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Lexikon der Chemie: Titan

Titan, Symbol Ti, chem. Element aus der IV. Nebengruppe des Periodensystems, der Titangruppe, Leichtmetall; Z 22, Massenzahlen der natürlichen Isotope 48 (73,94 %), 46 (7,93 %), 47 (7,28 %), 49 (5,51 %), 50 (5,34 %), Atommasse 47,90, Wertigkeit IV, III, vereinzelt II, D. 4,506 g cm-3, F. 1677 °C, Kp. 3262 °C, elektrische Leitfähigkeit 2,3 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (Ti/TiO2+) -0,882 V.

Eigenschaften. Reines, in hexagonal dichtester Kugelpackung kristallisierendes T. ist ein silberweißes, duktiles und gut schmiedbares Metall, das sich bei 882,5 °C in eine zweite, kubische Modifikation umwandelt. Obwohl durch sein Oxidationspotential als unedles Metall ausgewiesen, ist T. infolge der Ausbildung einer zusammenhängenden Oxidschicht ein sehr korrosionsbeständiges Metall, das in kompakter Form durch Sauerstoff erst bei Rotglut angegriffen wird, während Chlorierung zum Tetrachlorid oberhalb 300 °C erfolgt. In heißer Salzsäure löst sich T. unter Bildung von Titan(III)-chlorid TiCl3, beim Angriff von Flußsäure erhält man Hexafluortitansäure H2TiF6. Feinverteiltes T. verbrennt in Sauerstoff- oder Stickstoffatmosphäre zu Titan(IV)-oxid TiO2 bzw. Titannitrid TiN. Sauerstoffangriff an frischen Bruchflächen von kompaktem T. wird unter Sauerstoffüberdruck (2,5 MPa) ebenfalls bei Raumtemperatur beobachtet. Generell führt die Aufnahme von Sauerstoff oder Stickstoff bereits in geringen Mengen zu einer Versprödung des T. Wasserstoff wird durch T. reversibel unter Hydridbildung absorbiert. Nichtmetalle wie Kohlenstoff, Stickstoff und Bor bilden mit T. bei höherer Temperatur harte und hochschmelzende Einlagerungsverbindungen: Titancarbid TiC, -nitrid TiN und -borid TiB2. Mit einer Reihe von Metallen geht T. Legierungen ein, von denen jene mit Aluminium, Molybdän, Mangan, Chrom und Eisen auch technische Bedeutung erlangt haben.

Analytisches. Zum Nachweis und zur kolorimetrischen Bestimmung von T. wird die Reaktion von Titanylsulfat TiOSO4 mit Wasserstoffperoxid zum orangefarbenen Titanperoxid-sulfat TiO2SO4 herangezogen. T. färbt die Phosphorsalzperle in der Reduktionsflamme infolge der Bildung von Titan(III) violett. Zur gravimetrischen Bestimmung fällt man Titanoxidhydrat aus, das man zum Dioxid TiO2 verglüht. Titrimetrisch kann T. nach Reduktion mit Zinkamalgam zu Titan(III) durch Oxidation mit NH4Fe(SO4)2-Lösung unter Verwendung von Kaliumthiocyanat als Indikator bestimmt werden.

Vorkommen. T. ist am Aufbau der Erdkruste mit 0,43 % beteiligt, es steht damit als relativ weitverbreitetes Element an 10. Stelle der Häufigkeitsskala der chem. Elemente. Allerdings tritt T. sehr stark verteilt auf, als Titanrohstoff wird vor allem Ilmenit (Titaneisenerz) FeTiO3 genutzt, während weitere Titanminerale, wie Perowskit CaTiO3 und Titanit CaTi[SiO4]O sowie die Titan(IV)-oxid-Modifikationen Rutil, Anatas und Brookit, in ihrer Bedeutung demgegenüber zurücktreten. T. ist im Boden entsprechend seiner Häufigkeit weit verbreitet, Pflanzen enthalten etwa 1 ppm T. Hinweise auf eine biologische Funktion des T. konnten bisher nicht gefunden werden.

Gewinnung. T. läßt sich nicht durch Reduktion von Titan(IV)-oxid TiO2 mit Kohle erhalten, da sich hierbei Titancarbid TiC bzw. in Anwesenheit von Luftstickstoff auch Titannitrid TiN, teilweise ferner kupferrote Mischkristalle TiC · 4 TiN, bilden. Man erhält T. durch Reduktion von Titan(IV)-chlorid bzw. -fluorid mit Natrium in Pulverform. Nach dem technisch durchgeführten Kroll-Prozeß wird Titan(IV)-chlorid mit Magnesium bei 800 bis 900 °C und Schutzgas reduziert: TiCl2 + 2 Mg → Ti + 2 MgCl2. Das hierbei anfallende feinverteilte, pyrophore T. (Titanschwamm) wird durch Vakuumdestillation von Magnesiumchlorid und nichtumgesetztem Magnesium befreit und zum kompakten Metall umgeschmolzen. Man kann auch als weitere Reinigungsstufe mit dem Aufwachsverfahren die Bildung und thermische Zersetzung von Titanium(IV)-iodid anschließen. Für technische Zwecke gewinnt man Ferrotitan.

Verwendung. T. weist neben seiner hohen Korrosionsbeständigkeit weitere hervorragende Eigenschaften auf, z. B. große mechanische Festigkeit bei geringer Masse, hoher Schmelzpunkt und niedrige thermische Ausdehnungskoeffizienten. Es steht damit heute als vielseitig einsetzbarer Werkstoff zur Verfügung, der die Qualitäten von rostfreiem Stahl und Aluminiumlegierungen in sich vereinigt. Man verwendet es daher – oft auch in Form von-Titanlegierungen – im Schiffs- und Flugzeugbau, in der Raketentechnik, im Reaktorbau, bei der Errichtung von Wasserentsalzungsanlagen sowie im chem. Anlagenbau. Titanelektroden finden, mit Edelmetall oder Edelmetalloxiden beschichtet, Anwendung in der Chloralkalielektrolyse, bei der Perchloratherstellung, in der Elektrodialyse und in der Galvanotechnik. Die Glühlampenindustrie setzt T. als Getter unter Nutzung seiner Reaktivität gegenüber Sauerstoff und Stickstoff ein. Für den Einsatz in der Medizin werden Knochennägel, Prothesen und Nadeln aus T. gefertigt.

  • Die Autoren
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Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
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Fachkoordination:
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Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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