mit einem Maximum (Abb. 3) führt der gleiche Prozeß zunächst dazu, daß die eine Komponente rein abdestilliert werden kann. Dabei reichert sich aber die andere Komponente im Ausgangsgemisch an, so daß schließlich ein Gemisch mit der konstanten Zusammensetzung des Siedepunktmaximums zurückbleibt. Beispiele sind die Mischungen Wasser/Chlorwasserstoff oder Chloroform/Aceton.
Siedediagramm. Abb. 1 bis 3: Typen von Siedediagrammen.
Eine gesonderte Betrachtung erfordern nicht vollständig mischbare Flüssigkeiten (Mischungslücke).
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