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Lexikon der Geographie: Höhenstufen

Höhenstufen, vertikal in Gebirgen gestaffelte Naturräume, deren Inventar (Oberflächenformen und -prozesse, Pflanzen- und Tierwelt) sich höhenwärts mit abnehmenden Temperaturen (thermischer Höhengradient) sowie bewölkungs- und niederschlagsbedingt an Höhengrenzen ähnlich ändert wie die asymmetrische Abfolge der Landschaftsgürtel von der nordhemisphärischen Land- zur südhemisphärischen Wasserhalbkugel (hypsometrischer Formenwandel und planetarischer Formenwandel) mit Wechsel von zonalen zu hypsozonalen, d.h. alle Expositionen einer Höhenstufe dominierenden Vorkommen ( Abb. 1).
In den europäischen Alpen ( Abb. 2), als Typ eines humiden Hochgebirges mit Vergletscherung und Waldstufe sowie einer durch periphere Lage eiszeitlich verarmten Flora, ist eine Höhenstufenbenennung entwickelt worden, die zum überwiegenden Teil auch auf subtropische, tropische und australe Gebirge übertragen wird: kollin für die Fußstufe, submontan bis hochmontan (montan) oder oreal für die Gebirgswaldstufe, subalpin für die Auflösungszonen des Waldes gegen die Rasen- und Zwergsträucher der unteren alpinen Stufe (Zwergstrauchstufe) und der oberen alpinen Stufe (Mattenstufe), subnival für die in einzelne Horste und Polster aufgelöste Stufe mit freier Solifluktion und nival für die von der Schneedeckendauer abhängige Auflösungszone polsterdominierter Vegetation gegen frostwechselbewegten Schutt. Die Frostschuttstufe (Frostschuttzone) dieses humiden Hochgebirges ist wegen hohen Niederschlags vergletschert, weshalb die höchste Stufe gemeinhin glazial genannt wird. In ariden Gebirgen fehlt die Waldvegetation der Waldstufe und das Waldgrenz-Ökoton (Ökoton) zur Unterscheidung von montan und alpin. Die Untergrenze zweifelsfrei alpiner Pflanzenarten markiert hier den Übergang zur Montanstufe. Geschlossene Mattenvegetation, typisch für die alpine Stufe humider Hochgebirge, ist in trockenen Hochgebirgen auf fleckenweise azonal feuchtere Standorte beschränkt. Da Zwergsträucher sowohl in der Montan- als auch der alpinen Stufe vorherrschen, ist die Grenzziehung meist nur durch floristische Analysen möglich. Auch die dem Begriff nival anhaftende Assoziation des Schneeeinflusses ist für aride und innertropische Gebirge irreführend, da eine jahreszeitliche Schneedecke und ihr geomorphologischer und vegetationsökologischer Einfluss fehlen. Statt alpin wird für tropische Hochgebirge in Afrika afroalpin, für die südamerikanischen Anden auch andin verwendet, übergreifend tropi-alpin oder alto-tropisch, um die Nicht-Vergleichbarkeit thermischer Jahreszeiten mit winterlicher Vegetationsruhe und hygrischen Jahreszeiten mit trockenzeitlichem Nachtfrost ("Tageszeitenklima") herauszustreichen. In den tropischen Anden sind andere Bezeichnungen für thermische Höhenstufen gebräuchlich ( Abb. 3), im äthiopischen Hochland ist die malariaverseuchte Stufe unterhalb 1800 m (Kolla) vom Hauptsiedlungsraum Woina Dega (1800-2600 m) getrennt, darüber folgen Dega (2600-3600 m) und Werch (oberhalb 3600 m) jenseits der Höhengrenze des Anbaus.
Die Oberflächenformung durch Vergletscherung und in der Frostschuttstufe beruht auf weltweit identischen physikalischen Prozessen. Damit ist der Formenschatz der Gletscher- und frostwechselbedingten Höhenstufe identisch mit den Landschaftsgürteln der Arktis/Antarktis. Auch Permafrostvorkommen (Pingos in 34°N und Eiskeilnetze (Eiskeil) in 29°N) sind äquivalent. Lediglich die Oberflächenbeschaffenheit von Schnee und Eis zeigt strahlungsspezifische Unterschiede in trockenen subtropischen Hochgebirgen (Büßerschnee und Zackeneis bis 34°N).
Die Gletscherhöhenstufe wird in kältesten Hochlagen (Mt. Everest, Himalaja; Vinsonmassiv, Antarktika) von einer Stufe überragt, in der es für Temperaturmetamorphose von Schnee zu Eis zu kalt ist. Hier herrscht Temperaturverwitterung im Negativbereich. Nach unten dient die klimatische Schneegrenze als arithmetisches Mittel der Gleichgewichtslinien von Gletschernährgebiet und -zehrgebiet aller Gebirgsflanken zur Abgrenzung. Sie liegt in niederschlagsreichen Hochgebirgen tief (Europäische Alpen 2500-3200 m) und am höchsten in trockenen subtropischen Gebirgen (Westtibet: 6200 m, Llullaillaco 6700 m).
Die Frostschuttstufe ist diejenige Höhenstufe, in der Lockergestein durch die Volumenveränderung des Wassers zwischen Tauen und Gefrieren bewegt wird. Da es sowohl Höhenlagen gibt, in denen Wasser nicht gefriert, als auch solche, in denen das Gestein gefroren bleibt, hat die Frostschuttstufe eine Unter- und eine Obergrenze. Wenn Gestein nicht taut, sondern gefroren bleibt, kann es nicht durch Frostwechsel bewegt werden. Da höhenwärts die Zahl der Tage mit hohen Temperaturen abnimmt, wird die Häufigkeit und Tiefe des Tauens von gefrorenem Untergrund immer geringer. Die Intensität der Frostbodenbewegung hängt also gegen die Obergrenze hin nicht vom Eindringen des Frosts in ungefrorenes Substrat ab, sondern von der Tiefe und Häufigkeit des Tauens im Permafrost. Frostwechselformen sollten also von einer Stufe größter Häufigkeit und Eindringtiefe ("Strukturbodenoptimalausbildungszone") nach oben und unten abnehmen. Da die Obergrenze vom einstrahlungsbedingten Auftauen abhängig ist, sollte die Obergrenze expositionsabhängig sein (Schatthang tiefer als Sonnenhang). Die Frostschuttstufe ist als symmetrischer Keil vorstellbar: Größte Formungsintensität in der Optimalausbildungszone und abnehmende Intensität nach oben und unten. In voller Breite ist sie nur in sehr hohen Gebirgen (Anden, Himalaja) mit schütterer Vegetation und geringer Gletscherbedeckung ausgebildet. In den europäischen Alpen ist die Untergrenze der Wirksamkeit von Frostbodenbewegung durch die Durchwurzelung und das Mikroklima der Waldvegetation überdeckt und sind durch Schneeniederschlag die hochgelegenen Bereiche der Frostschuttstufe gletscherbedeckt. Die Untergrenze der Frostschuttstufe liegt in Meereshöhen, in denen ungefrorenes Substrat so häufig frostwechselbewegt wird, dass Strukturböden oder Steinstreifen (Strukturbodenuntergrenze) entstehen oder Zwergsträucher durch amorphe Solifluktion an Wurzel und Spross hangabwärts gedrückt werden (Solifluktionsuntergrenze). Dichte Baum- und Strauchvegetation unterdrückt Frostbodenbewegung, im Offenwald reichen Frostbodenformen unter die obere Waldgrenze: In trockenen Hochgebirgen ist die Frostbodenbewegung nicht durch dichtwurzelnde Vegetation unterbunden, die Solifluktionsuntergrenze reicht also in ariden Hochgebirgen tiefer als in humiden; sie verläuft gegen- und nicht gleichsinnig zur oberen Waldgrenze. Da Nachtfrost für die Bodenbewegung an der Solifluktionsuntergrenze maßgeblich ist, sollte die Untergrenze nicht strahlungsexpositionsabhängig sein. Die Frostschuttstufe zeichnet sich durch weichwellige Geländeformen aus, sie entsprechen am wenigsten der Hochgebirgs-Vorstellung von "steil und zerklüftet".
Im Unterschied dazu führt Schneeformung (Nivation) in derselben Höhenstufe zur Ausbildung von Nischen, scharfen Graten und Kerben, durch die am Schneefleck durch Schmelzwasser höhere Frostsprengung herrscht und der Abtransport des Frostschutts in Durchtränkungsfließungen oder in Kerbtälchen vonstatten geht. Der Klimabereich der nivalen Formung entspricht dem Temperaturbereich des diskontinuierlichen und kontinuierlichen Permafrosts (-1° bis -2° Jahresmitteltemperatur), ist aber feuchter (Jahresniederschlagssummen von mehr als 1000 mm) bzw. hat Monatssummen von mehr als 80 mm und Temperaturen tiefer als 4° in der Ablationsperiode (Mai-Oktober). In europäischen Gebirgen liegt die Untergrenze nivaler Formung ca. 400 m unter der klimatischen Schneegrenze.
Die oberste Höhenstufe, in der Lebewesen vorkommen, findet sich am Mt. Everest: In der sog. äolischen Stufe leben Wirbellose (Spinnen bis 6700 m, Springschwänze über 7000 m) vom windverfrachteten Detritus. Hochgebirgsfauna.
Hochalpine Pflanzenarten reichen aus der Mattenstufe in die Frostschuttstufe und in humiden Hochgebirgen auf schneefreien Fels- und Schuttflächen bis über die Schneegrenze. Kriechpolster, Rosetten mit schuttbewegt verlängerten Sprossen, Gräser, Krusten- und Nabelflechten sowie Laubmoose herrschen vor. Höchste Pflanzenfunde: Saussura gnaphalodes in 6400 m. Krustenflechten findet man noch in 7400 m am Mt. Everest. In den europäischen Alpen wachsen Gletscherhahnenfuß und Alpenmannsschild am höchsten: bis ca. 4200 m. Die alpine Stufe wird in humiden Hochgebirgen von geschlossener Vegetation besiedelt, meist aus Rasen- und Polsterpflanzen sowie Zwergsträuchern. Moose und Flechten besetzen zu kühle, windoffene oder lange schneebedeckte Standorte. Die alpinen Pflanzenarten reichen aus der Mattenstufe bis in die Frostschuttstufe hinein und in humiden Hochgebirgen bis auf schneefreie Fels- und Schuttflächen bis über die Schneegrenze. Die andine Stufe und die Alpinstufe der neuseeländischen Alpen verfügen über einen hohen Artenreichtum an Polsterpflanzen. Schopfbäume sind in der innertropischen Feuerklimax des Páramograslandes (Páramo) insofern spektakulär, als sie der mit abnehmender Temperatur einhergehenden Wuchshöhenreduktion und Konzentration auf die tagsüber wärmere bodennahe Luftschicht widersprechen. Wollkerzenpflanzen und solche mit ähnlich hohen kerzenähnlichen bis 1 m hohen Blütenständen sind in den Tropen und Randtropen zu finden (Lupinus in den Anden, Lobelia in den West Ghats und Bhutan, Argyroxiphion in Hawaii, Rheumnobile und Saussurea im Südost-Himalaya, Echium auf den Kanaren und in Äthiopien).
In humiden Hochgebirgen wird die Frostbodenbewegung durch die geschlossene Pflanzendecke gebunden oder zumindest gehemmt (Stufe der gebundenen/gehemmten Solifluktion). In trockenen Hochgebirgen ist geschlossene Mattenvegetation auf Wasserzufuhr beschränkt; die vorherrschend lückenhafte Vegetation ist durch Frostbodenbewegung geprägt. Der Wärmehaushalt und die Vegetationsverteilung in der Mattenstufe sind generell reliefuntergeordnet windabhängig: Luvlagen sind feucht-kühl, Leelagen warm-trocken. In winterschneereichen Jahreszeitenklimaten sub- und außertropischer Hochgebirge ist die gleichfalls reliefuntergeordnete windabhängige Schneedeckendauer bzw. Aperzeit entscheidend für das Vegetationsmosaik. In feuchtesten innertropischen Alpinstufen entscheidet die Staunässe über die Vegetationsverteilung.
Nur wenige Alpinstufen sind vom Menschen unbeeinflusst (japanische Alpen, Ruwenzori); durch gelegtes Feuer und Triftweide im Rahmen der Almwirtschaft sind meist der Gehölzbestand zurückgedrängt und die Waldgrenze zur Erweiterung von Hochweiden erniedrigt. In den europäischen Alpen sind gesteins- und damit zugleich bodenfeuchteabhängig vom Weidevieh gemiedene Sträucher dominant (Kalk: Kiefernsträucher, Kalk/Kristallin: Rhododendronsträucher, feuchtes Kristallin: Grünerlen).
Ähnlichkeiten in Artenbestand, Wuchsformendominanz und Vegetationsmosaik zwischen den aus Wärmemangel waldfreien Landschaftsgürteln hoher Breiten (Tundra und circumantarktische Inseln) und der Alpinstufe sind von der Gebirgsbildung und pleistozänen Klimageschichte (Auslöschung und verzögerte Rückwanderung aus Refugialgebieten) abhängig: Größere Übereinstimmungen im Artenbestand zwischen Tundra und Alpinstufe sibirischer Gebirge ("Gebirgstundra") oder der europäischen Alpen oder des Himalaja dürfen über Unterschiede durch erheblich abweichende Einstrahlungs- und Niederschlagsverhältnisse nicht hinwegtäuschen.
Die montane Stufe feuchter und durch pleistozäne Artenauslöschung verarmter Gebirge ist durch Dominanz jeweils einer Baumart in Höhenstufen weiter differenzierbar. In artenreichen Gebirgswäldern, etwa der bolivianischen Ostkordillere mit 2000-3000 Baumarten, fehlen Schwellen von gruppenweisen Höhengrenzen. Feuchte subtropische und tropische Gebirge allerdings sind durch Höhenstufen-Abfolgen dominanter Epiphyten differenzierbar. Epiphytenreiche Nebelwälder sind typisch für feucht-tropische und für immerfeuchte und sommerfeuchte subtropische Gebirge. Feuchteste, kühle aber frostfreie Gebirgswälder haben den größten Artenreichtum an Lebermoosen, Haut- und Baumfarnen ("Baumfarnklima"). Für hochmontante feuchte Wälder der Subtropen und Tropen ist Bambusunterwuchs typisch, der in den japanischen Alpen auch im Waldgrenzökoton dichte Bestände bildet. Gebirgswälder sind generell wegen größeren Lichteinfalls am Hang und häufigeren Umstürzens von Bäumen oder Rutschungen lichter und heterogener geschichtet. In winterschneereichen Gebirgen kommt es durch Schneekriechen zur Stammdeformation (Säbelwuchs); außerdem zerschlitzen Schneelawinen den Waldgürtel in Tiefenlinien.

GM, MM

Lit: [1] ELLENBERG, H. (1996): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. – Stuttgart. [2] MEURER, M. (1984): Höhenstufen von Klima und Vegetation. In: Geographische Rundschau, 36: 395-403. [3] MIEHE, G. (1991): Der Himalaya, eine multizonale Gebirgsregion. In: H. Walter & S.-W. Breckle: Ökologie der Erde. – Stuttgart.


Höhenstufen 1: Höhenstufen 1: Zonale und hypsozonale (etageale) Areale bzw. Arealteile von Pflanzenarten entlang eines Nord-Süd-Transekts durch Europa (Fichte (Piceaabies): zonales Areal in Nordeuropa, hypsozonal in Mittelgebirgen und den Alpen; Buche (Fagussylvatica): zonales Areal in Mitteleuropa, hypsozonal am Südrand der Alpen und im Appenin; Tanne (Abies alba): rein hypsozonales Areal; Efeu (Hedera helix): zonales Areal von Süd-Skandinavien bis Süd-Italien).

Höhenstufen 2: Höhenstufen 2: Höhenstufen in den Alpen.

Höhenstufen 3: Höhenstufen 3: Thermische Höhenstufen der Tropen.
  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Geogr. Christiane Martin (Leitung)
Dipl.-Geogr. Dorothee Bürkle
Dipl.-Geol. Manfred Eiblmaier

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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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