Lexikon der Ernährung: Botulismus
Botulismus, Ebotulism, eine heute nur noch relativ selten auftretende, meldepflichtige Lebensmittelvergiftung nach Aufnahme von Botulinus-Toxin, einem neurotoxischen Exotoxin (Bakterientoxin) von Clostridium botulinum, die zu den gefährlichsten Lebensmittelvergiftern zählen. Jedes der Botulinus-Neurotoxine A bis G wird von den Bakterien zunächst als Einketten-Protein gebildet. Durch Spaltung entsteht ein durch Disulfidbrücke verbundenes Zweikettentoxin mit leichter und schwerer Kette. Die schwere Kette dient der Bindung an die präsynaptische Membran, die leichte Kette enthält in der Mitte ein Zinkatom und wirkt als Zink-Endopeptidase, die synaptische Peptide spaltet. Botulinus-Toxine hemmen die Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin aus den Speichervesikeln in der Körperperipherie, wodurch die Reizübertragung an den Nervenendplatten auf den Muskel verhindert und Lähmungen ausgelöst werden. Das hochgiftige Polypeptid (LD100 bei Mäusen 0,00003 µg / kg, 1 µg soll genügen, um einen Menschen zu töten; Gifte) wird durch 30-minütiges Erhitzen auf 80 °C denaturiert. Für die Hemmung der Auskeimung von Clostridium botulinum-Sporen in Pökelware (Pökelung) sind mindestens 100 mg Nitrit / kg nötig. Die Toxinbildung erfolgt im typischen Fall nur in aufbewahrten Lebensmitteln unter anaeroben Bedingungen (z. B. Konserven, Vakuumverpackungen, anaerobe Kernzonen von Schinken). Sterilisationsregime müssen das sichere Abtöten der sehr hitzeresistenten Sporen gewährleisten.
Symptome des B. treten beim Menschen gewöhnlich 12–36 h, teilweise schon 4 h oder bis zu 4 Tage nach dem Verzehr toxinhaltiger Speisen auf. Typisch sind Speichelfluss, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen sowie Lähmungserscheinungen (z. B. der Schlund- und Zungenmuskulatur). Der Tod tritt durch Atemlähmung zwischen dem 3. und 6. Tag ein. Die Letalität betrug früher über 60 % und konnte heute durch Intensivpflege deutlich gesenkt werden. Wesentliches Gegenmittel ist die Verabreichung des Antitoxins (Botulinus-Serum). Botulinus-Neurotoxin A wird seit dem Beginn der 80er Jahre therapeutisch bei Dystonien (Syndromen unwillkürlicher Aktivität / Spasmen der quergestreiften Muskulatur mit abnormer Haltung, z. B. Lidkrampf, Schreibkrampf) eingesetzt. Dabei wird das Neurotoxin direkt in den betroffenen Muskel injiziert und führt hier zur Relaxation.
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