Lexikon der Ernährung: Familientherapie
Familientherapie, Sonderfall der Gruppentherapie. Die natürliche Kleingruppe Familie wird als ein offenes, sich selbst steuerndes, homöostatisches System betrachtet. Störungen im System können auftreten, wenn die Familie an überholten oder starren Verhaltensmustern festhält, oder wenn die Interaktionsprozesse nicht mehr normal verlaufen. Solche Störungen führen zu Änderungen im Verhalten und Erleben bei Mitgliedern des Systems, meist bei dem „Symptomträger“, der als solcher das Gleichgewicht im System vorläufig aufrechterhält. Durch die F. wird das gesamte System verändert und damit die Störung bei dem Symptomträger beseitigt. Folgerichtig muss die Beratung, Diagnose und Intervention das gesamte System Familie einbeziehen (systembezogene Beratung).
Dieser sehr heterogene, in verschiedene Richtungen aufgespaltene Ansatz benutzt theoretische und technische Elemente der Verhaltenstherapie, der Psychoanalyse, der Transaktionsanalyse und der Kommunikationstheorie. So werden bei der psychoanalytisch orientierten F. die Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern als Ausdruck früher Eltern-Kind-Beziehungen untersucht. Dabei geht der Therapeut weit in die Vergangenheit zurück und bezieht sogar die Großelterngeneration mit ein (Mehrgenerationenperspektive). Bei der Gießener Familien- und Sozialtherapie stehen die Rollen der Familienmitglieder und unbewusste Rollenkonflikte im Mittelpunkt, die zu speziellen sog. Familienneurosen führen können. Die erfahrungszentrierte F. als humanistischer Ansatz versucht, die Kommunikation innerhalb der Familie zu verbessern und dabei auch auf die Bedürfnisse und Gefühle des Einzelnen einzugehen. Bei der strukturellen F. werden die Beziehungsmuster in der Familie untersucht. Hier spielt die sog. Transaktionsanalyse eine wichtige Rolle. Dysfunktionale Kommunikationsmuster sind Gegenstand der sog. strategischen F.
Familientherapeutische Konzepte spielen in der Ernährungsberatung eine wichtige Rolle. Richtiges Ernährungsverhalten kann um so eher realisiert werden, je mehr bei der Diagnose, Beratung und Intervention die ganze Familie einbezogen wird.
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