Lexikon der Geographie: Philipson
Philipson, Alfred , deutscher Geograph, geb. 1.1.1864 Bonn, gest. 28.3.1953 Bonn. Von 1882 studierte er Geographie, Geologie, Mineralogie und Nationalökonomie in Bonn und Leipzig. Dort wurde er bei Richthofen 1886 promoviert. Anschließend bereiste Philipson auf mehreren Reisen das griechische Festland. Ehe er sich 1891 in Bonn mit einer Arbeit über den Peloponnes habilitieren konnte, musste allerdings der Referent im preußischen Kultusministerium, Friedrich Theodor Althoff (1839-1908), eingreifen, denn bis dahin hatten mehrere Universitäten die Einleitung eines Habilitationsverfahrens mit formalrechtlichen, im Grunde aber antisemitischen Argumenten abgelehnt. Als Privatdozent sammelte Philipson auf weiteren ausgedehnten Forschungsreisen im Mittelmeerraum Material für seine Landeskunden über Griechenland und das westliche Kleinasien. Diese in ihrer Vollständigkeit und Vielseitigkeit einmaligen Darstellungen wurden für Historiker und Archäologen Grundlage und Vorbild eigener Arbeiten über die Entwicklung des Siedlungsbildes von der Antike bis zur Gegenwart. Einen zusammenfassenden Überblick gab Philipson in der 1904 erschienenen Monographie "Das Mittelmeergebiet", die bis 1922 vier Auflagen erlebte und eine weit über die Fachgrenzen hinausreichende, hohe Anerkennung erfuhr. Diese, wie auch seine Arbeiten über Russland und Europa gehören zu den Klassikern der Länderkunde in der deutschen Geographie. 1904 erhielt er einen Ruf auf das Ordinariat für Geographie an der Universität Bern, 1906 folgte er einem Ruf nach Halle und 1911 übernahm er den Lehrstuhl für Geographie in seiner Heimatstadt Bonn. Dort konnte er bei seiner Emeritierung 1929 auf eine weithin anerkannte Lehr- und Forschertätigkeit zurückblicken. Mit seinem Lehrer F. v. Richthofen gehört Philipson zu den Begründern der beziehungswissenschaftlichen Geomorphologie. Wegweisend für die Entwicklung der Physischen Geographie wurde sein zwischen 1921 und 1924 erschienenes dreiteiliges Lehrbuch "Grundzüge der Allgemeinen Geographie". Als sich Ende der 1920er-Jahre ein offener Disput um die wissenschaftliche Länderkunde entwickelte, wurde spätestens Anfang Mai 1933 offenkundig, dass es hierbei nicht nur um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung ging, da E. Banse bei der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin und beim Kultusministerium mit rassistisch antisemitischer Begründung gegen die Verleihung der "Goldenen Ferdinand-von-Richthofen-Medaille" an Philipson, "den Sohn eines Rabbiners" protestierte. 1942 wurde Philipson mit seiner zweiten Frau, der Geographin Dr. Margarete geb. Kirchberger und seiner Tochter Dora nach Theresienstadt deportiert. Auf Bitten von Kollegen und Verwandten Philipsons setzte sich der mit dem NS-Regime sympathisierende schwedische Asienforscher Sven Hedin (1865-1952) bei den deutschen Machthabern für seinen früheren Studienkollegen ein. Diese Interventionen führten zur Hafterleichterung der Familie, sodass sie letztlich überleben konnte. 1945 kehrte Philipson nach Bonn zurück, nahm die Arbeiten an seiner Landeskunde Griechenlands wieder auf und publizierte bereits 1947 eine Stadtgeographie von Bonn. Auch beteiligte er sich am Wiederaufbau des Lehrbetriebes der Universität Bonn. Philipson erhielt im Laufe seines Lebens viele Auszeichnungen. Er war Träger der silbernen Carl-Ritter-Medaille der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Mitglied der Leopoldina und des deutschen Archäologischen Instituts, Ehrenmitglied der Archäologischen Gesellschaft Athen, Ehrendoktor der Universitäten Athen und Bonn, Mitglied bzw. Ehrenmitglied zahlreicher deutscher und internationaler Geographischer Gesellschaften. 1952 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
Werke (Auswahl): "Studien über Wasserscheiden", 1886; "Der Peloponnes. Versuch einer Landeskunde auf geologischer Grundlage", 1892; "Das Mittelmeergebiet, seine geographische und kulturelle Eigenart", 1904; "Grundzüge der Allgemeinen Geographie", 1921f; "Das Byzantinische Reich als geographische Erscheinung", 1939; "Die Stadt Bonn, ihre Lage und räumliche Entwicklung", 1947; "Die Griechischen Landschaften", 1950f.
AMe/HB
Philipson Philipson, Alfred
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