Lexikon der Geowissenschaften: Autoklaven
Autoklaven, zur Erforschung der Bildungsbedingungen der Minerale und ihrer Stabilitätsbereiche sind Experimente in geschlossenen Systemen bei erhöhten Temperaturen und Druckbedingungen erforderlich. Autoklaven spielen dabei eine besondere Rolle, da die meisten Reaktionen in der Erdkruste im Bereich bis zu 1000ºC und Drücken bis zu 0,8 GPa stattfinden ( Abb. 1 , Abb. 2 ). Hier lassen sich für entsprechende Untersuchungen Autoklaven einsetzen. Einige Minerale, besonders die des Erdmantels, bilden sich jedoch nur bei sehr hohen Drücken und Temperaturen. Um sie synthetisch herstellen zu können, benötigt man aufwendige Druckapparate (Pressen), die über bestimmte Stempelsysteme Drücke bis zu einigen Kilobar (108 Pa) erzeugen können. Auch die Diamantsynthese ist unter ähnlichen Bedingungen realisierbar. Ebenso werden für die Synthese von Einkristallen und polykristallinen Aggregaten für ihren Einsatz als Werkstoffe in der Technik Autoklaven eingesetzt (Hydrothermalsynthese).
Bei den Autoklaven handelt es sich meist um Behälter aus Stahl, die in unterschiedlicher Form für hydrothermale Kristallisationswachstumsprozesse bei Drücken bis zu einigen Kilobar (108 Pa) einsetzbar sind. Einfache Autoklaven mit Heizvorrichtungen, Meß- und Regelanordnungen, die ein isobar-isotherm-isochores Arbeiten unter größtmöglicher Vermeidung eines Temperaturgefälles im Reaktionsraum erlauben, werden heute von jedem experimentell arbeitenden Mineralogen selbst angefertigt.
Die gegenwärtig eingesetzten Kristallzuchtautoklaven zur Herstellung von Quarzkristallen, die als Piezokristalle in großen Mengen u.a. als Ultraschallgeber und zur Frequenzstabilisierung von Sendern gebraucht werden, haben Durchmesser von einem und Längen von 3-4 Metern. Mehrere hundert orientiert geschnittene Keimkristalle mit einer Flächengröße von 4×5 cm und einer Dicke von 3 mm wachsen darin bei ca. 400ºC und 150 MPa im Temperaturgefälle auf einer Länge von 10-20 cm bei einem Gewicht bis zu 1 kg. Zur Herstellung hochreiner, farbloser Kristalle ist i.a. eine Edelmetall-Auskleidung der Autoklaven erforderlich, da der Einbau von Elementen wie Cr, Ni und Fe aus den Legierungen der Bombenstähle in die Kristallgitter zu Farbstörungen führt. So bewirkt z.B. der Einbau von Fe3+ auf Al3+-Plätzen im Al2O3 beim Korund eine Grünfärbung. Um definiert gefärbte Korunde (Rubin und Saphir) oder andere Steine für gemmologische Zwecke herzustellen, sind daher Edelmetallauskleidungen erforderlich. Die an konventionellen Stahlautoklaven ohne Edelmetallauskleidung beim Arbeiten mit aggressiven Lösungen auftretenden Korrosionsprobleme lassen sich in niedrigen p/T-Bereichen durch auswechselbare PTFE-Einsatztiegel vermeiden. Dieses Kunststoffmaterial, das nur von flüssigen Erdalkalimetallen angegriffen wird, ist bis 250ºC und 20 MPa belastbar. Da sich als Autoklavenkörper gut bearbeitbare Aluminïegierungen verwenden lassen, bietet sich damit eine gegenüber herkömmlichen Autoklaventypen relativ preisgünstige Möglichkeit, insbesondere zur Durchführung großer Versuchsserien, wie sie für lagerstättengenetische Aussagen erforderlich sind.
Hydrothermalsynthesen in sauren Lösungen und chemische Transportreaktionen durch konzentrierte Halogenwasserstoffsäuren lassen sich mit Kieselglaseinsätzen durchführen. Da SiO2-Glas von sauren Lösungen auch in Gegenwart von freiem Halogen, Schwefel, Selen usw. bis 500ºC und 0,3 GPa praktisch nicht angegriffen wird, bietet sich für dieses Verfahren ein weiterer Anwendungsbereich. Synthesen unter höheren Drücken werden in Stahlautoklaven aus niedrig legierten Stählen durchgeführt. Das verbleibende freie Volumen im Autoklaven wird ausgemessen und der erforderliche Außendruck mit einer berechneten Menge CO2 durch Trockeneis kompensiert. Neben Platin und Gold lassen sich auf diese Weise v.a. Chalkogenidhalogenide synthetisieren. Während mit den klassischen ring- und plattengedichteten Bomben bis 50 MPa und 400ºC gearbeitet werden konnte, erlauben Autoklaven mit modifizierten Bridgmandichtungen 370 MPa bei 500ºC und "Cold-Seal-Core-Autoklaven" Drücke bis 500 MPa bei 750ºC ( Abb. 3a , Abb. 3b ). Bei einem allerdings relativ kleinen Autoklavenvolumen lassen "cold seal"-Bomben, die aus Speziallegierungen gefertigt sind, ein kontinuierliches Arbeiten im Temperaturbereich von 800-900ºC bei Drücken von 0,1-0,2 GPa zu. Durch neue Legierungsverfahren lassen sich die Arbeitstemperaturen noch weiter erhöhen. Autoklaven aus Molybdänstahl mit 0,5% Titan ermöglichen Versuchstemperaturen bis 1200ºC bei 100 MPa. Durch einen Zusatz von 0,08% Zirkon zu den Legierungen kann der Arbeitsbereich bei 1100ºC auf 300 MPa gesteigert werden. Diese sog. TZM-Autoklaven sind z.T. mit Edelgasspülung versehen.
Noch höhere Arbeitstemperaturen bis 1500ºC und Drücke bis zu 1 GPa lassen sich schließlich durch innenbeheizte Autoklaventypen erreichen ( Abb. 4 ), bei denen, umgeben von einem dicken, außen wassergekühlten Stahlmantel, im Innenraum ein kleiner Ofen die Versuchstemperatur erzeugt. [GST]
Autoklaven 1: Autoklaven und andere Systeme für Syntheseexperimente und In-situ-Untersuchungen im Druck- und Temperaturbereich der Erde. Autoklaven 1:
Autoklaven 2: Autoklaven und andere Hochtemperatur-Techniken und ihre Einsatzbereiche im p-T-Diagramm. Autoklaven 2:
Autoklaven 3a: Tem-Pres-Autoklav mit Bridgman-Dichtung (schematisch). a = Druckring; b = Paßring; c = Dichtung; d = Druckstempel; e = Überwurfverschluß; f = Autoklavenkörper; g = Unterlegscheibe; h = Kantenmutter.
Autoklaven 3b : Tem-Pres-Autoklav mit Konus-Dichtung (schematisch). a = Überwurfverschluß; b = Autoklavenkörper; c = Konusdichtung; d = Thermoelementbohrung.
Autoklaven 4: Innenbeheizter Autoklav (schematisch). a = Heizofen; b = Autoklaveninneraum; c = Dichtung; d = Verschlußkopf; e = Verschluß; f = Autoklavenkörper; g = Kühlsystem. Autoklaven 4:
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