Lexikon der Geographie: Humboldt, Alexander
Humboldt, Alexander Freiherr von, deutscher Naturforscher, geb. 14.9.1769 Berlin, gest. 6.5.1859 Berlin; studierte Bergbau-Wissenschaften und Kameralistik in Frankfurt/Oder (1787/88), Göttingen (1789/90), Hamburg (1790/91) und in Freiberg/Sachsen (1791/92). Gemeinsam mit dem englischen Naturforscher und Ethnographen Georg Forster (1754-1794) bereiste er bereits 1790 Belgien, Holland, England und Frankreich. 1792 wurde er Bergassessor im preußischen Staatsdienst, übernahm 1793 das Amt des Oberbergmeisters in den zu Preußen gehörenden fränkischen Fürstentümern Ansbach und Bayreuth. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher und 1794 Bergrat. Sein Bruder Wilhelm von Humboldt, der spätere preußische Bildungsreformer und Gründer der Berliner Universität, führte ihn 1794 bei Goethe ein, mit dem Alexander von Humboldt sein Leben lang befreundet blieb und der seine Naturauffassung entscheidend geprägt hat. 1795 wurde er Oberbergrat und unternahm Reisen nach Italien, Frankreich und der Schweiz. Als Humboldt ein beträchtliches Vermögen erbte, schied er 1796 aus dem Staatsdienst aus, um sich, beeinflusst von Weimarer Klassik und Humanitätsideal, der wissenschaftlichen und technischen Vorbereitung einer großen Forschungsreise nach Südamerika widmen zu können. Nach einigen gescheiterten Versuchen gelang es ihm, vom spanischen König die Erlaubnis für eine Reise in die amerikanischen Kolonien zu erhalten. Mit dem französischen Mediziner und Botaniker Alexandre Aimé Goujaud Bonpland (1773-1858) reiste er 1799 von Spanien aus über die Kanaren nach Südamerika. Fünf Jahre forschten sie in den Gebieten der heutigen Staaten Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru und Mexiko. Mithilfe verschiedener Messinstrumente untersuchte Humboldt zahlreiche Einzelphänomene und setzte in Verbindung mit seinen exakten Beobachtungen Maßstäbe für die zeitgenössischen Naturwissenschaften, die ihre Gültigkeit bis heute haben. Über Kuba und die USA kehrten sie 1804 zurück. Bis 1827 lebte er vorwiegend in Paris, wo er wesentliche Teile des umfangreichen südamerikanischen Materials ausarbeitete und zu seinem großen Reisewerk "Voyage aux régions équinoxales du Nouveau Continent" zusammenfasste. Darin schuf er u.a. Grundlagen und Anregungen für die spätere Pflanzengeographie. In diesem Zusammenhang entstand auch eine bedeutende Staatenkunde von Mexiko. Seine Arbeiten wurden jedoch immer wieder durch diplomatische Aufträge unterbrochen. Ende des Jahres 1805 kam er nach neunjähriger Abwesenheit vorübergehend nach Berlin, wo er im gleichen Jahr zum Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Als die Verbündeten 1814 Paris besetzten, diente Humboldt dem preußischen König als Berater in Fragen der Kulturpolitik. 1817 begleitete Humboldt gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm III. nach London und 1822 nach Verona. Als 1827 sein Vermögen für die Reisen und die Herausgabe der aufwändigen Reisewerke verbraucht war, ging er als Kammerherr König Friedrich III. nach Berlin zurück. Seitdem hielt er als Mitglied der Akademie Vorlesungen über "Physikalische Geographie" an der Universität Berlin, die wegen des großen Interesses verkürzt im größten Saal der Stadt, der "Singakademie", wiederholt wurden. Aus diesen, auch "Kosmosvorlesungen" genannten Vorträgen, ging sein Alterswerk "Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung" (1845-1862) hervor, das u.a. kritische Auseinandersetzungen mit Hegels Naturphilosophie enthält. 1829 brach er zusammen mit dem Berliner Mineralogen Gustav Rose (1798-1873) und dem Mediziner, Zoologen und Botaniker Christian Gottfried Ehrenberg (1795-1876) zu einer neunmonatigen Expedition über das Baltikum, Moskau, den Ural nach Zentralasien bis zur chinesischen Grenze auf. Von 1832-1839 begleitete er regelmäßig den preußischen König Friedrich Wilhelm III. auf Reisen und war bis 1847 häufig in diplomatischer Mission unterwegs gewesen. Ende 1840 wurde Humboldt Mitglied des preußischen Staatsrates und 1842 erster Kanzler der von Friedrich Wilhelm IV. gestifteten Friedensklasse des Ordens "Pour le mérite".
Humboldt war ein bemerkenswert weitläufig gebildeter Gelehrter und kritischer Intellektueller, der mit seinen Kontakten und Wissensnetzwerken eine Tradition der französischen Aufklärung fortsetzte und es verstand, sein in der Wissenschaft erworbenes Renommee politisch und kulturpolitisch geltend zu machen.
Werke (Auswahl): "Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein", 1790; "Ansichten der Natur" 1808; "Voyage aux régions équinoxales du Nouveau Continent" fait en 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 et 1804 par Alexandre de Humboldt, 1805-34, 35 Bde.; "Versuch über den politischen Zustand des Königreiches Neu-Spanien", 1809-1814; "Asie Centrale", 1843; "Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung", Bd. 1 1847, Bd. 2 1847, Bd. 3 1850, Bd. 4 1858, Bd. 5 posthum 1862.
AMe/HB
Humboldt, Humboldt,Alexander Freiherr von
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