Lexikon der Chemie: Thorium
Thorium, Symbol Th, radioaktives chem. Element aus der III. Nebengruppe des Periodensystems, der Gruppe der Actinoide zugehöriges Schwermetall; Z 90, Atommasse 232,0381, Wertigkeit IV, D. 11,724 g cm-3, F. 1755 °C, Kp. 4800 °C. T. wurde nach dem germanischen Gott Thor benannt.
Eigenschaften. T. ist ein silberweißes, sehr weiches, duktiles, in zwei Modifikationen – kubisch-flächenzentriert und kubisch-raumzentriert, Umwandlungstemperatur 1345 °C – auftretendes Metall. Reines T. ist an der Luft über Monate beständig, läuft aber im Fall vorliegender oxidischer Verunreinigungen an der Luft an, ist im feinverteilten Zustand pyrophor und wird in kompakter Form durch Luftsauerstoff bei etwa 250 °C oxidiert. Verd. Mineralsäuren, wie Fluß-, Salpeter- oder Schwefelsäure, und konz. Salz- oder Phosphorsäure greifen T. nur langsam an, konz. Salpetersäure wirkt passivierend. Mit Stickstoff bildet T. bei 500 bis 1000 °C Thoriumnitrid Th3N4, mit Wasserstoff bei erhöhter Temperatur die Hydride ThH2 und Th4H15, mit Graphit die Thoriumcarbide ThC (unterhalb 1200 °C) und ThC2 (oberhalb 1300 °C).
Das wichtigste Thoriumisotop 232Th (α; 1,405 · 1010a) bildet das Anfangsglied der Thorium-Zerfallsreihe (Radioaktivität).
Thorium 232 kann im Brutreaktor durch Neutroneneinwirkung gemäß
in Uran 233 übergeführt werden, das wie 235U und 239Pu der Kernspaltung unterliegt, so daß 232Th einen wichtigen potentiellen Kernbrennstoff darstellt.
Analytisches. T. ist in seinen analytisch relevanten Reaktionen durch ausgeprägte Ähnlichkeit zu den Lanthanoiden einerseits, den Metallen Zirconium und Hafnium aus der IV. Nebengruppe andererseits gekennzeichnet. Aus wäßriger Lösung kann T. als Thorium(IV)-oxid-Hydroxid, -oxalat, -iodid oder -fluorid gefällt werden. Im klassischen Trennungsgang erscheint T. als Thorium(IV)-oxidhydroxid in der Urotropingruppe. Besonders spezifisch ist die Thorium(IV)iodatfällung aus stark salpetersaurer Lösung. Die Trennung des T. von den Seltenerdmetallen wird ferner unter Nutzung der Löslichkeit von Thorium(IV)-oxalat in überschüssiger Ammoniumoxalatlösung – es kommt zur Bildung des im Wasser löslichen Komplexes (NH4)4[Th(C2O4)4] – vorgenommen. Zur gravimetrischen Bestimmung fällt man T. als Oxidhydrat und verglüht zu Thorium(IV)-oxid, zur volumetrischen Bestimmung empfiehlt sich die komplexometrische Titration mit EDTA unter Verwendung von Brenzcatechinviolett oder Xylenolorange als Indikator. Spuren von T. (20 bis 200 mg in 100 ml Lösung) können spektralphotometrisch durch Bildung eines rotgefärbten Komplexes mit 2-(2-Hydroxy-3,6-disulfo-I-naphthylazo) phenylarsonsäure (Thoron) bestimmt werden.
Vorkommen. T. ist am Aufbau der Erdkruste mit etwa 1·10-3 % beteiligt, ist damit etwa viermal häufiger als Uran. Meist tritt T. mit den Seltenerdmetallen vergesellschaftet auf, so z. B. im Monazit (Ce, Th) (P, Si)O4. Weitere, sehr seltene Thoriumminerale sind z. B. Thorit ThSiO4 dessen Abart Orangit sowie Thorianit (Th, U)O2.
Gewinnung. Das wichtigste Ausgangsmaterial ist der Monazitsand, den man mit konz. Schwefelsäure oder Natronlauge aufschließt. Das klassische Trennverfahren, d. h. Fällung von T. gemeinsam mit den Seltenerdmetallen in Form ihrer Oxalate, Überführung von Thorium(IV)-oxalat in das wasserlösliche Ammoniumoxalatothorat(IV) (NH4)4[Th(C2O4)4], ist heute meist durch Extraktionsprozesse unter Verwendung von Methylisobutylketon, Tributylphosphat oder weiteren Phosphorsäureestern ersetzt. Das Metall wird großtechnisch durch Reduktion von Thorium(IV)-fluorid mit Calcium in Gegenwart von Zink(II)-chlorid und anschließendes Umschmelzen im Lichtbogenofen hergestellt. Weitere Verfahren nutzen die Reduktion von Thorium(IV)-oxid mit Calcium oder die elektrochem. Abscheidung von T. durch Elektrolyse von K[ThF5] oder ThCl4 in KCl/NaCl-Schmelzen; hochreines T. wird nach dem Aufwachsverfahren gewonnen.
Verwendung. T. wird in oxidischer oder carbidischer Form (ThO2 bzw. ThC2) gemeinsam mit Uran als Brutmaterial in Hochtemperaturreaktoren eingesetzt. Weiterhin dient T. als Legierungsbestandteil zur Herstellung von Heizdrähten, als Zusatz für Magnesiumlegierungen, zur Fertigung von Drähten für Verstärker- und Senderöhren, als Gettermetall in der Hochvakuumtechnik, mit Silber legiert zur Herstellung von Kontakten.
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