Lexikon der Geographie: Verkehr
Verkehr, Mobilität von Personen und Gütern . Der sozioökonomische Entwicklungsstand eines Landes hängt eng mit dem Umfang des Verkehrs zusammen. Seinem gesamtwirtschaftlichen Nutzen (als Beitrag zum Bruttosozialprodukt) stehen die Umweltbelastungen des Verkehrs gegenüber, die sich in den externen Verkehrskosten niederschlagen. Für eine Entkoppelung von Verkehrswachstum und Wirtschaftsentwicklung gibt die Statistik bisher keine Hinweise (Transportelastizität). Die Entwicklung des Personenverkehrs und des Güterverkehrs in Deutschland seit 1960 zeigt für verschiedene Verkehrsträger unterschiedliche Tendenzen, wird jedoch maßgeblich durch die überproportionale Zunahme des Straßenverkehrs bestimmt ( Abb. 1. ). Gemessen an der Verkehrsleistung hat der motorisierte Individualverkehr von 1960 bis heute um das 3,9fache und der Straßengüterverkehr um das 6,4fache auf 82% des Personen- bzw. 70% des Güterverkehrs (1999) zugenommen. Im Luftverkehr hat sich das Passagieraufkommen in den letzten beiden Dekaden jeweils nahezu verdoppelt. Tief greifende Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft – nicht nur im Verkehr – haben die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien seit den 1980er-Jahren ausgelöst. Kommunikation ist seitdem weit mehr als ein Verkehrsvorgang von Nachrichten und Signalen. Mobiltelefonie, Telematik und das Internet als Wirtschaftsplattform und Informationsinstrument prägen das Bild der vernetzten "Informationsgesellschaft". Im Verkehrssektor bewirken Logistik-Anwendungen grundlegende Strukturwandlungen.
Neben allen positiven Effekten für die wirtschaftliche Entwicklung und die Entfaltungsmöglichkeiten der Individuen gehen vom Verkehrsgeschehen erhebliche Belastungen für Mensch und Umwelt aus. Der größte Teil der Umwelteffekte des motorisierten Verkehrs, d.h. der größte Teil der vom Verkehrsgeschehen ausgehenden Belastung für Mensch und Umwelt, resultiert aus den Transportaktivitäten selbst. Die Belastungswirkungen von Bau und Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur treten demgegenüber stark zurück. Bei den Umweltbelastungen des Verkehrs kann im Wesentlichen zwischen Schadstoffemissionen, Lärmemissionen und Flächenverbrauch unterschieden werden. Von den verkehrsbedingten Schadstoffeinträgen in die Umweltmedien Luft, Boden, und Wasser gehen von den Luftverunreinigungen die größten Beeinträchtigungen aus. So entfällt in Deutschland etwa je die Hälfte der in die Luft emittierten Kohlenmonoxide (CO) und der Stickstoffoxide (NO x) auf den Verkehr. Ein Fünftel des klimarelevanten Kohlendioxidausstoßes (CO 2) ist verkehrsbedingt. Die vor allem seit den 1980er-Jahren unternommenen Anstrengungen zur Reduzierung der Luftschadstoffemissionen durch technische Maßnahmen (Katalysator etc.) führten dazu, dass der absolute Betrag der Luftschadstoffemissionen inzwischen merklich verringert werden konnte ( Abb. 2 ). Wie die Zunahme der verkehrsbedingten CO 2-Emissionen zeigt, die mit dem Verkehrsenergiebedarf ansteigen und durch Katalysatoren nicht verhindert werden können, wird ein Teil der Schadstoffreduzierung aufgrund verbesserter Fahrzeugtechnik durch die steigende Verkehrsvolumina allerdings wieder kompensiert. Auch die vom Verkehrslärm ausgehende Belastung nimmt weiter zu. So fühlen sich zwei Drittel der Bundesbürger durch den Straßenverkehrslärm subjektiv belästigt. Lärmbedingte Erkrankungen (insbesondere Herzinfarkt) gehören zu den ungedeckten (externen) Kosten des Verkehrs.
Die Auswirkungen der Flächenbeanspruchung, der Versiegelung und Verdichtung von Böden sowie der Zerschneidung zusammenhängender Gebiete werden umgangssprachlich unter "Flächenverbrauch" zusammengefasst. So benötigt der motorisierte Individualverkehr bei gleicher Verkehrsleistung (Pkm) wie der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) fast das Zwanzigfache an Straßenfläche. Die Umweltschädigungen durch den Verkehr werden in der Regel nicht den Verursachern angelastet. In Geldeinheiten ausgedrückt stellen sie gesamtwirtschaftliche (soziale) Kosten des Verkehrs dar (externe Verkehrskosten). Deren weitgehende Internalisierung, d.h. Übertragung auf die Verursacher, wird als Hauptaufgabe einer umweltgerechten, am Grundsatz der Nachhaltigkeit orientierten Verkehrspolitik angesehen.
JD/AKa
Verkehr 1: Verkehr 1: Die Entwicklung des Personen- und Güterverkehrs in Deutschland seit 1960.
Verkehr 2: Verkehr 2: Veränderungen der Luftschadstoffemissionen in den Jahren 1975 bis 1997.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.