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Lexikon der Ernährung: Milch

Milch, Kuhmilch, Konsummilch, Emilk, nach der europäischen Marktordnung VO (EG) Nr. 2597/97 das Gemelk einer oder mehrerer Kühe. Unter Milch wird danach ausschließlich Kuhmilch verstanden, Milch anderer Tierarten muss entsprechend gekennzeichnet werden (z. B. Schafmilch, Ziegenmilch). Milch wird als Nährflüssigkeit für das Kalb einige Tage vor, vor allem aber nach dem Kalben im Euter gebildet und sezerniert. In den ersten 4–5 Tagen nach dem Kalben wird die Kolostralmilch oder Biestmilch gebildet, die sich v. a. durch ihren hohen Gehalt an Immunglobulinen auszeichnet. Sie darf, auch bei ausreichender Kenntlichmachung, nicht in den Verkehr gebracht werden. Die Milchbildung nimmt bis zur dritten bis sechsten Woche der Laktationszeit zu und wird dann, bei leicht fallender Tendenz, auf diesem Niveau gehalten. Die Milch wird, meist mit Hilfe von Melkanlagen, durch Anlegen eines Unterdrucks aus dem Euter abgesaugt. Sie ist sofort nach dem Melken zu Kühlen, um eine starke Keimvermehrung zu vermeiden.
Milch unterliegt der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Die vom Landwirt an die Molkerei abgegebene Milch durchläuft Untersuchungen, deren Art und Häufigkeit in der Milchgüteverordnung geregelt ist (Tab. 1 ).
Die Milchbearbeitung umfasst das Reinigen, i. d. R. Homogenisieren und Erhitzen.
Die Reinigung erfolgt in einer Zentrifuge mit bis zu 6.500 Umdrehungen / min. Dabei werden Fremdbestandteile wie Schmutz und Mikroorganismen (z. B. Hefen, Schimmelpilze) abgetrennt, die Milch wird entrahmt (Trennung von Rahm und Magermilch) und nachfolgend standardisiert (Einstellung des Fettgehaltes).
Das Homogenisieren hat die Aufgaben, ein Aufrahmen der Milch (Bildung einer Rahmschicht auf der Milchoberfläche) zu verhindern. Die Aufrahmgeschwindigkeit ist abhängig von der Größe der Fettkügelchen und Traubenbildung. Beim Homogenisieren wird die Milch unter Druck durch haarfeine Düsen gepresst. Dabei werden die Milchfettkügelchen in viele kleine Partikel zerteilt (von ca. 10 µm auf 1 µm), die nicht mehr an die Oberfläche steigen. Durch die feine Fettverteilung wird außerdem der Geschmack vollmundiger. Dies ist vor allem bei fettreduzierter Milch von Bedeutung. Eine bessere Verdaulichkeit resultiert aus der Oberflächenvergrößerung des Fettes und einer Auflockerung der Caseinmicellen (größere Angriffsfläche für Enzyme). Aufgrund der Veränderung der Caseinstruktur kann homogenisierte Milch nicht zur Käseherstellung verwendet werden. Die Homogenisierung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Die Erhitzung ist dagegen rechtlich geregelt. Milch muss einem der in Tab. 2 zusammengestellten Erhitzungsverfahren unterzogen werden. Eine kürzere hohe Erhitzung ist im Hinblick auf den Geschmack und Nährstoffgehalt günstiger als eine längere Erhitzungsdauer bei niedrigeren Temperaturen.
Die Milchsorten, die in den Verkehr gebracht werden dürfen, zeigt Tab. 3.
Nach der Konsummilch-Kennzeichnungsverordnung müssen auf Milchpackungen folgende Angaben enthalten sein: Milchsorte, Name und Anschrift des Herstellers, Mindesthaltbarkeitsdatum, Verfahren der Wärmebehandlung und Fettgehalt.
Ernährungsphysiologische Bedeutung: Milch ist ein nährstoffreiches Lebensmittel (Tab. 4). Sie enthält Eiweiß mit hoher biologischer Wertigkeit, welches jedoch Kuhmilchprotein-Allergie auslösen kann, und leicht verdauliches Milchfett. Als Kohlenhydrat ist Lactose (Milchzucker) enthalten, die eine geringe Süßkraft aufweist, positiv auf die Darmflora wirkt und die Resorption von Calcium verbessert. Bei bestehender Lactose-Intoleranz (80 % der Weltbevölkerung!) muss jedoch weitgehend auf den Verzehr von Milch- und Milchprodukten verzichtet werden. An Mineralstoffen liefert die Milch vor allem Calcium und Phosphor, aber auch Kalium, Magnesium und Jod. Sie enthält außerdem fettlösliche Vitamine und wasserlösliche Vitamine der B-Gruppe. Der Cholesteringehalt hängt vom Fettgehalt des Milchproduktes ab. Bei Hypercholesterinämie sollten daher fettarme Milch und Milchprodukte gewählt werden.
Milchkonsum: Der Verbrauch an Milch (ohne Milcherzeugnisse) liegt bei 60 kg pro Kopf und Jahr (1998) mit signifikant sinkender Tendenz. Die Milchproduktion ist die wichtigste Einnahmequelle der deutschen Landwirtschaft (25,6 % aller Verkaufserlöse). Insgesamt 28,5 Mio t Milch wurden 1998 produziert. Da sowohl die Produktion als auch der Verbrauch (s.o.) zurückgehen, besteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Die jahrelang bestehenden Überschüsse („Milchsee“, „Butterberg“) konnten in Deutschland wie in der EU insgesamt in den letzten Jahren abgebaut werden. Dies konnte im Wesentlichen durch die Garantiemengenregelung der EU erreicht werden, d. h. dass eine Abnahme- und Preisgarantie nur noch bis zu einer bestimmten Höchstmenge pro Erzeuger garantiert wird. Milcherzeugnisse; Milchmischerzeugnisse; Muttermilch.

Milch: Tab. 1. Art und Häufigkeit (Mindestzahl der Untersuchungen pro Monat) der Milchuntersuchungen.

untersuchtes MerkmalBedeutungHäufigkeit
Fettgehalt für die Bestimmung des Milchpreises

3

Eiweißgehalt für die Bestimmung des Milchpreises

2

bakteriologische Beschaffenheit (Keimzahl) dient zur Beurteilung hygienischer Bedingungen bei der Milchgewinnungbeeinflusst die technologische Verarbeitung und das Verderbnisrisiko

2

Gehalt an somatischen Zellen (Zellgehalt) Maßstab für die Eutergesundheitist z. B. bei Euterentzündungen erhöht

1

Hemmstoffe Kontrolle, ob die Milch Antibiotika enthält

2

Gefrierpunkt Nachweis eines Fremdwasseranteils

1

Milch: Tab. 2. Vorgeschriebene Erhitzungsverfahren.

BezeichnungTemperaturZiel
Pasteurisieren
a) Dauererhitzung

b) Kurzzeiterhitzung

c) Hocherhitzung

62–65 °C für 30–32 min.

72–75 °C für 15–30 min.

mind. 85 °C, 4–15 sec

 Abtötung vegetativer Keimekeine Abtötung von Sporen

Ultrahocherhitzung

135–150 °C, mind. 1 sec Keimfreiheit (einschließlich der Sporen)

Sterilisation

110–120 °C, 20–40 min. Keimfreiheit (einschließlich der Sporen; Sterilmich)

Milch: Tab. 3. Milchsorten.

Rohmilch

Milch, die nicht über 40°C erhitzt und keiner Behandlung gleicher Wirkung unterzogen wurde
VollmilchMilch, die in einem Milchbearbeitungsbetrieb mindestens einer Wärmebehandlung oder zulässigen Behandlung gleicher Wirkung unterzogen worden ist und einen bestimmten Mindestfettgehalt hat (mind. 3,5 %)
teilentrahmte (fettarme) Milch wie Vollmilch behandelte Milch mit einem Fettgehalt von mind. 1,5 % und höchstens 1,8 %
entrahmte Milch (Magermilch)wie Vollmilch behandelte Milch mit einem Fettgehalt von höchstens 0,5 %
VorzugsmilchRohmilch, an deren Herstellung besondere Anforderungen gestellt werden

Milch: Tab. 4. Zusammensetzung.

Lebensmittel (100g)Vollmilchfettarme Milch   Mager-
    milch
Energie [kcal]644735
Eiweiß [g]3,33,43,5
Fett [g]3,51,60,1
Kohlenhydrate [g]4,54,64,8
Calcium [g]120118123
Phosphor [g]929197
Vitamin A [µg]28132
Vitamin B2 [mg]0,180,180,17
Vitamin B6 [mg]0,050,050,05
Vitamin B12 [µg]0,40,40,3
Cholesterin [mg]1253
  • Die Autoren

Albus, Christian, Dr., Köln
Alexy, Ute, Dr., Witten
Anastassiades, Alkistis, Ravensburg
Biesalski, Hans Konrad, Prof. Dr., Stuttgart-Hohenheim
Brombach, Christine, Dr., Gießen
Bub, Achim, Dr., Karlsruhe
Daniel, Hannelore, Prof. Dr., Weihenstephan
Dorn, Prof. Dr., Jena
Empen, Klaus, Dr., München
Falkenburg, Patricia, Dr., Pulheim
Finkewirth-Zoller, Uta, Kerpen-Buir
Fresemann, Anne Georga, Dr., Biebertal-Frankenbach
Frenz, Renate, Ratingen
Gehrmann-Gödde, Susanne, Bonn
Geiss, Christian, Dr., München
Glei, Michael, Dr., Jena (auch BA)
Greiner, Ralf, Dr., Karlsruhe
Heine, Willi, Prof. Dr., Rostock
Hiller, Karl, Prof. Dr., Berlin (BA)
Jäger, Lothar, Prof. Dr., Jena
Just, Margit, Wolfenbüttel
Kersting, Mathilde, Dr., Dortmund
Kirchner, Vanessa, Reiskirchen
Kluthe, Bertil, Dr., Bad Rippoldsau
Kohlenberg-Müller, Kathrin, Prof. Dr., Fulda
Kohnhorst, Marie-Luise, Bonn
Köpp, Werner, Dr., Berlin
Krück, Elke, Gießen
Kulzer, Bernd, Bad Mergentheim
Küpper, Claudia, Dr., Köln
Laubach, Ester, Dr., München
Lehmkühler, Stephanie, Gießen
Leitzmann, Claus, Prof. Dr., Gießen
Leonhäuser, Ingrid-Ute, Prof. Dr., Gießen
Lück, Erich, Dr., Bad Soden am Taunus
Lutz, Thomas A., Dr., Zürich
Maid-Kohnert, Udo, Dr., Pohlheim
Maier, Hans Gerhard, Prof. Dr., Braunschweig
Matheis, Günter, Dr., Holzminden (auch BA)
Moch, Klaus-Jürgen, Dr., Gießen
Neuß, Britta, Erftstadt
Niedenthal, Renate, Hannover
Noack, Rudolf, Prof. Dr., Potsdam-Rehbrücke
Oberritter, Helmut, Dr., Bonn
Öhrig, Edith, Dr., München
Otto, Carsten, Dr., München
Parhofer, K., Dr., München
Petutschnig, Karl, Oberhaching
Pfau, Cornelie, Dr., Karlsruhe
Pfitzner, Inka, Stuttgart-Hohenheim
Pool-Zobel, Beatrice, Prof. Dr., Jena
Raatz, Ulrich, Prof. Dr., Düsseldorf
Rauh, Michael, Bad Rippoldsau
Rebscher, Kerstin, Karlsruhe
Roser, Silvia, Karlsruhe
Schek, Alexandra, Dr., Gießen
Schemann, Michael, Prof. Dr., Hannover (auch BA)
Schiele, Karin, Dr., Heilbronn
Schmid, Almut, Dr., Paderborn
Schmidt, Sabine, Dr., Gießen
Scholz, Vera, Dr., Langenfeld
Schorr-Neufing, Ulrike, Dr., Berlin
Schwandt, Peter, Prof. Dr., München
Sendtko, Andreas, Dr., Gundelfingen
Stangl, Gabriele, Dr. Dr., Weihenstephan
Stehle, Peter, Prof. Dr., Bonn
Stein, Jürgen, Prof. Dr. Dr., Frankfurt
Steinmüller, Rolf, Dr., Biebertal
Stremmel, Helga, Bad Rippoldsau
Ulbricht, Gottfried, Dr., Potsdam-Rehbrücke
Vieths, Stephan, Dr., Langen
Wächtershäuser, Astrid, Frankfurt
Wahrburg, Ursel, Prof. Dr., Münster
Weiß, Claudia, Karlsruhe
Wienken, Elisabeth, Neuss
Wisker, Elisabeth, Dr., Kiel
Wolter, Freya, Frankfurt
Zunft, Hans-Joachim F., Prof. Dr., Potsdam-Rehbrücke

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