Lexikon der Geowissenschaften: Angiospermophytina
Angiospermophytina, Angiospermae, Bedecktsamer, Magnoliophytina, Unterabteilung der Spermatophyta und höchstentwickelte Plantae. Die Samenanlage ist in einen Fruchtknoten eingeschlossen, der sich nach der Befruchtung in eine Frucht umwandelt. Die Angiospermophytina werden in die monocotylen Liliopsida mit meist monosulcaten Pollen, die dicotylen Magnoliopsida mit monosulcaten Pollen und die dicotylen Rosopsida mit tricolpaten und höher entwickelten Pollen unterteilt. Die Angiospermophytina sind die dominierenden Pflanzen des Neophytikums mit rezent ca. 240.000, d.h. 75% aller Landpflanzenarten. Sie kommen vom Hauterive bis rezent vor. Unter den Landpflanzen erreichen die Bedecktsamer den höchsten Differenzierungsgrad vegetativer und generativer Organe und entwickelten die wirkungsvollsten Überlebens- und Verbreitungsstrategien. Damit haben sie gegenüber den Pteridophyta und gymnospermen Spermatophyta die besseren Voraussetzungen für eine effektivere Nutzung von Ressourcen an bestehenden Standorten und auch mehr Möglichkeiten gänzlich neue Lebensräume zu erschließen. Nach einer modifizierten Euantheridientheorie sind die Angiospermophytina aus noch blütenlosen Lyginopteridopsida (Cycadophytina) hervorgegangen. Die ursprünglichen Angiospermae waren niedrige, wenig verzweigte, immergrüne, holzige Bäumchen mit fiederadrigen Laubblättern. Mit fortschreitender und schließlich höchstgradiger Differenzierung des für die Gestaltung des Sproßwachstums verantwortlichen Scheitelmeristems wurde eine Vielzahl von Wuchs- und Lebensformen entwickelt, die alle anderen Spermatophyta an Mannigfaltigkeit und damit auch an Anpassungsfähigkeit gegenüber der Umwelt übertrafen. Umwandlungen der holzigen, monopodialen bis sympodialen, eustelaten oder ataktostelaten Sproßachsen führten zu stärker verzweigten immer- und sommergrünen Bäumen und Sträuchern, Lianen, Zwerg- und Halbsträuchern, Stauden und schließlich zu nicht mehr holzigen mehr- bis einjährigen Kräutern. Die Entwicklung von Tracheen und Siebröhren mit Geleitzellen steigerte die Leistungsfähigkeit des Leitbündel-Systems deutlich. Die Ausbildung radial gestreckter Markstrahlzellen, Bast- und Holzfasern und die zunehmende Trennung von Leit- und Festigungsgewebe optimierten die Festigkeit der angiospermen Holzpflanzen. Die Laubblätter sind auf einen fiedrigen Grundbauplan zurückzuführen. Die ursprünglich offene Fiederaderung schließt sich zunehmend zu komplexerer Maschen- und Netzaderung, von der sich fingerige und streifige Aderung ableiten. Die meist zwittrigen Blüten bestehen aus Blütenhülle (Perianth), dem Androeceum aus den Staubblättern mit (meist zwei) Pollensackgruppen, in denen durch Pollenkitt klebrige Pollen produziert werden, und dem Gynoeceum aus den Fruchtblättern (Karpelle) und den daran sitzenden Samenanlagen. Die Karpelle verwachsen zu einem hohlen Fruchtknoten, der die Samenanlage umschließt, und der Narbe, dem Empfängnisorgan. Dieser Aufbau der Blüte gewährt einen besseren Schutz der Samenanlage und die Pollenkittproduktion ermöglicht eine windunabhängige, gezielte und somit ökonomischere Tierpollination. Denn dadurch wird die Bestäubung durch den Pollen der gleichen Art vom Zufall wesentlich unabhängiger, als bei der Windbestäubung, was letztendlich die genetische Variabilität im Gen-Pool des Taxons erhöht. Nach der Bestäubung bildet der Pollen einen Pollenschlauch durch die Narbe zur Samenanlage, durch den zwei Spermazellen zur Befruchtung der Eizelle gelangen. Gegenüber gymnospermen Spermatophyta sind die Gametophyten der Angiospermae noch weiter auf nur noch drei Zellen beim männlichen und meist acht Zellen beim weiblichen Gametophyten reduziert. Bei der Reifung des Samens wandelt sich der Fruchtknoten zur Frucht um, die durch Wind, Wasser oder Tiere verbreitet wird. Aber allein bei der Zoochorie sind die Chancen sehr gut, daß Samen gezielt nur zu lebensfreundlichen Standorten transportiert und nicht zufällig an eine lebensfeindliche Umwelt verloren werden. Diese Verbreitungsstrategie wurde durch die Angiospermae in Prozessen der Co-Evolution zwischen Pflanze und Tiere durch Entwicklung von Früchten mit Lockstoffen (Nahrung, Farbe, Duft), aber auch von Schutzeinrichtungen (gegen die Zerstörung des Samens im Kau- und Verdauungstrakt der Tiere) zu einem Evolutionsvorteil gegenüber den anderen Landpflanzen optimiert. Zur Überlegenheit der Angiospermophytina durch deutlich verbesserte Überlebensstrategien trägt schließlich auch die ständige Fort- und Neuentwicklung mannigfaltigster sekundärer Pflanzenstoffe zur Abwehr von tierischen Freßfeinden, Phytophagen und Pilzbefall bei. [RB]
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