Lexikon der Ernährung: Malabsorption
Malabsorption, Malabsorptionssyndrom, Resorptionsstörung, Emalabsorption, gestörte Nährstoffresorption aus dem Dünndarm. In der klinischen Praxis wird der Begriff M. meist übergreifend für Verdauungs- und Resorptionsstörungen verwendet (= Maldigestion und Malabsorption). Je nach der Grunderkrankung betrifft M. alle oder nur einzelne Nährstoffe (= globales oder partielles / isoliertes Malassimilationssyndrom). Der pathogenetische Ursprung des M. kann in jeder der drei Verdauungs- und Resorptionsphasen liegen:
Verdauung im Darmlumen: Hier findet die Hydrolyse und Verflüssigung der makromolekularen Nährstoffe statt. Wenn Pankreasenzyme (Lipase, Proteasen, Amylase) und / oder Gallensäuren fehlen, werden Fett, Protein und – seltener – Stärke nicht vollständig gespalten, Lipide und lipophile Substanzen nicht emulgiert (Verdauung; Maldigestion); die Resorption ist behindert. Ursache sind Störungen der exokrinen Pankreasfunktionen (Pankreasinsuffizienz) und / oder Gallensekretionsstörungen; einige Arzneimittel, z. B. Cholestyramin, wirken ebenfalls verdauungshemmend. Bewusst herbeigeführt wird die M. mit einigen Fettersatzstoffen (Pseudofette).
Endhydrolyse in der Dünndarmmucosa: In der Mucosa sind Hydrolasen zur Spaltung von Oligosacchariden und Peptiden lokalisiert. Fehlende oder unzureichende Aktivität führt zur Resorptionsstörung der entsprechenden Zucker (Lactose-Intoleranz, Saccharose-Isomaltose-Malabsorption; Acarbose) und / oder Peptide (Biotinidasemangel, Dipeptidasen). Ursache kann ein erblicher Enzymdefekt sein (erbliche Stoffwechselerkrankungen), die morphologische Veränderung der Mucosa (Zottenatrophie; Zöliakie; Strahlenenteritis), vermehrte bakterielle Dünndarmbesiedelung (z. B. bei Diabetes mellitus) oder eine Dünndarmresektion mit stark reduziertem Mucosaepithel.
Transport: Resorptionsfähige Nährstoffe werden teils als solche, teils konjugiert an andere Substanzen in die Blutbahn oder Lymphe abgegeben zum Weitertransport im Organismus. Transportstörungen durch Enzymdefekte (Abetalipoproteinämie, Akrodermatitis enteropathica, Cystinurie, Glucose-Galactose-Malabsorption, Hartnup-Krankheit), Infektionen (HIV-Infektion, Whipple-Krankheit), Strahlenschäden u. a. induzieren M.
Pathophysiologie und Symptomatik: Das Malabsorptionssyndrom äussert sich unspezifisch mit wässriger Diarrhö, Steatorrhö, bei längerdauernder Erkrankung Gewichtsverlust (Kachexie), Eisen-, Calcium- und Vitaminmangel (Mangelanämien; intestinale Osteopathie), bei Proteinverlust auch Ödemen (Mangelernährung). Die M. einzelner, essenzieller Nährstoffe (Biotin, Vitamin B1, Vitamin B12, Eisen Zink u. a.) führt zu spezifischen Mangelerkrankungen. M. nach ausgedehnter Dünndarmresektion (Kurzdarmsyndrom) lässt sich durch funktionelle und strukturelle Adaptation des Restdarms weitgehend kompensieren; die Nährstoffausnutzung bleibt jedoch meist reduziert. Zur M. bei Hochbetagten liegen keine schlüssigen Befunde vor; vermutlich handelt es sich um ein Sekundärphänomen bei Pankreassekretionsstörungen.Ernährungstherapie: Zwei Prinzipien stehen im Mittelpunkt, die Korrektur des Nährstoff- und ggf. Energiemangels und, soweit möglich, die Behandlung der Grunderkrankung. Bei Mangelernährung steht die gezielte Realimentation im Vordergrund, im Extremfall parenteral, bei genetisch bedingter M. essenzieller Nährstoffe (Biotin, Zink u. a.) die lebenslange Substitution.
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