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Lexikon der Chemie: Teer

Teer, ein flüssiges bis halbfestes, dunkelbraunes bis schwarzes Produkt, das bei der thermischen Behandlung von Erdöl, Kohle, Holz, Torf u. a. als Nebenprodukt anfällt oder durch Polymerisations- bzw. Kondensationsprozesse dabei entsteht.

1) Steinkohlenteer ist eine braune bis tiefschwarze, zähflüssige bis halbfeste Masse, in den Anfängen der Kokerei und Stadtgasindustrie ein unerwünschtes und lästiges Nebenerzeugnis, das erst mit der Verwendung als Imprägnieröl und der Entdeckung der Teerfarbstoffe Bedeutung erlangte. Steinkohlenteer entsteht bei der trockenen Destillation (Verkokung und Schwelung) der Steinkohle.

Je nach den Verkokungsbedingungen unterscheidet man Tief-, Mittel- und Hochtemperaturteere. Tieftemperaturteere (Schwelteere, Urteere) bilden sich bei der Schwelung der Steinkohle bei Temperaturen bis 600 °C. In dünner Schicht stellt der Schwelteer ein dunkelbraunes, durchsichtiges Öl mit einem Geruch nach Kohlenstoffdisulfid dar. Je nach dem Schwelverfahren unterscheidet man zwischen Heizflächenteeren (Schwelöfen mit mittelbarer, äußerer Wärmezufuhr) und Spülgasteeren (Schwelöfen mit unmittelbarer, innerer Wärmezufuhr). Durch Destillation können aus ihnen Heiz- und Treiböle und durch Hydrierung hochwertige Dieselöle und Vergaserkraftstoffe gewonnen werden.

Mitteltemperaturteere fallen bei der Verkokung bei 800 °C an. Sie sind schon weitgehend gecrackt und ähneln deshalb bereits stark den Hochtemperaturteeren, von denen sie sich jedoch durch einen höheren Gehalt an Benzol, Phenol und Homologen und einen niedrigeren Pechgehalt unterscheiden.

Hochtemperaturteere sind die wichtigste Gruppe für die technische Weiterverarbeitung. Sie sind ölige bis zähe, dunkelbraune bis schwarze, glänzende Flüssigkeiten von creosotartigem Geruch. Hochtemperaturteere entstehen bei der Verkokung der Steinkohle bei Temperaturen ab 1000 °C, wobei ihre Bildung durch eine starke sekundäre Zersetzung des primär abgespaltenen Urteers zu erklären ist. Die bei der Verkokung anfallende Teermenge schwankt je nach Kohleart zwischen 3 und 4 %, bezogen auf trockene Kohle. Mit steigendem Sauerstoffgehalt der Kohle steigt auch die Teerausbeute.

2) Braunkohlenteer ist eine braune bis schwarzbraune, feste Masse. Er entsteht als wichtigstes Produkt bei der Schwelung von Braunkohle oder Braunkohlenbriketts. Die Menge und Zusammensetzung des Braunkohlenteers ist von der Ausgangskohle und der Art der Schwelung abhängig. Während die Heizflächenschwelung zu kleineren Teerausbeuten und zu spezifisch schwereren Teeren führt, erhält man bei der Spülgasschwelung eine wesentlich größere Teerausbeute. Die Spülgasteere zeichnen sich durch einen hohen Alkangehalt aus. Je nach den Zersetzungstemperaturen unterscheidet man Braunkohlenschwelteer (Braunkohlenurteer), der bei Schweltemperaturen von 550 bis 650 °C gewonnen wird, und Braunkohlenhochtemperaturteer (BHT-Teer), der bei Verkokungstemperaturen von 1000 bis 1200 °C anfällt. Hauptprodukt bei diesen Temperaturen ist der Braunkohlenhochtemperaturkoks (Verkokung). Im Gegensatz zum Steinkohlenteer, der in der Hauptsache aromatische Verbindungen enthält, besteht der Braunkohlenteer vorwiegend aus aliphatischen Kohlenwasserstoffen.

3) Holzteer ist eine dunkelbraune bis schwarze, dickflüssige, ölige Masse von charakteristisch scharfem Geruch. Er wird bei der trockenen Destillation des Holzes (Holzverkohlung) gewonnen.

Die Zusammensetzung der verschiedenen Holzteere ist stark von dem eingesetzten Holz und dem angewendeten Verkohlungsverfahren abhängig. Die besten Ausbeuten an T. gibt Laubholz. Besonders wertvoll ist T. aus Buchenholz. Das durch Destillation abgetriebene terpentinölreiche Kienöl wird in der Lack- und Farbenindustrie benutzt.

Holzteer wird für Schutzanstriche von Holz- und Stahlteilen, zum Imprägnieren von Schiffstauen, als Flotationsmittel, in der Medizin als dermatologisches Mittel sowie als Medikament gegen Erkrankungen der Luftwege und des Rachens verwandt.

4) Torfteer ist eine hochviskose, bei Zimmertemperatur oft salbenartige, schwarze Flüssigkeit von durchdringend scharfem Geruch, die neben Phenolen gesättigte und ungesättigte aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Pyridinbasen, Schwefelverbindungen und Fettsäuren enthält.

5) Schieferteer ist eine dunkelbraune Flüssigkeit, die beim Schwelen von Ölschiefer entsteht und vor allem auf Schmier- und Dieselöle aufgearbeitet wird.

6) Ölteer entsteht bei der thermischen Zersetzung von Mineralölen zu Ölgas und bei der Herstellung von Wassergas. Er ähnelt in Beschaffenheit und Zusammensetzung dem Steinkohlenteer, unterscheidet sich jedoch von ihm durch geringere Dichte und durch eine niedrigere Viskosität. Ferner enthält er kaum Phenole und basische Stoffe. Man verwendet Ölteer häufig als Brennstoff oder zum Betrieb von Dieselmotoren.

7) Wassergasteer ist eine dunkelbraune, ölig-flüssige Masse mit hohem Wassergehalt. Er entsteht bei der Erzeugung von Wassergas oder Generatorgas und enthält hauptsächlich aliphatische Kohlenwasserstoffe und aromatische Zersetzungsprodukte.

8) Fetteer ist eine braune, zähflüssige Masse, die bei der fraktionierten Destillation von Fetten und fetten Ölen anfällt. Er wird destillativ nochmals in verschiedene Fettsäuren zerlegt. Den zähen, nach dem Erkalten recht harten Blasenrückstand bezeichnet man als Stearin- oder Fettpech. Dieses wird für die Isolation von Kabeln verwendet.

9) Knochenteer (Hirschhornöl, Tieröl) entsteht bei der Verkohlung entfetteter, oft noch zerkleinerter Knochen als eine schwarzbraune, dicke Flüssigkeit von unangenehmem Geruch, aus der man durch Destillation Dippels Öl gewinnt. Der Destillationsrückstand ist Knochenteerpech.

  • Die Autoren
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Fachkoordination:
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Redaktion:
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