Lexikon der Geowissenschaften: Ariditätsfaktor
Ariditätsfaktor, Ariditätskoeffizient, Ariditätsverhältnis, Ariditätsindex, Trockenheitsindex, Quotient aus Niederschlag und dem Sättigungsdefizit der Luft (N/S-Quotient) und Dürrewirkungszahl, sind Indizes mit deren Hilfe versucht wird, feuchte und trockene Klimate bzw. Perioden voneinander zu trennen. Da die komplexe Verdunstungsgröße schwer und nur mit erheblichem instrumentellen Aufwand einigermaßen zuverlässig bestimmt werden kann, liegen den genannten Klimaindizes leichter zu beobachtende Klimaelemente, wie die Niederschlagshöhe, die Lufttemperatur und das feuchte Sättigungsdefizit der Luft zugrunde. Die hieraus gewonnenen Ergebnisse führen zu hygrothermalen Klassifikationen. Der älteste Ansatz geht auf R. Lang (1915) zurück, der den Regenfaktor f = N/T einführte, wobei N die jährliche Niederschlagshöhe und T die mittlere Jahrestemperatur der Luft in ºC darstellt. Dieser Ansatz ist von vielen Hydrologen und Klimatologen erweitert worden, z.B. von E. de Martonne, der die Anzahl der Tage mit Niederschlag berücksichtigt. C.W. Thornthwaite arbeitete zunächst an einem erweiterten Ansatz des Verhältnisses Niederschlag zu Temperatur, wobei er sich insbesondere der potentiellen Verdunstung bediente; 1948 führte er einen Humiditätsindex (Ih) bzw. einen Ariditätsindex (Ia) ein, wobei der über die potentielle Evapotranspiration hinausgehende Niederschlag als Wasserüberschuß (s) bezeichnet wird, n und d stellen das Wasserdefizit des Bodens dar:
Ih = (100·s)/n; Ia = (100·d)/n.
Später hat Thornthwaite die beiden Indizes verbunden (Im), um jahreszeitliche Überschüsse, welche die jahreszeitlichen Defizite abmildern können, zu berücksichtigen, wobei er den Faktor 0,6 einführte:
Im = Ih-0,6·Ia.
Negative Werte von Im zeigen ein trockenes Klima, positive Werte ein feuchtes Klima an. Mit den Im-Werten können nach R. Keller (1961) neun Ariditäts- bzw. Humiditätstypen angegeben werden ( Tab. ). Alle bisher diskutierten Versuche, mit Hilfe von Indizes Aussagen über Trockenheit bzw. Feuchte zu machen und diese gegeneinander abzugrenzen, basieren auf dem mittleren Verlauf von Klimaelementen. Bei der Analyse der Indizes und deren Verwendung in der Praxis sind jedoch noch andere Faktoren zu berücksichtigen, z.B. ist eine höhere zeitliche Auflösung (eventuell auf monatlichen Werten basierend) erforderlich, ebenso sind edaphische Faktoren mit einzubeziehen. Die auf Klimaelementen beruhende Trockengrenze ist nämlich nicht mit der agronomischen Trockengrenze identisch. Regenfeldbau ohne künstliche Bewässerung ist gelegentlich weit im ariden Bereich möglich. Für die Pflanzen ist in erster Linie die Dauer des ariden Zustandes, die Wasserspeicherung im Boden und die Distanz der Wurzeln zum Grundwasserstand maßgeblich. Auch physiologische Eigenschaften der Pflanze, wie Wurzellänge und Ausbildung von Transpirationsschutz, müssen mitbetrachtet werden.
W. Lauer hat in den fünfziger Jahren mit dem Ansatz
20 = (12·n)/(t+10)
für größere Gebiete von Afrika, Süd- und Zentralamerika gearbeitet, wobei n die monatliche Niederschlagshöhe und t die Temperatur in ºC der einzelnen Monate darstellen.
Sehr anschaulich, wenn auch für die quantitative Hydrologie nur begrenzt brauchbar, haben H. Walter, später ergänzt durch H. Lieth, die auf Monatswerten basierende Beziehung zwischen Niederschlagshöhe und Lufttemperatur dargestellt ( Abb. und Klimadiagramm Abb.).
Ideal wäre die Entwicklung eines Ariditätsbeiwertes, in Anlehnung an den Abflußbeiwert, der nicht nur die klimatischen Faktoren einbezieht, sondern auch die landschaftsspezifischen, z.B. die edaphischen und die pflanzenspezifischen Faktoren.
R. Geiger hat eine Gewichtung von Dürreperioden in Deutschland mit den sogenannten Dürrewirkungszahlen vorgenommen, indem er den Tagen in verdunstungsschwächeren Monaten eine niedrige Dürrewirkungszahl (z.B. im Januar 0,2), den Tagen der verdunstungsreichen Monate eine hohe Dürrewirkungszahl (z.B. im Juli 1,6) zuweist.
Bei allen Einteilungen und Aussagen über humide und aride Zeiten und Gebiete spielt nicht nur die geographische Breite, die Kontinentalität, edaphische und andere, landschaftsspezifische Faktoren eine entscheidende Rolle, sondern in starkem Maße auch die Höhenlage. [KHo]
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