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Lexikon der Geowissenschaften: Historische Paläoklimatologie

Historische Paläoklimatologie, die Teildisziplin der Paläoklimatologie, die den Klimagang im Verlaufe der Erdgeschichte zu rekonstruieren versucht. Grundlage sind dabei geologische Klimazeugen (Paläoklimatologie), die gemäß aktuogeologischer Überlegungen (Aktuogeologie) bestimmten Ablagerungsmilieus und Klimabedingungen zugeordnet werden. Besonders bei den präkambrischen und paläozoischen Ablagerungen kann es durch anschließende metamorphe Überprägung sowie Fossilarmut zu uneinheitlicher Interpretation von Befunden kommen.

Ein Klima, das langfristigen Fluktuationen unterworfen war, konnte in der frühesten Erdgeschichte erst nach Ausbildung einer Hydrosphäre und dem allgemeinen Absinken der Temperaturen, die temporär und regional den Gefrierpunkt unterschritten, entstehen. Die ältesten Zeugnisse für eiszeitliches Klima finden sich in Nordamerika in Gestalt von Tilliten und Gletscherschiffen, die eine Eisbedeckung über eine Entfernung von mindestens 800 km dokumentieren. Die mehrere hundert Meter mächtigen Abfolgen sind etwa 2-2,5 Mrd. Jahre alt und werden zur huronischen Vereisung zusammengefaßt. Ungefähr zeitgleiche Bildungen wurden aus Südafrika und Rußland beschrieben.

Aus der Zeit zwischen 750 und 600 Mio. Jahren sind von allen Kontinenten Kaltzeit-Indikatoren wie Tillite und Gletscherschliffe beschrieben worden, deren genetische Deutung sowie zeitliche Einstufung jedoch vielfach noch unsicher sind. Es ist davon auszugehen, daß während der sog. eokambrischen Vereisung periodisch ein Aufbau von Eisschilden sowie Gebirgsgletschern stattgefunden hat. Der Südpol lag zu dieser Zeit in Afrika, wo die Haupt-Vereisungszentren angenommen werden. Das ältere Paläozoikum ist im wesentlichen warmklimatisch geprägt, wobei an der Wende von Ordovizium zu Silur in Afrika und möglicherweise Südamerika Vereisungen auftraten. Die Haupt-Vereisungszentren der silurischen Vereisung werden in Zentralafrika angenommen (ehemals nahe des Südpols gelegen), von wo die Eismassen bis vermutlich etwa zum 40. Paläobreitengrad von Gondwana vordrangen. Zwei Vereisungszyklen sind bisher nachgewiesen, deren erste im Oberordovizium (Caradoc) stattfand und besonders das nördliche Gondwana erfaßt hat. Ein zweiter Vorstoß ist aus dem Untersilur (Llandovery) bekannt. Beide Vereisungsphasen sind von markanten eustatischen Meeresspiegelschwankungen begleitet. Bis zum ausgehenden Karbon überwiegen warmklimatische Klimazeugen, die nach und nach von Zeugen einer weiteren großen Gondwana-Vereisung abgelöst werden. Ihr Beginn setzte dabei auf ganz Gondwana annähernd zeitgleich ein und erreichte ihr Maximum an der Grenze von Karbon zu Perm (permokarbonische Vereisung) mit Eismassen, die ausgehend von hochgelegenen Plateaus bis etwa zum 30. Paläobreitengrad vorstießen. Im Bereich großer Beckenlandschaften erreichte das Eis den Meeresspiegel, was z.B. in Südamerika und Südafrika durch glaziomarine Ablagerungen nachweisbar ist. Neben Tilliten sind Gletscherschrammen, Rundhöcker und vermutlich auch Warvite erhalten, die sich mehreren Vereisungszyklen zuordnen lassen und sämtlich auf der einstigen Südhemisphäre liegen (Südafrika, Südamerika, Australien, Antarktis, Indien). Der Übergang von der Hauptvereisung (mit u.a. Tilliten, Sandern, Gletscherschliffen) zur folgenden warmklimatischen Zeit wird durch sich ausbreitende periglaziale Sedimente (u.a. Warvite mit dropstones) vermittelt, die von Eisrückzugsbildungen (u.a. organikareiche Siltsteine) abgelöst werden. Für die Nordhalbkugel ist zur Zeit der Vereisung mit warm-humidem Klima zu rechnen, das während des Perm in dem Maße zu ariden Verhältnissen wechselte, wie die Kontinente durch den Trockengürtel wanderten.

Das Mesozoikum ist überaus arm an kaltklimatischen Klimazeugen und es kann von generell deutlich wärmeren Bedingungen als heute ausgegangen werden. Die Polarregionen waren nicht vereist, sondern lagen unter gemäßigtem Klima. Eine Ursache für diese Warmphase dürfte zum einen in der äquatornahen Lage des Großkontinents Gondwana zu sehen sein, der selbst stark kontinentales Klima aufwies (Rotsedimente und Evaporite wurden gebildet), und zum anderen in dem Großozean Tethys, der einen effektiven Energieaustausch zwischen hohen und niedrigen Breiten herbeiführte. Das warme Klima bestand bis ins Tertiär und wurde seit dem Eozän von kühleren Bedingungen abgelöst. In Polnähe und in Hochgebirgen begannen sich Eismassen aufzubauen, die das quartäre Eiszeitalter (Eiszeit, Quartär) ankündigten. Die Temperaturen des ozeanischen Tiefenwassers sanken um ca. 10°C, was sich abkühlend besonders auf die höheren Breiten der Nordhemisphäre auswirkte. Während sich die mesozoische Wärmeperiode nach bisheriger Kenntnis durch ein relatives Klimagleichmaß auszeichnete, ist die Zeit seit dem Eozän durch stärkere Klimafluktuationen charakterisiert. [RBH]

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