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Lexikon der Chemie: Wasserstoff

Wasserstoff, Symbol H, chem. Element, Z 1, natürliche Isotope: Protium, leichter W., Massenzahl 1 (99,985 %), Deuterium, schwerer W., Massenzahl 2 (0,015 %), Tritium, Massenzahl 3 (10-16%); Atommasse 1,00797, Wertigkeit I, D. 0,0899 g/l bei 0 °C und 0,1 MPa, D. des flüssigen W. am Kp. 0,070 g cm-3, F. -259,14 °C, Kp. -252,8 °C, krit. Temp. -239,9 °C, krit. Druck 1,29 MPa, krit. D. 0,031 g cm-3, Standardelektrodenpotential 0,00 V (H2

2 H+ + 2e).

Eigenschaften. Bei Zimmertemperatur existiert W. in Form des molekularen Diwasserstoffs H2 als brennbares, farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Die geringe Molekülmasse und damit im Zusammenhang die hohe mittlere Teilchengeschwindigkeit bewirken das ausgezeichnete Diffusions- und Wärmeleitvermögen sowie das weitgehend ideale Verhalten des gasförmigen W. In Wasser und anderen Lösungsmitteln ist W. wenig löslich. Dagegen vermögen einige Metalle beträchtliche Mengen, Palladium z. B. mehr als das 800fache seines Volumens an W. aufzunehmen.

Die unterschiedliche Orientierung der Kernspins der beiden Wasserstoffatome im molekularen W. führt zur Bildung zweier Formen, des Orthowasserstoffs (o-H2) mit paralleler und des Parawasserstoffs (p-H2) mit antiparalleler Richtung der Kernspins. Diese befinden sich in einem temperaturabhängigen Gleichgewicht gemäß o-H2

p-H2, ΔH = -1,66 kJ/mol, das bei Zimmertemperatur zu etwa 75 % aus o-H, und zu 25 % aus p-H2 besteht. Mit sinkender Temperatur steigt der Anteil des p-H2. Die beiden Komponenten, die sich z. B. gaschromatographisch trennen lassen, zeigen Unterschiede in einigen physikalischen Eigenschaften, verhalten sich chemisch aber völlig gleichartig.

Die homolytische Spaltung molekularen W. in atomaren Monowasserstoff erfordert einen hohen Energieaufwand: H2

H2, ΔH = -432 kJ/mol. Dieser wird in Form thermischer Energie aufgebracht, indem man H2 durch einen elektrischen Lichtbogen leitet. Auch durch Einwirkung elektrischer Entladungen auf H2 unter vermindertem Druck ist Monowasserstoff herstellbar (Verfahren nach Wood).

Typisch für die Bindungsbetätigung des W. ist die Ausbildung kovalenter Beziehungen zu den Elementen mittlerer Elektronegativität und zu den Elementen hoher Elektronegativität.

Diwasserstoff ist infolge der hohen Bindungsenergie relativ reaktionsträge. Entsprechende Umsetzungen bedürfen deshalb normalerweise einer Aktivierung durch Wärme- oder Strahlungsenergie oder der Gegenwart eines geeigneten Katalysators. Mit elementarem Fluor reagiert W. schon bei -250 °C sehr heftig. Mit Chlor bildet sich nach photochem. Anregung in einer Radikalkettenreaktion explosionsartig Chlorwasserstoff: H2 + Cl2

2 HCl, ΔH = -185 kJ/mol (Chlorknallgasreaktion). Die Vereinigung mit Brom oder Iod zu Brom- bzw. Iodwasserstoff erfordert höhere Temperaturen oder entsprechende Katalysatoren. Ebenfalls nach einem Radikalkettenmechanismus reagiert W. mit Sauerstoff zu Wasser: 2 H2 + O2 → 2 H2O, ΔH = -286 kJ/mol. Nach thermischer Initiierung verläuft die Reaktion explosionsartig unter starker Wärmeentwicklung (Knallgasreaktion). Man benutzt diese Umsetzung zum Schweißen und Schneiden von Metallen. Auch mit anderen Nichtmetallen reagiert W. in der Hitze zu den entsprechenden Element-Wasserstoff-Verbindungen. Von besonderer Bedeutung ist die katalytische Vereinigung mit Stickstoff zu Ammoniak. Mit stark elektropositiven Metallen reagiert W. in der Hitze zu salzartigen Hydriden. Zahlreiche Metalloxide, z. B. Molybdän(VI)-oxid, werden bei erhöhter Temperatur durch W. zu den Metallen reduziert: MoO3 + 3 H2 → Mo + 3 H2O. Viele organische Verbindungen werden insbesondere in Gegenwart von Metallkatalysatoren (Nickel, Palladium, Platin) hydriert.

Analytisches. W. läßt sich anhand der Knallgasreaktion nachweisen.

Vorkommen. Im Universum ist W. das verbreitetste Element. Am Aufbau der Erdkruste ist er mit einem Masseanteil von 0,81 % beteiligt; das entspricht 15,4 Atom-% und nach dieser Betrachtung der 3. Position (nach Sauerstoff und Silicium) in der Elementhäufigkeit. In elementarer Form kommt W. in geringen Mengen als Bestandteil von Erdgasen, vulkanischen Gasen u. ä. vor, bildet jedoch den Hauptanteil in den obersten Atmosphärenschichten. In riesigen Mengen liegt W. gebunden an Sauerstoff als Wasser vor. Darüber hinaus ist W. Bestandteil der Kohlenwasserstoffe der Erdgase und des Erdöls sowie zahlloser organischer Verbindungen.

Gewinnung. Das derzeit wichtigste Verfahren zur industriellen Wasserstoffgewinnung besteht in der Umsetzung der Kohlenwasserstoffgemische von Erdgasen oder der bei Crackprozessen anfallenden Spaltprodukte mit Wasser (steamreforming, Synthesegas). Technisch bedeutsam ist auch die Wasserstoffgewinnung durch Einwirkung von Wasserdampf auf Kohle (Wassergas, Synthesegas) sowie die Abtrennung des beim Cracken von Kohlenwasserstoffen anfallenden W. Auch durch Elektrolyse wäßriger Salzlösungen wird W. gewonnen (z. B. als Nebenprodukt bei der Chloralkalielektrolyse). Im Laboratorium wird W. am einfachsten durch Einwirkung von Säuren auf unedle Metalle, z. B. auf Zink gemäß Zn+ 2 H3O+ → Zn2+ + H2 + 2 H2O dargestellt.

Verwendung. Große Mengen W. werden mit Stickstoff zu Ammoniak umgesetzt. Daneben ist W. Ausgangsmaterial für die technische Synthese von Chlorwasserstoff, Methanol, höheren Alkoholen und Aldehyden (Oxosynthese) u. a. Er dient zur Hydrierung zahlreicher organischer Verbindungen, zur Fetthärtung und zur Reduktion von Metalloxiden in der Hüttenindustrie. W. ist ein wichtiger Energieträger und kommt z. B. als Brennstoff in Raketenantrieben und zur Energiegewinnung mittels Brennstoffzellen zum Einsatz. Er dient als Schutzgas bei der Erzeugung hochreiner Elemente, z. B. für die Mikroelektronik, sowie als Trägergas in der Gaschromatographie.

  • Die Autoren
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Fachkoordination:
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Redaktion:
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