Lexikon der Geographie: Korallenriffe
Korallenriffe, feste Kalksteingebilde von vielen Kilometern Länge und Breite und Mächtigkeiten bis zu mehreren 100 m, vor allem in Senkungsgebieten in den oberen durchlichteten und sauerstoffreichen sowie warmen (mind. 18° C) Wasserschichten der Tropen und Subtropen, die von winzigen Polypen (Blumentieren) in großen Kolonien unter Mitwirkung der mit ihnen in Symbiose lebenden, lichtabhängigen blaugrünen Algen (Zooxanthellen) und mithilfe ihres carbonatischen Außenskelettes aufgebaut werden. Wegen der Bindung an warme und lichtreiche Oberflächengewässer und nährstoffliefernde Wasserbewegungen durch Wellen und Meeresströmungen finden sich Korallenriffe entlang von Küsten und um Inseln, d.h. in Flachwasserregionen. Aussüßung durch Flüsse oder starker Sedimenteintrag mit Suspension verhindern oder behindern das Wachstum von Korallenriffen. Nur bei Springtideniedrigwasser (Gezeiten) fallen die Riffoberflächen und die einzelnen Korallenstöcke trocken. Die lebenden Strukturen werden am Rande (bei Absenkung des Untergrundes oder steigendem Meeresspiegel auch oben) stetig überwachsen, sterben ab und verdichten sich infolge Eintrag von Partikeln und Brandungstrümmern, sodass das Korallenriff allmählich seine ursprüngliche hohlraumreiche Struktur verliert. Die Brandung bewirkt an einem Korallenriff zweierlei: zum einen garantiert sie ständigen Wasseraustausch zur Nährstoffversorgung der sessilen Organismen, weshalb die Korallenriffe gegen die Hauptbrandungsrichtung gewöhnlich deutlich besser und rascher wachsen, zum anderen kann bei besonders heftiger Brandung, wie sie in den Tropen und Subtropen durch Wirbelstürme gegeben ist, das Riff mechanisch beschädigt werden. Es vernarbt aber normalerweise an den so zerstörten Partien wieder. Infolge starker Brandung gelangt auch der abgebrochene und abgeriebene Riffschutt auf die hinteren leeseitigen Riffoberflächen bzw. in die Rifflagune, wo er das Korallenwachstum deutlich behindern oder gar ersticken kann.
Man unterscheidet Saumriffe, Barriereriffe und Atolle. Saumriffe sind die häufigste Form der Korallenriffe. Sie sind meist an der Küste (aus Festgestein, sedimentarm) angewachsen und begleiten diese auf längere Strecken. Zwischen der Riffkrone nahe der aktiven Brandungszone und dem Festland liegt gewöhnlich die sog. Rifflagune, eingetieft durch Prozesse der Bioerosion. Dadurch entsteht insgesamt eine wallartige Struktur, daher auch die Bezeichnung Wallriff. Barriereriffe ( Abb. 1) sind deutlich vom Festland abgesetzte (mehrere Kilometer bis über 100 km), aber noch küstenparallel liegende Riffe, die Erhebungen des mittleren oder äußeren Schelfes aufsitzen können. Sie bestehen gewöhnlich aus lang gestreckten, seltener auch flächenhaften Riffkörpern (Plattformriffe) mit schmalen Durchlässen zum Festland, die eine beträchtliche Tiefe aufweisen. Das größte Barriereriff der Erde liegt vor der Nordostküste Australiens (Queensland) mit über 2000 km Länge. Es ist zugleich die größte, von Organismen jemals geschaffene Struktur unserer Erde. Eine Sonderform des Korallenriffes sind die Atolle. Sie liegen meist weit vor der Küste isoliert auf Tiefseeerhebungen aufsitzend und sind mehr oder weniger ringförmige Gebilde von einigen Kilometern bis über 100 km Durchmesser mit einer deutlichen zentralen Vertiefung (Rifflagune) und einem oder mehreren schmalen Durchlässen geringerer Tiefe. Atolle entstehen gewöhnlich aus Saumriffen um ehemalige (meist vulkanische) Inseln, die bei steigendem Meeresspiegel oder absinkendem Untergrund ertrunken sind, während das Riffwachstum Anschluss an die Meeresoberfläche halten konnte ( Abb. 2). Daher können auch Riffmächtigkeiten von über 500 m vorkommen. Besondes zahlreich sind Atolle in der Südsee, weniger im Indischen Ozean, selten in der Karibik.
Nahezu alle Korallenriffe der Erde ( Abb. 3) sind in den letzten Jahren stark gefährdet durch Ausbleichung und Absterben, was einerseits auf zunehmende Wasserverschmutzung, Störung und Zerstörung durch Tourismus, Taucher, Bootsbetrieb, Ankern etc. zurückgeht, andererseits jedoch auch auf eine allmähliche Erwärmung, die regional (z.B. durch El Niño-Effekte) stark und damit letal ausfallen kann.
DK
Lit: [1] GUILCHER, A. (1988): Coral Reef Geomorphology. – Chichester (Wiley). [2] SCHUHMACHER, H. (1991): Korallenriffe. Ihre Verbreitung, Tierwelt und Ökologie. – München.
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