Lexikon der Geowissenschaften: Feststoff
Feststoff, Sammelbezeichnung für alle festen, also nicht gelösten Stoffe, die erodiert, transportiert, sedimentiert und remobilisiert werden können durch fließendes Wasser, Eisbewegung und Wind. Feststoffe können als Schwebstoffe, als Schwimmstoffe und als Geröll bzw. Geschiebe vorliegen. Gewöhnlich stellen Schwebstoffe den Hauptanteil der Feststoffe dar. Sie stehen mit dem Wasserkörper im Gleichgewicht. Die Turbulenzen in der fließenden Welle sorgen dafür, daß die Teilchen in Schwebe gehalten werden. Bei fehlender Turbulenz sinken die Schwebstoffe ab und werden dann als Sinkstoffe bezeichnet.
Die quantitative Erfassung der Feststoffbewegung im Fließgewässerquerschnitt erfolgt mittels des Feststofftransportes [kg/s], definiert als die Feststoffmasse, die während einer Zeiteinheit durch den gesamten Fließgewässerquerschnitt transportiert wird. Bezieht man den Feststofftransport auf einen Meter Flußbreite, so erhält man den Feststofftrieb [kg/(s·m)]. Summiert man den Feststofftransport über eine bestimmte Zeitspanne (Einzelereignis, Jahr, mehrere Jahre), so ergibt sich die Feststofffracht [z.B. in t/a]. Die Feststoffdichte [kg/m3] erhält man aus dem Quotienten von Feststoffmasse und Feststoffvolumen. Der Feststoffgehalt bzw. die Feststoffkonzentration ergibt sich als Quotient aus der Feststoffmasse und dem Volumen des Wassers [g/m3 oder ppm]. Für die Geschiebe- bzw. die Schwebstofffracht existieren die entsprechenden Parameter als zusammengesetzte Begriffe. Darüber hinaus muß besonders der Geröllabrieb [kg] erwähnt werden, als Massenverlust des Gerölls auf einer bestimmten Laufstrecke. Schwebstoff- und Geschiebekonzentrationen sind in erheblichem Maße von der Wasserführung abhängig. Bei ansteigendem Hochwasser nimmt die Konzentration stark zu, was an der Flußtrübung mit bloßem Auge zu erkennen ist. Bei den Hochwasserperioden können innerhalb weniger Tage große Anteile der jährlichen Frachten transportiert werden. Die Abgrenzung zwischen Geschiebe und Schwebstoffen ist problematisch, da diese in Abhängigkeit von den beträchtlich unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten und Turbulenzen bei der jeweiligen Wasserführung nur augenblickliche Bewegungszustände darstellen. Die Absetzgeschwindigkeit oder Sinkgeschwindigkeit eines Korns hängt einerseits von Fließgeschwindigkeit, Turbulenzen, Temperatur und Wassertiefe, aber auch von Gewicht und Form des Schwebstoffpartikels ab. Wegen unterschiedlicher Fließgeschwindigkeiten und Turbulenzen, müssen zur Feststoffmessung die Probeentnahmen für die Schwebstoffe und das Geschiebe über dem Gerinnequerschnitt und über die Gewässersohle, ähnlich wie bei der Durchflußmessung, verteilt und in unterschiedlicher Höhe entnommen werden. Die Verfahren zur Geschiebe- und Schwebstoffmessung sind in DVWK-Regelheften zusammengefaßt. Schwimmstoffe, auch als Treibsel und Treibzeug bezeichnet, bestehen meist aus organischem Material wie Wasserpflanzen und Baumteile. Bei Ausuferung markieren die liegengebliebenen Schwimmstoffe durch die Geschwemmsel-Linie die räumliche Ausdehnung eines Hochwassers.
Die quantitative Erfassung der Schwebstoff- und Geschiebebewegung in Gewässern ist aus mancherlei Gründen wichtig. Durch die Schwebstoff- und Geschiebemessung erhält man Hinweise auf die erosiven Vorgänge in einem Einzugsgebiet. Der Feststoffabtrag oder -austrag [t/km2] wird aus dem Quotienten von Feststofffracht und 1 km2 des oberirdischen Einzugsgebietes berechnet und dient zu Vergleichszwecken von Einzugsgebieten, aber auch zur Bewertung von erosionshemmenden Maßnahmen. Kenntnisse über Erosion, Transport und Sedimentation von Feststoffen in Bächen, Flüssen und Seen sind eine wesentliche Voraussetzung zur Lösung von Aufgaben in den Bereichen Wasserbau, Bewirtschaftung von Reservoiren, Schiffahrt, Wasserversorgung, Wasserkraftnutzung und Umweltschutz. Eine Kontrolle der Gerinnestabilität und der Erosionsrinne ist durch Beobachtungen der Flußbettgeometrie möglich. Grundsätzlich kann mit Hilfe von Modellen und Analysen des Sohlenmaterials abgeschätzt werden, ob das Transportvermögen eines Gerinnes der Feststoffzufuhr entspricht, oder ob es zu Auflandungen oder Erosionen kommt. Feststoffe spielen auch in natürlichen Seen und Reservoiren eine wichtige Rolle. Die Feststoffe werden den Seen vornehmlich durch einmündende Fließgewässer zugetragen. Geschiebe lagert sich i.d.R. unmittelbar nach der Einmündung ab, was zur Bildung eines Deltas führt. Mit abnehmender Korngröße wird das Material weiter in den See verfrachtet. Durch den Eintrag der Feststoffe wird das Seevolumen vermindert, was in kürzeren oder längeren Zeiten zur Auflandung oder Verlandung im Bereich des Oberwassers führt. Bei der Bewirtschaftung von Reservoiren und Stauhaltungen kann das Auffüllen des Seebeckens zu Problemen führen, weil die Speicherkapazität verringert wird (bei Reservoiren im globalen Durchschnitt etwa 1% pro Jahr), und es können technische Einrichtungen, z.B. Grundablässe an Staumauern, eingesandet werden. Schwebstoff- und Geschiebesperren können für kurze Zeit diese Probleme vermindern. Im Unterwasser von Stauhaltungen kommt es dagegen häufig zu verstärkter Erosion. Der Gewässerschutz ist ebenfalls sehr stark an den Feststoffen in den Gewässern interessiert, da diese kolloidale oder gelöste Wasserinhaltsstoffe absorbieren können. Feststoffe sind ferner für die Kolomatierung (oder Sohlpanzerung) von Flußbettsohlen innerhalb bestimmter Strecken verantwortlich. [KHo]
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