Lexikon der Ernährung: Anti-Krebs-Diäten
Anti-Krebs-Diäten, Eanti-tumour diets, Sammelbegriff für bestimmte Diäten (vgl. Extremdiäten) und Ernährungsrichtlinien, die die Tumorgenese verhindern (Tumorprävention) und / oder Tumoren heilen sollen (Krebsdiäten) bzw. einen Heilungserfolg bei Krebserkrankung versprechen. Die Milchsäurekost nach Kuhl stellt sich als anticancerogene Kost dar. Es ist eine lactovegetabile Ernährungsweise mit einem hohen Anteil milchsäurehaltiger Lebensmittel wie Butter- und Sauermilch, Joghurt und Quark. Zucker, „entwertete“ Stärkeprodukte und tierische Fette sind zu meiden. Diese Kostform soll auf den Stoffwechsel der (Krebs-)Zellen wirken, Gärung vermeiden und den Milchsäurehaushalt günstig beeinflussen. Die Theorie basiert auf den Ausführungen von Warburg, der durch Sauerstoffmangel verursachte Gärung in den Zellen für das Tumorwachstum verantwortlich machte, welcher aber nach neuesten Untersuchungen eher Folge des schnellen Tumorwachstums ist. Auch Zabel stützt sich auf diese Theorie. Eine knappe Ernährung mit hohem Gehalt an Wirkstoffen soll die vorliegende Stoffwechselentgleisung bekämpfen. Dazu gehören magere Milch- und Sauermilchprodukte, Vollschrote und -mehle, Rohkost, gekochte Gemüse und kaltgepresste Öle mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Fette, zu eiweißreiche und gezuckerte Lebensmittel sind zu meiden. Gelegentlich ist der Verzehr von magerem Rind- und Kalbfleisch, Vorzugsmilch und Süßigkeiten mit Fruchtzucker erlaubt. Bei der Diät von Bircher-Benner steht die Harnsäure als potenzieller Faktor der Krebsentstehung im Vordergrund. Demnach soll die Kost arm an harnsäurebildenden Lebensmitteln (Fleisch) sein, und überwiegend aus pflanzlicher Rohkost bestehen. Wie Warburg und Kuhl macht Bircher-Benner die Übersäuerung von Geweben für die Krebsentstehung verantwortlich. Dem Säure-Basen-Gleichgewicht wird aber nach neueren Erkenntnissen in vielen alternativen Ernährungsformen eine zu große Bedeutung beigemessen, wobei eine Einschränkung des Fleischkonsums durchaus als positiv zu bewerten ist. Windstoßer, dessen Empfehlungen ähnlich denen von Zabel, Bircher-Benner und Kollath (s. u.) sind, sieht in einer optimalen Ernährung einen wesentlichen Beitrag für die Heilung. Übergewichtigen Patienten empfiehlt er 1–2 Fastentage, eine längere Zeit sei nicht angebracht. Ein anderer Ansatz von Seeger propagiert Rote Bete als Lebensmittel der Wahl, um den entgleisten Stoffwechsel günstig zu beeinflussen. Der Autor überbewertet aber eine Reihe von aufgeführten Stoffen wie Aminosäuren, Vitaminen und Mineralstoffen, die in der Roten Bete in vergleichsweise geringer Menge enthalten sind. Allerdings üben Vitamine sowie der rote Farbstoff Betanin eine gewisse Schutzwirkung auf Vitamin C und Fette aus. Auch Schmidt propagiert Rote Bete zur Besserung und Unterstützung der klassischen Krebstherapie. Die Krebstherapie nach Gerson ist eine salzfreie Ernährung, die hauptsächlich aus Säften, rohen Früchten und Salaten, gekochtem Gemüse, Kartoffeln, Haferflocken und salzlosem Roggenbrot besteht. Zusätzlich wird frischer Kalbslebersaft gegeben. Durch diese Ernährung soll der Natrium-Kalium-Gehalt des Körpers normalisiert werden. Zur Entgiftung dienen Einläufe, künstlicher Magensaft soll die Verdauung anregen. Andere Autoren schreiben papainhaltigen Enzympräparaten, die die Aktivität von Makrophagen und natürlichen Killerzellen anregen sollen, eine krebsheilende Wirkung zu. Außerdem sollen sie den Tumornekrosefaktor (TNF) aktivieren, der den Tumor zerstört. Auch dem Carpain, dem Haupt-Alkaloid der Papaya, das in den Blättern, allen grünen Teilen und den Samen der Pflanze enthalten ist, wird von vielen Autoren eine Wirkung als Anticancerogen, z. B. bei Blutkrebs, zugeschrieben.
A. stützen sich auf Einzelfallbeschreibungen; der wissenschaftliche Beweis für die Wirksamkeit steht aus. Lebensmittel(inhaltsstoffe) mit tumorprotektiver Wirung (sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe) können als Bestandteil einer vollwertigen Ernährung das Risiko minimieren, an Krebs zu erkranken, es gibt aber keinen wissenschaftlich fundierten Hinweis darauf, dass sich Tumorerkrankungen durch Ernährungsmaßnahmen allein verhindern oder gar heilen lassen.
Die Widersprüchlichkeit der Ratschläge trägt zusätzlich zur Verunsicherung der Patienten bei. Dabei sind die unkonventionellen Mittel keineswegs immer harmlos. So droht bei einer besonders radikalen Krebsdiät, der „Krebskur total nach Breuss“ (Breuss-Krebskur) eine lebensbedrohliche Anorexie, weil der Patient dabei wochenlang nur Gemüsesäfte trinkt. Bei anderen Methoden kann es zu schweren Schockreaktionen des Immunsystems kommen. Die Diät nach Leupold, der seine Patienten bei einer zucker- und stärkearmen Diät mit Insulin behandelte, führte wiederholt zu lebensbedrohlicher Hypoglycämie. Die strenge makrobiotische Kost von Oshawa, durch Kushi fortgesetzt, enthält zu wenig lebensnotwendige Nährstoffe, was zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen kann. Bei manchen Mitteln kommt es zudem zu unkalkulierbaren Wechselwirkungen mit Medikamenten der Schulmedizin. Die größte Gefahr ist aber darin zu sehen, dass Patienten sich ganz und gar auf die alternative Medizin verlassen und die Hilfe der wissenschaftlich begründeten Medizin zu spät oder gar nicht in Anspruch nehmen.
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