Lexikon der Chemie: Zinn
Zinn, Stannum, Symbol Sn, chem. Element aus der IV. Hauptgruppe des Periodensystems, der Kohlenstoff-Silicium-Gruppe, Schwermetall; Z 50, Massenzahlen der natürlichen Isotope 112 (0,96 %), 114 (0,66 %), 115 (0,35 %), 116 (14,30 %.), 117 (7,61 %), 118 (24,03 %), 119 (8,58 %), 120 (32,85 %), 122 (4,72 %) und 124 (5,94 %), Atommasse 118,69, Wertigkeit II und IV.
Eigenschaften. Z. existiert in drei Modifikationen. Die bei Zimmertemperatur stabile Form ist das metallische, silberweiße, tetragonal kristallisierende
β-Zinn; D. 7,28 g cm-3, F. 231,88 °C, Kp. 2260 °C, elektrische Leitfähigkeit 8,96 Sm/mm2 bei 0 °C, Standardelektrodenpotential (Sn/Sn2+) -0,1364 V. β-Zinn ist relativ weich und sehr dehnbar. Es läßt sich leicht zu dünnen Folien auswalzen (Stanniol). Bei 162 °C wandelt es sich in das graue, spröde, leicht pulverisierbare γ-Zinn, unterhalb von 13,2 °C ist das graue, pulverige, im Diamantgitter kristallisierende α-Zinn stabil. Diese Umwandlung ist sehr langsam, zerstört (pulverisiert) aber das ganze Metallstück, wenn sich Kristallisationskeime gebildet haben (Zinnpest). Bei Zinnlegierungen mit geringen Anteilen an Arsen, Bismut oder Blei bleibt dies aus. Biegt man einen Zinnstab, so hört man ein knirschendes Geräusch (Zinngeschrei), was auf die gegenseitige Reibung der Kristalle zurückzuführen ist.
Z. tritt zwei- und vierwertig auf, wobei die zweite Oxidationsstufe stabiler ist. Sn(IV)-Verbindungen sind starke Oxidationsmittel. Den vierfach koordinierten, teraedrischen Derivaten liegen sp3-hybridisierte Sn-Atome zugrunde und die Bindungen sind weitgehend kovalenter Natur. Sn(II)-Verbindungen weisen stärkere ionische Anteile auf. Sn(II)- und Sn(IV)-Verbindungen zeigen ausgeprägte Lewis-Säure-Aktivitäten. Gegenüber Luft und Wasser sowie verdünnten Säuren und Base ist Z. stabil. Aufgrund seines geringen negativen Standardelektronenpotentials löst sich Z. nur in konz. Salzsäure HCl oder konz. Alkalilaugen unter Wasserstoffbildung. In der Hitze verbrennt S. zu Zinn(IV)-oxid SnO2 (Zinnasche).
Analytisches. Z. wird qualitativ im H2S-Trennungsgang durch die Reduktionswirkung des Sn2+ z. B. gegenüber Molybdatophosphorsäure, Quecksilber(II)-chlorid oder Gold(III)-chlorid (Cassiusscher Goldpurpur) nachgewiesen. Auch die Leuchtprobe ist ein geeigneter Nachweis. Zur quantitativen gravimetrischen Bestimmung wird Zinnsäure gefällt und als Zinndioxid gewogen. Für kleine Konzentrationen bieten sich photometrische Verfahren (Diphenylcarbazon, Morin, Phenylfluoron), die Atomabsorptionsspektrometrie und die Röntgenfluoreszenzanalyse an.
Vorkommen. Z. ist am Aufbau der Erdkruste mit einem Anteil von 3,5·10-3 % beteiligt. Das wichtigste Mineral ist Kassiterit (Zinnstein) SnO2 seltener ist Stannin (Zinnkies) Cu2S·FeS·SnS2.
Gewinnung. SnO2 wird in Elektro- oder Flammöfen mit Kohlenstoff reduziert. Man gewinnt so ein etwa 97 %iges Metall und eine noch stark zinnhaltige Schlacke, aus der durch Reduktionsarbeit, d. h. durch Schmelzen mit Kohle und Kalk gemäß SnSiO3 + CaO + C → Sn + CaSiO3 + CO, oder durch Niederschlagsarbeit, d. h. durch Schmelzen mit Eisenschrott und Kohle gemäß SnSiO3 + Fe → Sn + FeSiO3 weiteres Z. gewonnen wird.
Anschließend muß das Z. gereinigt werden, u. a. sind elektrolytische Raffinationsverfahren in Betrieb.
Bedeutung hat die Rückgewinnung des Z. aus Weißblechabfällen. Dazu bedient man sich der Chlorentzinnung oder elektrolytischer Verfahren.
Verwendung. Z. war früher wichtiges Gebrauchsmetall zur Herstellung von Haushaltgeschirr, heute dient es vorrangig zur Produktion von Weißblech und als Legierungsmetall (Zinnlegierungen).
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