Lexikon der Geowissenschaften: Fossildiagenese
Fossildiagenese, beschreibt die im Lauf der Fossilisation nach der endgültigen Einbettung ablaufenden Prozesse. Sie folgt damit auf Nekrose und Biostratonomie. Die Fossildiagenese ist eng verbunden mit der Diagenese der umgebenden Sedimente und den darin zirkulierenden Porenwasserlösungen sowie einer Vielzahl weiterer physikochemischer Parameter.
Abbauprodukte tierischer und pflanzlicher Weichteile unterliegen diagenetischen Veränderungen, welche von der organischen Geochemie hinsichtlich lagerstättenkundlicher Aspekte (Erdgas-, Erdölbildung) inzwischen gut erforscht sind und als Chemofossilien bzw. Biomarker Rückschlüsse auf die ursprünglich vorhandenen Organismen zulassen. Besonders empfindlich auf die mit der Diagenese einhergehende Temperaturerhöhung reagieren bestimmte pflanzliche Stoffe, die als Vitrinite fein verteilt in nahezu allen klastischen Gesteinen (ab oberem Silur) untersucht werden können. Sie verändern ihre physikalischen Eigenschaften (Glanz, Reflexionsvermögen) so regelmäßig, daß man sie seit langem als zuverlässige Reifegradparameter bzw. Geothermometer nutzt.
Tierische Hartteile werden i.d.R. nach ihrer Einbettung hinsichtlich Chemismus und/oder Gefüge verändert. Echte Substanzerhaltung ( Abb. 1a, 1b ) ist die Ausnahme. Sie tritt in geologisch relativ jungen Gesteinen auf, und besonders in solchen mit minimalen Wegsamkeiten für Porenwässer, also in äußerst feinkörnigen Gesteinen (Beispiel: Aragoniterhaltung bei Mollusken aus Jura, Kreide und Tertiär). Häufiger kommt es zu chemischem Austausch zwischen Fossil und Umgebung oder aber zur Auflösung der Organismenreste.
Die Lösung erfolgt selektiv, d.h. manche Organismenreste bleiben erhalten, während andere verschwinden. Ein Beispiel ist die Periost-Erhaltung bei Mollusken bzw. die Sipho-Erhaltung bei Ammoniten: Während die carbonatischen Anteile in dunklen, bituminösen Sedimenten häufig in Lösung gehen, bleibt das Periostracum bzw. der organische Siphostrang erhalten. Solche Fossilien sind oft völlig verdrückt und wirken schemenhaft. Sehr häufig sind stoffliche Veränderungen durch molekulare Umsetzungen. Erfolgen diese ohne Veränderung des Stoffbestandes, so nennt man sie isochemisch. Die Umwandlung instabiler Mineralmodifikationen in stabile (z.B. Aragonit-Calcit-Transformation) gehört dazu ebenso wie die Sammelkristallisation (Wachstum größerer auf Kosten kleinerer, aufgelöster Kristalle) oder die frühdiagenetisch einsetzende Mikritisierung. Allochemische molekulare Umsetzungen (Stoffaustausch, Metasomatose) gehen auf die Einwirkungen chemisch abweichender Porenwasserlösungen zurück. Sehr häufig sind Verkieselung (Austausch der ursprünglichen Substanz gegen SiO2) und Verkiesung (Austausch gegen Metallsulfide, z.B. Pyrit = Pyritisierung). Bei der Dolomitisierung werden Mg-Ionen in das Carbonatgitter eingebaut. Eine damit verbundene Volumenänderung sowie der Umstand, daß dabei das umgebende Carbonatgestein gleichermaßen betroffen ist, wirken sich negativ auf die Bestimmbarkeit dolomitisierter Reste aus. Zirkulierende Porenwässer können über einen reinen Stoffaustausch hinaus poröse Organismenreste isochemisch oder allochemisch mit Fremdionen anfüllen (Imprägnation), beispielsweise spongiöse Wirbeltierknochen. Hohlräume in Schalen oder Gehäusen werden normalerweise nach Verwesung des Weichkörpers rasch mit feinkörnigem Sediment ausgefüllt, wenn solches Material durch irgendwelche Öffnungen eindringen kann. Ist das nicht der Fall, so bleibt der Hohlraum bestehen, bis er dem zunehmenden Druck des in Kompaktion befindlichen Gesteins nicht mehr standhalten kann und kollabiert. Aus diesem Grund sind die hinter der Wohnkammer liegenden Kammern von Cephalopoda häufig flachgedrückt, während die Wohnkammer mit Sediment gefüllt und daher vollständig erhalten ist. Die Innenausfüllungen solcher Hohlräume nennt man Steinkerne ( Abb. 1c, 1d ). Sie bilden für gewöhnlich die Innenmerkmale einer Schale/eines Gehäuses gut ab, v.a. wenn sie aus sehr feinkörnigem Material bestehen. Unvollständig ausgefüllte Hohlräume, die sog. fossilen Wasserwaagen, sind wichtige Geopetalgefüge. Als Fossilabdruck ( Abb. 1b ) wird bezeichnet, was die Gehäuseaußenseite im umgebenden Gestein hinterläßt. Selbst nach völliger Auflösung läßt sich die Form der Hartteile bei Vorhandensein guter Steinkern- und Abdruckfossilien vollständig rekonstruieren. Bei dünnschaligen Organismen bzw. an dünnen Außenrändern von Schalen kommt es manchmal zu einer Überprägung der Innenmerkmale am Steinkern durch Skulpturmerkmale der Außenseite (Skulptursteinkern, Prägekern).
Im Verlauf der Gesteinsdiagenese erfolgt durch Entwässerung des Sediments und gleichzeitig steigender Auflast eine Kompaktion. Dadurch verlieren die eingeschlossenen Fossilien ihre ursprüngliche Form, sie werden je nach Einbettungslage flachgedrückt bzw. gestaucht ( Abb. 2 ). Infolge tektonischer Bewegungen erfolgen Verzerrungen. Die dabei erzeugten Formveränderungen lassen auf die Richtung des tektonischen Stresses rückschließen. [MG]
Literatur: [1] MÜLLER, A.H. (1976): Lehrbuch der Paläozoologie, Bd. I: Allgemeine Grundlagen. – Jena. [2] ZIEGLER, B. (1980): Einführung in die Paläobiologie, Teil 1: Allgemeine Paläontologie.- Stuttgart.
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