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Lexikon der Chemie: Thermoanalyse

Thermoanalyse, Verfahren, das auf der Enthalpieänderung einer Probe während eines Phasenübergangs erster Ordnung beruht. Es wird verwendet, um Zustandsdiagramme für Ein- oder Mehrstoffsysteme aufzustellen. Um beispielsweise ein Schmelzdiagramm zu erhalten, schmilzt man eine Probe vollständig und läßt sie langsam abkühlen, wobei die Probentemperatur in Abhängigkeit von der Abkühlzeit gemessen und graphisch aufgetragen wird. Die Abkühlungskurve (Abb. 1, Kurve K1) folgt dabei einer Exponentialfunktion (Newtonsches Abkühlungsgesetz). Wird allerdings im Verlauf des Abkühlvorgangs ein Phasenübergang erster Ordnung durchlaufen, so wird Wärme frei und die Abkühlungskurve zeigt einen Halte- oder Knickpunkt, so lange bis der Phasenübergang in der gesamten Probe abgeschlossen ist. Bei weiterer Abkühlung ohne einen Phasenübergang folgt der Kurvenverlauf dann wieder dem Abkühlungsgesetz von Newton.



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Thermoanalyse. Abb. 1: Abkühlungskurven. K1 ohne Halte- oder Knickpunkt, K2 mit Haltepunkt, K3 mit Knick- und Haltepunkt, K4 mit zwei Knickpunkten.

Ein Haltepunkt, d. h. ein horizontaler Kurvenverlauf, tritt bei der Phasenumwandlung eines reinen Stoffes auf, während bei Zweistoffsystemen oder der Anwesenheit von Verunreinigungen häufig Knickpunkte beobachtet werden (Abb. 1 K3, K4). Dieser andere Kurvenverlauf hat seine Ursache darin, daß sich die Umwandlungstemperaturen bei Anwesenheit von Verunreinigungen entsprechend dem Verunreinigungsgrad ändern (s. a. Gefrierpunktserniedrigung). Deshalb ist die T. eine empfindliche Methode zur Reinheitsprüfung von Stoffen.

Die Abkühlungskurven von Zweistoffsystemen, deren Komponenten sowohl in der flüssigen Phase als auch im festen Zustand vollständig miteinander mischbar sind, zeigen nur Knickpunkte. Verhält sich ein Zweistoffgemisch bei einer bestimmten Zusammensetzung während der Phasenumwandlung wie ein reiner Stoff, weist auch die Abkühlungskurve des Gemisches einen Haltepunkt auf. Dies ist z. B. bei Phasenübergängen flüssig-fest der Fall, wenn das Zweistoffsystem ein Eutektikum bildet. Besitzt die abkühlende Mischung exakt die eutektische Zusammensetzung, ergibt sich der gleiche Kurvenverlauf wie bei der Erstarrung eines reinen Stoffes (Abb. 1, K2). Weicht die Zusammensetzung des Gemisches von der eutektischen Zusammensetzung ab, so wird beim Phasenübergang flüssig-fest zuerst ein Knickpunkt beobachtet. Je nach den Eigenschaften des Zweistoffsystems erstarrt an diesem Knickpunkt nur ein Teil der einen Komponente als reiner Stoff oder aber die beiden Komponenten bilden eine Verbindung mit einer bestimmten Zusammensetzung. In jedem Fall verarmt die flüssige Phase an einer der beiden Komponenten, so daß sich die Zusammensetzung des Gemisches während der Phasenumwandlung ständig ändert und damit auch die Umwandlungstemperatur. Wird auf Grund der Verarmung der flüssigen Phase an der einen Komponente die eutektische Zusammensetzung erreicht, tritt in der Abkühlungskurve zusätzlich ein Haltepunkt auf (Abb. 2, K3). Die Auswertung von Abkühlungskurven zeigt die Abb. 2. Man läßt Proben bekannter Konzentration abkühlen. Die Temperaturen der Knickpunkte der Kurven werden gegen die Konzentration aufgetragen, und man erhält punktweise die Phasengrenzlinien des Phasendiagramms. Die Abkühlungskurven von Dreistoffsystemen entsprechen denen von Zweistoffsystemen.

Umwandlungen höherer Ordnung an reinen Stoffen, z. B. bei Eisen die Umwandlung von Ferro- zum Paramagnetismus, werden meist nicht durch eine bestimmte Temperatur, sondern durch ein Temperaturintervall angezeigt. Demzufolge verlaufen die Abkühlungskurven nicht mit einem Haltepunkt, sondern haben meist undeutlich ausgeprägte Knickpunkte.

Bei verwandten Verfahren, die ebenfalls zur Gruppe der thermischen Analysemethoden gehören, werden an Stelle der Abkühlungs- die Erwärmungskurven gemessen. Sie verlaufen analog den Abkühlungskurven, nur erscheinen die Knickpunkte in umgekehrter Reihenfolge. In manchen Fällen, besonders bei metallischen Systemen, unterscheiden sich allerdings die Temperaturen der Halte- und Knickpunkte in den Abkühlungskurven von denen der Erwärmungskurven (thermische Hysterese).



Thermoanalyse. Abb. 2: Auswertung einer thermischen Analyse: Abkühlungskurven (links) und Schmelzdiagramm eines Systems mit völliger Mischbarkeit der Komponenten im festen und flüssigen Zustand (rechts). K1 bis K4 Knickpunkte, L Liquidus- (Flüssig-) Linie, S Solidus- (Fest-) Linie.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
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Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
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Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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