Lexikon der Chemie: Wasserstoffversprödung
Wasserstoffversprödung, Schädigung unlegierter und legierter Stähle bei Umgebungstemperatur durch Aufnahme von atomarem Wasserstoff in das Werkstoffgefüge infolge Versprödung (Verminderung der Verformungsfähigkeit), Bildung von Blasen in der Nähe der Werkstoffoberfläche, Bildung von Rissen und Brüchen. Blasen und transkristalline Innenrisse im Bereich von Einschlüssen parallel zur Walzrichtung werden als wasserstoffinduzierte Risse bezeichnet. Transkristalline oder interkristalline Risse quer zur Zugspannung werden als wasserstoffinduzierte Spannungsrißkorrosion angesehen. Der Wasserstoff kann sich bilden bei der elektrochem. Metallkorrosion, bei Elektrolysevorgängen, beim Beizen, beim kathodischen Schutz, beim Schweißen mit feuchtem Schutzgas oder mit Zusatzwerkstoffen sowie bei der chem. Umsetzung mit wasserstoffabgebenden Verbindungen. Bedeutende Schäden entstehen bei der Förderung, Lagerung, beim Transport und bei der Verarbeitung von schwefelwasserstoffhaltigem Erdöl und Erdgas. Allgemein gilt für den Werkstoff, daß erhöhte Härte, Kaltverfestigung, das Vorhandensein von Kerben und andere Spannungskonzentrationen die Empfindlichkeit für W. steigern. Dabei sind Zwischenstufengefüge und Martensit empfindlicher als Perlit. Die Wahrscheinlichkeit für W. steigt mit fallendem pH-Wert des Korrosionsmediums.
Bei Einwirkung von Druckwasserstoff kommt es bei Temperaturen oberhalb von 230 °C bei unlegierten Stählen durch Umsetzung des in das Werkstoffgefüge eindiffundierenden Wasserstoffes mit Zementit zur Bildung von Methan. Diese Reaktion führt infolge von Entkohlung und subkristallinen Gefügetrennungen ebenfalls zur W. und zu Brüchen. Dieser Druckwasserstoffangriff tritt in Hochdrucksyntheseanlagen, in denen hohe Wasserstoffpartialdrücke herrschen, an heißen Ausrüstungen aus unlegierten Stählen auf, wenn nicht druckwasserstoffbeständige Stähle eingesetzt werden.
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