Lexikon der Geowissenschaften: Edelsteine
Edelsteine, Schmucksteine, überwiegend Minerale, die aufgrund ihrer Seltenheit, Farbe, Härte, Glanz und anderer wertneutraler Eigenschaften, aber auch aufgrund ihrer Schönheit und "Reinheit" (d.h. frei von Einschlüssen) von kommerzieller Bedeutung sind. Sie sind daher auch nur unvollständig mit dem wissenschaftlichen Vokabular zu erfassen. In vielen Fällen handelt es sich um Minerale (Diamant, Smaragd, Zirkon), Mineralaggregate (Lapislazuli), Gesteine (Onyx-Marmor) und organische Substanzen (Perlen, Korallen, Bernstein oder Elfenbein), die in der Natur ohne künstliche Beeinflussung durch den Menschen entstanden sind. Vielfach sind die Namen der Edelsteine Handelsbezeichnungen: "Rauchtopas" statt Rauchquarz, "Goldtopas" für einen durch Hitzebehandlung farblich veränderten Amethyst oder "Kaprubin" für den roten Granat. Von den über 3000 bekannten Mineralarten werden ca. 100 in mehr oder weniger veränderter Form als Edelsteine verwendet. Edelsteine finden sich sowohl auf primären, überwiegend jedoch auf sekundären eluvialen Verwitterungslagerstätten, angereichert im Verwitterungsschutt, und in Edelsteinseifen in meist alluvialen Lagerstätten oder in fossilen Seifenlagerstätten. Primäre Vorkommen sind: Beryll- und Spodumen-Pegmatite, Zirkoniat- und Titanat-Pegmatite, Phosphat-Pegmatite und die typischen Edelstein-Pegmatite von Brasilien (Minas Gerais), Madagaskar und Namibia mit der Mineral-Paragenese Beryll, Turmalin, Topas, Rosenquarz u.a. verschleifbaren Mineralen in Kristalldrusen. Zahlreiche Edelsteine der Quarzgruppe sind hydrothermale Gangfüllungen oder hydrothermale Kontaktbildungen sowie durch vulkanogene, wässrige SiO2-Lösungen entstanden, die zur Bildung von Opal und vieler Achate führen. Die Muttergesteine zahlreicher Edelsteine in Seifenlagerstätten sind kontaktpneumatolytische Bildungen in marmorartigen Kalken, z.B. die Saphir- und Rubinvorkommen von Burma. Granat, Nephrit und Jadeit sind metamorphe oder kontaktmetamorphe Bildungen in meist kristallinen Schiefern, Türkis, Chrysopras, Malachit und Azurit entstehen bei der Verwitterung kupfer- oder nickelhaltiger Eruptivgesteine. Durch Verwitterungsvorgänge primärer Transportgesteine werden Edelsteine in Diatremen und Pipes in lockerem Verwitterungsschutt (Schlotbrekzien) eingebettet und können daraus durch Auswaschen gewonnen werden. Beipiel ist der südafrikanische Yellowground des Diamanten, ein Verwitterungslehm des Blueground, des festen Gesteins, in dem die Diamanten stecken. Die Verteilung der Edelsteinvorkommen über die Erde ist nicht gleichmäßig. Einige Regionen sind bevorzugt, so das südliche Afrika, Süd- und Ostasien, Brasilien, der Ural, Australien und die Gebirgszonen der USA.
Aufgrund der optischen Anisotropie der Minerale (Pleochroismus) bringt meist erst der sachkundige Schnitt und die Orientierung Farbe, Feuer und Glanz der Edelsteine optimal zur Geltung. Häufig wird die Farbe auch durch Brennen oder radioaktive Bestrahlung künstlich verändert. Alle Edelsteine lassen sich heute, insbesondere durch die Züchtung von Einkristallen, synthetisch herstellen, wobei sie in ihren Eigenschaften die der entsprechenden Minerale der "echten Edelsteine" meist weit übertreffen. Auch besondere Lichterscheinungen, etwa das Irisieren beim Mondstein oder der Asterismus bei Sternsaphir oder Sternrubin gelingen auf synthetischem Wege hervorragend. Neben Hydrothermalsynthesen, die der natürlichen Bildung am nächsten kommen, handelt es sich vor allem um Verneuil-Verfahren für "Rubin", "Saphir" und "Spinell" sowie Czcochralski-Verfahren und Zonenschmelz-Verfahren. Imitationen sind den natürlichen Edelsteine im Aussehen ähnlich, haben aber andere Zusammensetzungen und andere chemische und physikalische Eigenschaften. Vielfach handelt es sich um Gläser, um künstliche Produkte wie YAG, Fabulit oder Zirkonia für die Nachahmung des Diamanten oder um Kunstharze oder Plastikmaterialien für Perlen, Bernstein und Korallen. Die Untersuchung der Edelsteine erfolgt zerstörungsfrei mit den Methoden der Mineralogie überwiegend durch polarisationsmikroskopische Verfahren, mit denen die charakteristischen Größen Lichtbrechung, Doppelbrechung, Dispersion, optische Aktivität, Pleochroismus, Einschlüsse, Farbe u.a. Eigenschaften bestimmt werden. Daneben ist die Bestimmung der Dichte, der Härte, der elektrischen und magnetischen Eigenschaften (z.B. der Suszeptibilitätsanisotropie zur Unterscheidung von Perlen und Zuchtperlen) zerstörungsfrei möglich. Röntgenographische Verfahren sind nur in Ausnahmefällen einzusetzen, da sie die Gefahr der Bestrahlungsverfärbung beinhalten. Edelsteine werden häufig geschnitten oder geschliffen, wobei bis ins 14. Jh. die Steine mit gerundeter Oberfläche mugelig geschliffen wurden (Cabochonschliff). Eine weitere Schlifform ist der Facettenschliff (franz. facette = Seitenfläche); er wurde 1450 in der belgischen Stadt Brügge erfunden. Um 1600 gelang in Paris der Brillantschliff bei Diamanten. Heute finden eine große Anzahl von Schliffarten und -formen Verwendung. Edelsteine als Amulette und als Talisman sind seit Anbeginn der Menschheit in Gebrauch und haben auch heute wieder als Sitz übernatürlicher Kräfte, Schutz gegen Unbill und als Arznei für Heilzwecke therapeutische Bedeutung und gewinnen im Rahmen der Esotherik als Glücksbringer, Monats- und Tierkreissteine etc. zunehmend an Bedeutung. [GST]
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