Lexikon der Geographie: Haushofer, Albrecht
Haushofer, Albrecht, deutscher Geograph und Schriftsteller, geb. 7.1.1903 München, gest. 23. 4. 1945 (ermordet) Berlin. Der Sohn von Karl Haushofer studierte Geschichte und Geographie in Graz und München. Hier promovierte er 1924 mit der Arbeit "Pass-Staaten in den Alpen" bei Drygalski. Seit 1925 war er Privatsekretär seines Vaters bei der Deutschen Akademie, arbeitete gleichzeitig als Assistent bei Penck in Berlin und führte 1926/27 geologisch-geomorphologische Untersuchungen in Ungarn durch, die Grundlage für eine Arbeit über den ungarischen Kulturboden sein sollten. Zusammen mit Penck besuchte er 1927 Kongresse in den USA und der UDSSR; weitere Reisen führten ihn in den folgenden Jahren durch Deutschland und nach Südeuropa. Von 1929-1941 war er Generalsekretär der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin und bereits seit 1928 verantwortlicher Herausgeber der Zeitschrift dieser Gesellschaft. Von 1931-1939 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die "Zeitschrift für Geopolitik". 1931 reichte Haushofer seine Habilitationsschrift "Kulturboden in Ungarn" ein, zog diese aber wieder zurück. 1933 traf auf Haushofer, der einen jüdischen Großvater hatte, das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" zu, nach dem u.a. "Nicht-Ariern" die Ausübung von Berufen im Staatsdienst untersagt wurde. Der "Stellvertreter des Führers" Rudolf Hess, der bei Karl Haushofer, studiert hatte, war mit der Familie Haushofers befreundet und bewahrte sie zunächst vor der rassenpolitischen Verfolgung. Auf seine Vermittlung bekam Haushofer 1933 ohne Habilitation eine Dozentenstelle an der Berliner Hochschule für Politik und mit deren Eingliederung in die Universität Berlin als Auslandswissenschaftliche Fakultät 1940 die Ernennung zum a. o. Professor für "Politische Geographie und Geopolitik". Durch Hess waren auch zahlreiche Beziehungen zum Kreis führender NS-Funktionäre entstanden. Außenminister Joachim von Ribbentrop und Hitler zogen ihn immer wieder zu außenpolitischen Beratungen hinzu. 1934-1938 war er Berater der "Dienststelle Ribbentrop" und reiste allein 14 Mal nach England; 1935 nahm er an deutsch-britischen Verhandlungen in Berlin teil und 1936 sollte er im geheimen Auftrag von Hitler mit der tschechischen Führung die Voraussetzungen eines Nichtangriffspaktes klären. 1937 führte ihn eine politische Sondierungsreise nach Japan über die USA und zurück über China. 1938 fungierte er als Sachverständiger beim Münchener Abkommen. Doch Haushofer, persönlich von der rassistischen NS-Politik betroffen und die Wiederherstellung der Monarchie befürwortend, war mit der deutschen Politik zunehmend nicht mehr einverstanden. Seit ca. 1938 hatte er immer häufiger Kontakt mit dem Personenkreis, aus dem sich Widerstand gegen das Regime bildete. Aufgrund seiner engen Kontakte zu R. Hess wurde Haushofer 1941 nach dessen Flug nach Großbritannien fast zwei Monate in "Ehrenhaft" gehalten, verhört und anschließend von allen politischen Funktionen ausgeschlossen sowie als politisch Unzuverlässiger überwacht. Wegen seiner Verbindungen zum Widerstand wie dem "Kreisauer Kreis" tauchte Haushofer nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 unter, wurde jedoch Ende des Jahres von der Gestapo verhaftet und nach Berlin Moabit in das Gefängnis an der Lehrter Str. gebracht. Kurz vor Kriegsende erschoss ihn die SS am 23.4.1945 zusammen mit anderen politischen Gefangenen. Haushofer versuchte die Geopolitik als eine neue, eigenständige wissenschaftliche Disziplin zu schaffen, um das Werk seines Vaters auf eine feste Grundlage zu stellen. Bei der Frage "nach den Wechselbeziehungen zwischen der räumlichen Umwelt des Menschen und seinen Politischen Lebensformen" (1951) setzte er, da es ihm um das Gemeinsame ging "Politische Wissenschaften" mit "Geopolitik" gleich. Haushofer verfasste auch Tragödien mit antiker Thematik, die in Berlin aufgeführt wurden und Gedichte. Die in der Haft entstandenen "Moabiter Sonette" sind als Zeugnis des Widerstands erhalten geblieben.
Werke (Auswahl): "Scipio, Sulla und Augustus", 1934-39; "Makedonen" 1941; "Chinesische Legende", 1943; "Moabiter Sonette", 1946; "Allgemeine politische Geographie und Geopolitik", posthum 1951.
AMe
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