Lexikon der Ernährung: cyanogene Glycoside
cyanogene Glycoside, Blausäureglycoside, Ecyanogenic glycosides, blausäurehaltige Verbindungen in Pflanzen, die aus einer Aminosäure und einer Zuckerkomponente bestehen und zu den antinutritiven Substanzen zählen. Die Bildung der Cyanogruppe erfolgt durch Decarboxylierung und Dehydrierung der primären Aminogruppe. Bekanntestes Glycosid ist das Amygdalin aus Bittermandeln, welches als Grundbausteine die Aminosäure Phenylalanin und Gentobiose enthält. C. G. kommen in einer Vielzahl einheimischer Nahrungspflanzen, aber auch in einigen Pflanzen Südamerikas und Afrikas vor (Tab.).
Bei mechanischer Zerstörung des Pflanzengewebes können durch enzymatische Hydrolyse der c. G. mittels β-Glucosidasen (EC 3.2.1.21), Hydroxynitrile (Cyanhydrine) gebildet werden. Wichtige Hydroxynitril-Verbindungen beim Abbau von c. G. sind Mandelsäurenitril und dessen Derivate, welche sofort zur toxischen Blausäure (HCN, Cyanwasserstoffsäure) und der dem Glycosid zugrundeliegenden Carbonylverbindung zerfallen. Blausäure wird rasch resorbiert und das toxisch wirkende Cyanid-Ion (CN–) freigesetzt (Cyanide).
In Entwicklungsländern ist zudem die als Lathyrismus bezeichnete Krankheit bekannt, wobei Gliederzucken und -krämpfe auftreten, die sich bis zu spastischen Lähmungen der Extremitäten ausweiten können, evtl. begleitet von akuten Magen-Darm-Symptomen. Das auch als „Kichererbsen-Vergiftung“ bezeichnete Syndrom wird durch übermäßigen Verzehr (z. B. 40 % der Nahrungsmenge über 6 Monate) von Erbsen und Platterbsen-(Lathyrus-)Arten hervorgerufen. Auslöser für die Erkrankung stellen neurotoxische Propionitril-Derivate dar, die aus β-Cyanalanin entstehen, einer toxischen, nicht proteinogenen Aminosäure, gebildet in der Reaktion von Blausäure mit der Aminosäure Serin. Von Lathyrismus sind auch heute noch einige KZ-Überlebende infolge von Lebensmittelversuchen mit Lathyrus-Arten während des Nationalsozialismus in Deutschland betroffen.
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