Lexikon der Chemie: Uran
Uran, Symbol U, radioaktives chem. Element aus der III. Nebengruppe des Periodensystems, der Gruppe der Actinoide zugehöriges Schwermetall; Z 92, Atommasse 238,029, Wertigkeit meist VI, IV, seltener V, III, D. 18,97 g cm-3, F. 1132 °C, Kp. 3900 °C, Standardelektrodenpotential (U/U3+) -1,789 v.
Eigenschaften. U. ist ein silberweiß glänzendes, an der Luft rasch anlaufendes, verhältnismäßig weiches Metall hoher Dichte, das in drei Modifikationen – rhombisch, tetragonal, kubisch-raumzentriert, Umwandlungstemperaturen 667 °C bzw. 772 °C – auftritt. Feinverteiltes, grau bis schwarz aussehendes U. ist sehr reaktiv und pyrophor. Von siedendem Wasser wird U. unter Wasserstoffentwicklung angegriffen: U + 2 H2O → UO2 + 2 H2; auch verd. Säuren reagieren mit U. unter Wasserstoffentwicklung und Bildung von Uran(IV)-Salzen, während Alkalilaugen U. nicht angreifen. Wasserstoff reagiert mit U. bereits bei 250 bis 300 °C zu Uranhydrid UH3 das ein wichtiges Zwischenprodukt bei der Synthese weiterer Uranverbindungen ist und dessen thermische Zersetzung bei höherer Temperatur zu besonders reaktivem U. führt. Mit Stickstoff setzt sich U. oberhalb 450 °C zu Urannitriden, UN und U2N3, um. Schon bei mäßigem Erhitzen an der Luft verbrennt U. unter Funkensprühen zu Uran(IV,VI)-oxid U3O8. Halogeneinwirkung auf U. führt zu Uranhalogeniden, z. B. UF4 und UF6 UCl5 und UCl4, UBr4 und UI3.
U. und seine Verbindungen sind hoch toxisch. Sämtliche natürlich vorkommenden Uranisotope sind radioaktiv. Das vorherrschende Isotop 238U (α; 4,51·109 a) ist das Anfangsglied der Uran-Radium-Zerfallsreihe und geht über 234Th 234Pa und 234U sowie eine Reihe weiterer Zwischenprodukte in das stabile Bleinuclid 208Pb (Uranblei) über (Radioaktivität). 235U bildet das Anfangsglied der Uran-Actinium-Zerfallsreihe, das als α-Strahler über 231Th und eine Reihe weiterer Zwischenstufen schließlich das stabile Bleinuclid 207Pb ergibt (Radioaktivität). 235U ist im Unterschied zu 238U durch langsame Neutronen spaltbar. 238U bildet mit Neutronen gemäß
Plutonium 239, eine Reaktionsfolge, die in Brutreaktoren zur Erzeugung von Plutonium genutzt wird.
Analytisches. Im klassischen Kationentrennungsgang erscheint U. in der Urotropingruppe als Ammoniumdiuranat (NH4)2U2O7, das bei der gravimetrischen Uranbestimmung zu U3O8 verglüht wird. Charakteristische Nachweisreaktionen sind die recht empfindliche Fällung von braunem Uranyl-hexacyanoferrat(II) (UO2)2[Fe(CN)6] mit Kaliumhexacyanoferrat(II) oder die Bildung von orangegelbem Peroxouranat M4[UO2(O2)3] in alkalischer Lösung. Zur spektralphotometrischen Bestimmung nutzt man die Bildung von Thiocyanatkomplexen. Mit Hilfe der Messung des Fluoreszenzlichts lassen sich Spuren bis etwa 10-10 g U. nachweisen.
Vorkommen. U. ist am Aufbau der Erdkruste mit 3,2·10-4 % beteiligt. Es kommt hier stets in Form von Verbindungen vor; von den heute bekannten etwa 150 Uranmineralen haben jedoch nur wenige wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Am wichtigsten ist Uranit (Uranpecherz, Uranpechblende) UO2. Weitere Uranminerale sind Torbernit (Uranglimmer) Cu(UO2)2(PO4)2 · 8 H2O, Zeunerit Cu(UO2)2(AsO4)2 · 8 H2O und Autunit (Uranit) Ca(UO2)2(PO4)2 · 8 H2O, ferner Euxenit (U, Th, Ce, Ca, Y) (Nb, Ta, Ti2)O6 und Carnotit K UO2[VO4]·1,5 H2O. Auch die Braunkohlen, manche Golderze, Phosphate und Ölschiefer können U. enthalten. Im Meerwasser finden sich etwa 0,002 ppm U. Erze mit einem Gehalt ab 0,1 % U. sind heute wirtschaftlich nutzbar.
Gewinnung. Die Urangewinnung erfolgt über eine oxidierende saure oder alkalische Laugung der Erze. Bei der sauren Laugung mit Schwefelsäure wird eine Trennung von Begleitmetallen durch Aufnahme der gebildeten Uranylsulfatkomplexe z. B. des Typs [UO2(SO4)2]2- durch Anionenaustauscherharze vorgenommen. Die alkalische Laugung mit einem Natriumcarbonat/Natriumhydrogencarbonat-Gemisch wird z. T. unter Druck und bei erhöhter Temperatur ausgeführt: UO2 + 1/2 O2 + Na2CO3+ 2 NaHCO3 → Na4[UO2(CO3)3] + H2O. Die Bildung des anionischen Carbonatkomplexes ist recht selektiv; man fällt anschließend durch NaOH-Zusatz Natriumdiuranat Na2U2O7 aus. Zur Feinreinigung überführt man die Zwischenprodukte in Uranylnitrat und extrahiert aus wäßriger Lösung mit Tributylphosphat. Man gewinnt aus der Lösung Uran(IV,VI)-oxid U3O8, reduziert mit Wasserstoff zu Uran(IV)-oxid UO2, überführt dieses mit HF-Dampf in Uran(IV)-fluorid UF4, das dann mit Calcium, Magnesium oder Natrium zum Metall reduziert wird.
Verwendung. Seit Entdeckung der Uran-Kernspaltung hat U. als Brennstoff für Kernreaktoren (231U) und als Ausgangsstoff zur Plutoniumgewinnung (238U) außerordentliche technische Bedeutung erlangt. Ein wachsender Anteil der in der Welt erzeugten Energie wird durch Uranreaktoren bereitgestellt. Dabei wird in den modernen Leichtwasserreaktoren mit bis zu 4 % 235U angereicherter Kernbrennstoff eingesetzt. Die Anreicherung von 235U, die auch für die Wiederaufbereitung abgebrannter Uranbrennstäbe von Bedeutung ist, erfolgt unter Einsatz von Uran(VI)-fluorid in technischen Isotopentrennanlagen unter Nutzung von Gasdiffusions-, Gaszentrifugen- und Trenndüsenverfahren.
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