Lexikon der Geographie: Bewässerungswirtschaft
Bewässerungswirtschaft, auf der künstlichen Zufuhr von Wasser (Bewässerung) beruhende Wirtschaftsweise, die aufwändiger, aber auch flächenproduktiver als Landwirtschaft auf Regenbasis ist. Sie war und ist oft mit besonderen Agrarsozialstrukturen verbunden und von starker Prägekraft für das Erscheinungsbild der Agrarlandschaft. Historische Bewässerungskulturen waren wegen erheblicher technischer und organisatorischer Schwierigkeiten nur in straff organisierten Gemeinwesen möglich. Der Zerfall solcher gefestigter Strukturen führte meist auch zum Verfall der Bewässerungskulturen.
Künstliche Bewässerung ist in nahezu allen Klimazonen der Ökumene anzutreffen. Hauptgebiet der Bewässerungswirtschaft sind die Subtropen, wo Wasser der Minimumfaktor ist. Auf diese Trockenräume entfallen zwei Drittel der globalen Bewässerungsflächen. Die größten Bewässerungsflächen der Erde (62 %) liegen in Asien, vornehmlich am Huanghe, Jangtsekiang und Hsikiang in China, ferner in der Ganges- und der Industiefebene in Pakistan und Indien. Außerhalb Asiens sind bedeutend Mexiko, Ägypten, Brasilien, Sudan und der Mittelmeerraum. Weniger als 10% der Weltanbaufläche sind vollständig auf Bewässerung angewiesen, insgesamt könnte man schätzungsweise nicht mehr als 20% bewässern. Nach Angaben der FAO sind ca. 500 Mio. ha auf der Erde bewässerungswürdig, ca. 255 Mio. ha (ca. 1/6 der Weltackerfläche) werden bereits bewässert. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen große Unterschiede beim Anteil der bewässerten Fläche an der landwirtschaftlichen Nutzfläche (Pakistan 76%, Israel 63%, China 46%, Indonesien 36%, Indien 25%, USA 10%, Australien 4%). Die Verluste an Bewässerungsflächen (Absinken des Grundwasserspiegels, Umleitung des Wassers in Städte) übersteigen gegenwärtig die Flächengewinne durch neue Projekte. Ein Drittel der weltweit produzierten Nahrungsmittel stammt aus der Bewässerungslandwirtschaft, obwohl der Anteil an der bewässerten Fläche an der gesamtwirtschaftlichen Nutzfläche nur bei ca. 16 % liegt. In Deutschland wird Bewässerung in Gebieten intensiver landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Nutzung mit geringem jährlichen Niederschlag, insbesondere von weniger als 700 mm, betrieben oder in den Alpen als Wiesenbewässerung. In den alten Bundesländern wird die Bewässerungsfläche auf etwa 350.000 ha, das sind 2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, geschätzt.
Man unterscheidet zwei Grundformen der Bewässerung: a) unkontrollierte Wasserzufuhr (Nassfeldbau) und b) kontrollierte Wasserzufuhr (künstliche Bewässerung), wobei man verschiedene Bewässerungsverfahren ( Abb. 1), die große Differenzen im Hinblick auf Effizienz, Wasserverbrauch, Kosten und Betriebsaufwand aufweisen, unterscheidet. In Entwicklungsländern werden aus Kostengründen meist offene Schwerkraftsysteme (Hebebewässerung, d.h. Niveauunterschiede werden durch Pumpen, Schöpfräder usw. überwunden) angelegt. Diese sind zwar einfach zu implementieren, bringen jedoch Probleme bei Betrieb und Unterhalt mit sich und führen zu erheblichen Wasserverlusten. Für bedeutende Bewässerungsländer wie Indien, Iran, und Pakistan, in denen die Bewässerungslandwirtschaft über 90% des Wasserverbrauchs beansprucht, wird geschätzt, dass nur 40% des abgeleiteten Wassers tatsächlich die Felder erreicht. Die Abbildungen 2, 3, 4, 5, 6 und 7 zeigen verschiedenen Formen der Bewässerung.
KB
Bewässerungswirtschaft 1: Bewässerungswirtschaft 1: Bewässerungsverfahren.
Bewässerungswirtschaft 2: Bewässerungswirtschaft 2: Traditionell bewirtschaftete Quelloase in Timimoun, Algerien.
Bewässerungswirtschaft 3: Bewässerungswirtschaft 3: Vielfältig bewirtschaftete Flussoase Urmetan am Syrdarja, Tadschikistan.
Bewässerungswirtschaft 4: Bewässerungswirtschaft 4: Traditionelle Verteilung durch einen "Wasserkamm" in Timimoun, Algerien.
Bewässerungswirtschaft 5: Bewässerungswirtschaft 5: Fernleitung für die Bewässerung des Ararat-Tales in Armenien.
Bewässerungswirtschaft 6: Bewässerungswirtschaft 6: Sprinklerbewässerung für Obstkulturen in Joaquin Valley, Kalifornien.
Bewässerungswirtschaft 7: Bewässerungswirtschaft 7: Weinbau mithilfe von Tröpfchenbewässerung im Elqui-Tal, Nordchile.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.