Lexikon der Geowissenschaften: Erzmikroskopie
Erzmikroskopie, befaßt sich mit der mikroskopischen Untersuchungen von opaken (nicht lichtdurchlässigen) Mineralen bzw. Phasen im auffallenden Licht (Auflicht). Die Verwendung erzmikroskopischer Methoden bei der Untersuchung von feuerfesten Baustoffen und Keramik in der Gesteinshüttenkunde (engl. refractories technology) und in der Metallkunde läßt die Erzmikroskopie als Teilgebiet der Auflichtmikroskopie erscheinen; jedoch wird der Begriff Erzmikroskopie z.T. auch als Sammelbegriff für auflichtmikroskopische Methoden verwendet. Gewisse methodische Gemeinsamkeiten bestehen auch mit der Kohlenpetrographie. Die Erzmikroskopie wurde in den 20er und 30er Jahren dieses Jahrhunderts in Deutschland von Schneiderhöhn und Ramdohr (1931), in den USA und Kanada von Murdoch (1916), Davy und Farnham (1920) und Short (1940) entwickelt. Ziel war es, die im petrographischen Mikroskop (Durchlichtmikroskop) schwarz erscheinenden, nicht lichtdurchlässigen (opaken) Phasen und Minerale und deren Gefüge einer optischen Beschreibung und Diagnose zugänglich zu machen. Dies war und ist, besonders bei der Untersuchung von Erzlagerstätten, von großer wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Wesentliche Baueinheiten des Erzmikroskopes sind die Lichtquelle, die in den Anfangszeiten der Erzmikroskopie oft außerhalb des Mikroskopes angebracht war, der im Mikroskop-Tubus untergebrachte Opak-Illuminator (ein Prisma oder ein Glasplättchen), der das Licht von der Lichtquelle durch das Objektiv auf die Probe lenkt, und der Drehtisch, der die Bestimmung von Parametern im polarisierten Licht (Bireflexion, Anisotopie) ermöglicht. Der Strahlengang eines Auflicht-Mikroskopes ist in der Abb. dargestellt.
Es sind qualitative und quantitative Arbeitsmethoden in der Erzmikroskopie zu unterscheiden: Erstere ermöglichen die Bestimmung von Kornform, Farbe, relativem Reflexions-Vermögen, Isotopie/Anisotopie und relativer Härte. Diese reichen in vielen Fällen zur Diagnose von Mineralen aus. Verläßliche quantitative Methoden wurden erst zwischen 1960 und 1970 entwickelt, obwohl Ansätze dazu bereits in der Vorkriegszeit bestanden. Wesentliche Anstöße gingen von der Commission on Ore Microscopy (später: Ore Mineralogy), COM und der International Mineralogical Association (IMA) aus. Dabei spielten N. Henry und S.H.U. Bowie in England und H. Piller in Deutschland eine besondere Rolle. Diese Entwicklungen gingen mit der ständig zunehmenden Zahl neu entdeckter Erzminerale, besonders auf dem Gebiet der Sulfosalze und der Platingruppen-Minerale einher. Heute ist es möglich, die Vickers-Härte, VHN (quantitativ in Beziehung zur Eindringtiefe einer Diamant-Pyramide) und das spektrale Reflexionsvermögen mit Zusatzeinrichtungen quantitativ zu messen und eindeutige Diagnosen auch seltener Minerale zu erstellen.
Im Gegensatz zur Durchlichtmikroskopie erfordert die Herstellung geeigneter Proben für die Untersuchung im Auflicht (Anschliffe) besondere Aufmerksamkeit und Erfahrung. Die in Kunstharz eingebetteten, auf rotierenden Metall- oder Plastikscheiben mit Diamantpulver verschiedener Körnung (bis zu 0,5 μm) polierten Anschliffe sollen möglichst kein Relief (durch Härteunterschiede verursacht) und keine Kratzer (stören bei Messung des Reflexionsvermögens) aufweisen.
Wichtigste Anwendungsgebiete der Erzmikroskopie sind heute die Petrographie (Bestimmung der opaken Komponenten in Gesteinen), die Lagerstättenforschung, die Exploration, die Umwelt-Mineralogie (opake Phasen in Böden und im Schnee) sowie die Gesteinshüttenkunde. Dazu kommt die kosmische Mineralogie: Mondproben und Mikrometeoriten sind meist zu klein, um traditionelle Dünnschliffe für die Durchlichtuntersuchung herzustellen – wohl aber können diese in Kunstharz eingebettet und poliert werden.
Besonders die inzwischen zur Routine gewordene Anwendung der Mikrosonde in der Mineral-Analytik hat zu einer Renaissance der Mikroskopie im Auflicht in verschiedenen Wissensgebieten geführt, da hier jeweils polierte An- oder Dünnschliffe erforderlich sind, deren Qualität zunächst im Auflicht überprüft wird. Durch- und Auflicht-optische Systeme bilden daher integrale Bauteile von Mikrosonden. [EFS]
Literatur: [1] CRAIG, J.R. and VAUGHAN, D.J. (1994): Ore Microscopy and Ore Petrography. – New York. [2] MÜCKE, A. (1989): Anleitung zur Erzmikroskopie. – Stuttgart.
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