Lexikon der Geographie: geographische Verbände
geographische Verbände, deutschsprachige Geographen sind je nach ihren beruflichen Interessen in verschiedenen Verbänden organisiert. Zu den wichtigsten zählen:
a) Deutscher Verband für Angewandte Geographie e.V. (DVAG). Er vertritt die Interessen der Angewandten Geographie. Die ca. 1500 Mitglieder (Stand 2001) des DVAG sind überwiegend in der Wirtschaft, in Planungs- und Consultingbüros, in der öffentlichen Verwaltung, in Forschungsinstitutionen und Kammern oder freiberuflich erwerbstätig; der DVAG nimmt auch Studierende als Mitglieder auf. Er wurde 1950 als "Verband Deutscher Berufsgeographen e.V." gegründet und im Jahre 1979 in seine heutige Bezeichnung umbenannt. Der DVAG ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Geographie (s.u.). Der DVAG hat bundesweit regionale DVAG-Foren sowie DVAG-Arbeitskreise zu unterschiedlichen Themenfeldern. Der "STANDORT – Zeitschrift für Angewandte Geographie" erscheint seit 1977. Die Schriftenreihe "Material zur Angewandten Geographie" (MAG) dokumentiert aktuelle Themen und Fachtagungen des DVAG. Der DVAG führt regelmäßig Fachtagungen, Workshops und Fortbildungsveranstaltungen durch, engagiert sich in berufsständischen Fragen, äußert sich in fachlichen Stellungnahmen zu raumbedeutsamen Vorhaben und Gesetzesentwürfen und trägt durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Profilierung der Angewandten Geographie und der Geographinnen und Geographen bei.
b) Zentralverband der Deutschen Geographen, fungierte 1951-1995 als Dachverband der (west)deutschen Geographie. Nachdem H. Louis auf dem Münchener Geographentag 1948 mit der Ausarbeitung einer Satzung beauftragt worden war, konnte auf dem 28. Deutschen Geographentag in Frankfurt/M. am 16. Mai 1951 der Zentralverband der Deutschen Geographen gegründet werden. Dem Dachverband traten als Gründungsmitglieder der Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie, der Verband Deutscher Schulgeographen, der Verband Deutscher Berufsgeographen (heute Deutscher Verband für Angewandte Geographie) und die Geographischen Gesellschaften als korporative Mitglieder bei (s.u.). Erster Vorsitzender wurde Herbert Lehmann. Zu den Aufgaben des Zentralverbandes gehörten neben einer Vertretung der Geographie nach innen und außen insbesondere die Ausrichtung der Deutschen Geographentage und die Vertretung in der Internationalen Geographischen Union. Nach den Umwälzungen im Gefolge des Kieler Geographentages (1969) kamen mit dem Verband Deutscher Hochschulgeographen und dem Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik zwei weitere Mitglieder hinzu. Die Reformbestrebungen zur Umbildung des Zentralverbandes in einen Einheitsverband der deutschen Geographie scheiterten endgültig auf dem Innsbrucker Geographentag 1975. Erst mit der Vereinigung der beiden Hochschulgeographenverbände zum Verband der Geographen an Deutschen Hochschulen (1991) und der Integration der DDR-Geographen wurde der Reformprozess wieder in Gang gesetzt; dies führte schließlich 1995 zur Überführung des Zentralverbandes der Deutschen Geographen in die Deutsche Gesellschaft für Geographie (s.u.).
c) Deutsche Gesellschaft für Geographie e.V. (DGfG). Die DGfG wurde im Jahre 1995 gegründet und ist als Nachfolgeorganisation des Zentralverbandes der Deutschen Geographen (s.o.) die Dachorganisation der geographischen Fachverbände. Dazu zählen der Verband der Geographen an Deutschen Hochschulen (VGDH), der Deutsche Verband für Angewandte Geographie (DVAG), der Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik (HGD), der Verband Deutscher Schulgeographen (VDSG) sowie 24 Geographische Gesellschaften (GEGES). Alle Teilverbände zusammen haben rd. 25.000 Mitgliedern. Die bisherigen Präsidenten der DGFG waren Günter Heinritz (1995-1997, München), Hans H. Blotevogel (1997-1999, Duisburg) und Manfred Meurer (1999-2001, Karlsruhe). Die DGfG veranstaltet zusammen mit dem jeweiligen Ortsausschuss die alle zwei Jahre stattfindenden Deutschen Geographentage, die mit den Schulgeographentagen alternieren. Zu den Zielen der DGfG gehören die Vertretung der Interessen von Geographinnen und Geographen an Schulen, Hochschulen und in der Praxis. Sie setzt sich dafür ein, die Bedeutung der Geographie als Schulfach, Fachdisziplin und praxisnaher Disziplin in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Zugleich informiert sie über den aktuellen Forschungsstand und zeigt neue geographische Forschungsfelder auf. Im Rahmen ihrer Medienarbeit verweist sie auf Synergien zwischen den Fachverbänden und präsentiert diese der interessierten Fachöffentlichkeit. Von zentraler Relevanz ist dabei zugleich der effiziente und rasche Transfer geographischen Wissens und neuer innovativer Ansätze in Forschung und Praxis.
d) Geographische Gesellschaft der DDR als wissenschaftliche Gesellschaft der Geographen in der DDR 1953-1990. Nach Vorarbeiten eines Initiativkomitees wurde am 26. September 1953 in Leipzig die Geographische Gesellschaft in der DDR gegründet. Der Vorsitzende des ersten Vorstandes war Neef. Organisatorisch unterstand die Geographische Gesellschaft der DDR dem Staatssekretariat (später Ministerium) für Hoch- und Fachschulwesen der DDR. Die Verbandsarbeit vollzog sich im ersten Jahrzehnt v.a. in den lokalen Ortssektionen. Hier dominierten die zahlreichen populär-geographischen Vortragsveranstaltungen, Exkursionen und Lehrerweiterbildungen. In den 1960er-Jahren verlagerte sich die inhaltliche Arbeit auf die fünf Fachsektionen für Physische Geographie, Ökonomische Geographie, Schulgeographie, Kartographie und Berufsgeographie. Nach außen wirkte die Geographische Gesellschaft der DDR mit ihren Geographenkongressen (1954-1989), Fachtagungen, Weiterbildungen, Exkursionen und v.a. durch ihre Publikationen (Geographische Berichte, Petermanns Geographische Mitteilungen, Wissenschaftliche Abhandlungen der Geographischen Gesellschaft der DDR u.a.). Nach der III. DDR-Hochschul- und Akademiereform unterstand sie ab 1968 der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (später Akademie der Wissenschaften der DDR) und war eingebunden in das sozialistische Wissenschaftssystem. Auf der letzten Mitgliederversammlung in Wolmirstedt wurde am 16. Oktober 1990 eine Umbenennung in Geographische Gesellschaft e.V. und die Auflösung der Geographischen Gesellschaft der DDR zum 30. September 1991 beschlossen. Die Mitglieder wurden aufgefordert, den bestehenden Verbänden der Bundesrepublik beizutreten. In Halle und Leipzig wurde mit der Wiedergründung von Geographischen Gesellschaften an alte Traditionen angeknüpft.
e) Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie war 1925-1991 Fachverband der deutschen Hochschulgeographen. Der Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie wurde am 1. Juni 1925 auf dem 21. Deutschen Geographentag in Breslau, insbesondere auf Anregung Philippsons hin gegründet. Im ersten Vorstand waren neben dem Vorsitzenden Philippson, u.a. Behrmann, Obst und Sölch vertreten. In den Jahren bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung engagierte sich der Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie v.a. für eine Verbesserung der Lehrpläne und für eine stärkere Berücksichtigung der Geographie an Schule und Hochschule, z.T. in Auseinandersetzung mit dem Verband Deutscher Schulgeographen. Die Beschlüsse des Bad Nauheimer Geographentages bedeuteten 1934 auch für den Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie eine weitgehende Gleichschaltung und Ideologisierung. Die Aktivitäten zwischen 1938 und Kriegsende sind jedoch verworren und bis heute nur schwer überblickbar. Nach dem II. Weltkrieg waren es v.a. Credner, Louis und Troll, welche die Verbandsarbeit neu organisierten. Ein erster großer Erfolg war das Treffen der Hochschullehrer der Geographie im August 1947 in Bonn. Auf dem Münchener Geographentag 1948 wurde ein erster Vorstand mit Herbert Louis an der Spitze gewählt. Seit 1951 nahm der Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie eine Führungsposition im neugegründeten Zentralverband der Deutschen Geographen (s.o.) ein. Wichtige fachpolitische Entscheidungen, wie die Wahl der Gutachter für die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Vertreter für das Nationalkomitee der Internationalen Geographischen Union wurden aus dem Verband Deutscher Hochschullehrer der Geographie heraus bestimmt. Die für eine Mitgliedschaft geforderte Habilitation führte ab Ende der 1960er-Jahre zu Diskussionen mit den Teilverbänden des Zentralverbandes. 1991 vereinigte er sich mit dem Verband Deutscher Hochschulgeographen zum Verband der Geographen an Deutschen Hochschulen (VGDH) und ist seit 1995 Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Geographie (s.o.). Der VGDH hat rd. 810 Mitglieder (2001) und gibt sechsmal jährlich den "Rundbrief" heraus, dessen Redaktion beim Institut für Länderkunde (Leipzig) liegt.
f) Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik (HGD). Sein Ziel besteht darin, die Weiterentwicklung der Geographiedidaktik in Forschung und Lehre zu fördern. Die rund 260 Mitglieder (Stand 2001) sind zu etwa 60% an der Hochschule und zu etwa 40% in der Referendarsausbildung oder an Schulen tätig. Der HGD wurde 1971 gegründet. Er ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Geographie (s.o.) und in der Gesellschaft für Fachdidaktik. Regionalbeauftragte des HGD gibt es in allen Bundesländern. Seit seiner Gründung gibt der HGD viermal im Jahr seine Mitgliederzeitschrift "Geographie und ihre Didaktik" (GuiD) heraus. In der Schriftenreihe "Geographiedidaktische Forschungen", die 1977 gegründet wurde, und bis heute (Stand 2001) 33 Bände umfasst, erscheinen jährlich 1-2 Bände. Der HGD veranstaltet seit 1976 im zweijährigen Rhythmus Symposien zu ausgewählten Themen. Seit dem Jahr 2000 sind workshops hinzugekommen.
g) Verband deutscher Schulgeographen (VDSG) als gemeinnütziger Verband für geographische Bildung und Umwelterziehung, zugleich Fach- und Interessenvertretung der Geographielehrer aller Schulformen und Bildungsbereiche. Der VDSG setzt sich für die Belange geographischen Unterrichtes und dessen wissenschaftliche und didaktische Voraussetzungen gegenüber Behörden und Institutionen ein. Der über 5000 Mitglieder zählende VDSG besteht aus 16 Landesverbänden, die z.T. auch in Bezirks- und Ortsgruppen untergliedert sind. Die Vorsitzenden der Landesverbände bilden zusammen mit dem Geschäftsführenden Vorstand den Gesamtvorstand. Der VDSG gehört als Teilverband der Deutschen Gesellschaft für Geographie e.V. (s.o.) an. Zudem ist er Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft europäischer Geographielehrerverbände. Als ältester deutscher pädagogischer Fachverband wurde der VDSG 1912 von Haack in Gotha gegründet. Nach Auflösung durch die Nationalsozialisten erfolgte 1949 im Geltungsbereich des Grundgesetzes eine Wiedergründung; in der DDR bestand bis 1990 die ,Sektion Schulgeographie' der Geographischen Gesellschaft der DDR (s.o.). Im Zuge der deutschen Vereinigung traten die neu konstituierten fünf Landesverbände dem VDSG bei. In Folge der föderalistischen Struktur des deutschen Bildungswesens verlagerten sich die Schwerpunkte der Verbandsarbeit vom Gesamtverband auf die Landesverbände. Das erfordert verstärkte Koordination. Der VDSG hat Fach- und Arbeitsgruppen eingerichtet, veranstaltet Exkursionen, Fortbildungstagungen und Kongresse. Der deutsche Schulgeographentag wird im zweijährigen Turnus durchgeführt, daneben gibt es Landesschulgeographentage. Neben Verlautbarungen aus besonderen Anlässen veröffentlichen der geschäftsführende Vorstand die Reihe "Schriften" und die Landesverbände "Mitteilungsblätter". Der VDSG fördert bzw. veranstaltet Wettbewerbe wie "Jugend forscht" und "Geographie Wissen" sowie Projekte fachdidaktischer Forschung und Entwicklung. Für besondere Verdienste im Sinne seiner Zielsetzungen verleiht der VDSG die Julius-Wagner-Medaille, die Willi-Walter-Plus-Medaille und die goldene Ehrennadel.
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