Lexikon der Ernährung: Taurin
Taurin, Aminoethylsulfonsäure, H3N+-CH2-CH2-SO3–, Etaurine, Endprodukt des Stoffwechsels der schwefelhaltigen Aminosäuren L-Cystein und L-Methionin. Es entsteht durch oxidativen Abbau des Cysteins und Cystins zu Cysteinsäure und deren Decarboxylierung. Es ist das in der menschlichen Zelle quantitativ bedeutendste freie Amin. T. wird meist zusammen mit den proteinogenen Aminosäuren diskutiert, ist jedoch keine Carbon-, sondern eine nicht-proteinogene Sulfonsäure. Die Synthese erfolgt bedarfsdeckend (Ausnahme: Säuglinge, s. u.) in Leber und Gehirn unter Beteiligung von Pyridoxin. Im Körper sind 12 bis 18 g T. gespeichert. Die Zufuhr mit gemischter Kost beträgt mindestens 200 mg / d (bis zu 400 mg / d), wobei Fisch und Fleisch die besten Lieferanten sind. Muttermilch enthält zehnmal mehr T. als Kuhmilch. Designer-Energy-Drinks werden bis zu 400 mg T. / 100 ml als sog. ergogener Wirkstoff zugesetzt. Die Ausscheidung erfolgt im Urin.
Funktionen: Als Bestandteil der Taurocholsäure (Gallensäure) ist T. an der Resorption fettlöslicher Nahrungsinhaltsstoffe beteiligt. Darüber hinaus wird ihm eine Funktion bei der Entwicklung des Nervensystems zugeschrieben. In physiologischen Konzentrationen reguliert es den Calcium-Einstrom in die Herzmuskelzellen und schützt so vor Myokardläsionen. T. ist an der Modulation der Apoptose verschiedener Zellarten beteiligt. Ob das Dipeptid Glutaurin (bestehend aus Glutamin und T.) als Neurotransmitter die Reizleitung beeinflusst, ist nicht ausreichend untersucht. Auch sind keine gut kontrollierten Studien bekannt, die eine positive Wirkung von T.-Supplementen auf die sportliche Leistung oder das Konzentrationsvermögen zeigen.
Die Essenzialität des T. für Frühgeborene und Säuglinge ist umstritten. Offensichtlich ist, wie erniedrigte Konzentrationen im Plasma und Muskelgewebe signalisieren, die Eigensynthese aus schwefelhaltigen Aminosäuren, insbesondere unter parenteraler Ernährung, bei Lungeninfektionen und Niereninsuffizienz nicht bedarfsdeckend. Aus diesem Grund sind die meisten Frühgeborenen- und Säuglingsmilchnahrungen sowie die für die parenterale Ernährung im Säuglingsalter konzipierten Aminosäurenlösungen heute mit Taurin angereichert.
Bei chronischer Niereninsuffizienz sind die intrazellulären Taurinkonzentrationen im Muskelgewebe erniedrigt. Die Supplementierung von Lösungen zur parenteralen Ernährung (1,5–2,5 g /d) führt zu einer Normalisierung erniedrigter T.-Plasmaspiegel (z. B. bei Trauma- oder Infektionspatienten, wobei auch der Einsatz synthetischen L-Alanyl-taurins diskutiert wird) und damit verbundener Störungen im Elektroretinogramm. Nach Ganzkörperbestrahlung wurde eine stark erhöhte Taurinausscheidung über den Urin mit genereller Taurinverarmung beobachtet [Desai TK et al., Am J Clin Nutr55 (1992) 708–711].
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