Lexikon der Geowissenschaften: Industriegesteinskunde
Industriegesteinskunde, angewandter Zweig der Mineralogie, der sich mit fortschreitender Industrialisierung aus den petrowissenschaftlichen Disziplinen und der Technik entwickelt hat. Die Baustoffindustrie schöpft aus dem großen Reservoir natürlicher Vorkommen den größten Teil ihrer Rohstoffe, wobei die natürlichen Eigenschaften der Gesteine nicht nur die weitere Verarbeitung beeinflussen, sondern ausschlaggebend für ihre Haltbarkeit, Verwitterungsbeständigkeit, Resistenz gegen Umwelteinflüsse und anderes mehr sind. Ob die Gesteine den Anforderungen an die Rohstoffe für bestimmte Zwecke der Industrie genügen, läßt sich mit Prüfverfahren feststellen, die für jeden Industriezweig spezifisch sind und recht unterschiedlich sein können.
Da Natursteinvorkommen vom Ursprung her mineralogische Objekte sind, müssen sie nicht nur mit technischen Methoden, sondern auch mit mineralogisch-petrographischen Verfahren untersucht werden. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Mikroskopie von Gesteinsdünnschliffen (Dünnschliff) zu. Mit Hilfe der Polarisationsmikroskopie lassen sich an Gesteinsdünnschliffen zahlreiche technisch wichtige Merkmale bestimmen. Neben dem qualitativen und quantitativen Mineralinhalt, der gleichzeitig auch Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung erlaubt, können auf diese Weise Gefügemerkmale wie Struktur und Textur, d.h. Schieferung, Einregelung der Minerale, Korngrößenverhältnisse sowie Porosität und Dichtigkeitsgrad, Kapillarität und Härte bestimmt werden. Aus diesen Ergebnissen sind darüber hinaus eine Reihe physikalisch-technischer Eigenschaften der Gesteine ohne größeren apparativen Aufwand ableitbar oder was für viele Zwecke reicht, annähernd zu ermitteln. Hierunter fallen Daten über Dichte, Wasseraufnahmevermögen, Wasserdurchlässigkeit, Wärmeleitfähigkeit und Wärmedehnung, Zugfestigkeit und Verformbarkeit. Auch lassen sich aus exakten Untersuchungen an Gesteinsdünnschliffen Hinweise auf das physikalisch-chemische Verhalten der Gesteine ableiten, wie es z.B. für Verwitterungsbedingungen von Bedeutung ist. Hierzu zählen neben den physikalisch-biologischen und mechanischen Verwitterungsbedingungen auch die chemische Verwitterung, die Einwirkung von Schadstoffen auf Werk- und Bausteine, das Problem der Sonnenbrandverwitterung bei basaltischen Gesteinen, das ein wesentliches Kriterium beim Einsatz von Zuschlag im Straßenbau ist, Lösungsschäden durch Wassereinwirkung und durch Schwefelsäure, Absandung, Schalenbildung, Verfärbung von Gesteinsfassaden, Bröckelzerfall, Krustenbildung und Verhalten gegen konservierende Mittel im Rahmen des Denkmal- und Umweltschutzes.
Bei der petrographisch-technischen Gesteinsprüfung stehen Untersuchungen über die Gewinnungsstätten (Steinbrüche) und technologische Gesteinsprüfungen im Labor im Vordergrund. Durch zahlreiche, meist in DIN-Normen festgelegte Prüfverfahren werden dabei Porengehalt und Gewichtsverhältnisse, Wasseraufnahme, wasserwegsame und geschlossene Poren, Frostbeständigkeit, Druckfestigkeit, Biegefestigkeit, Kristallisationsverhalten, die Einwirkung von Rauchgasen, Schlagfestigkeit, Abnutzbarkeit u.a.m. bestimmt.
Neben der Verwendung als Naturbausteine oder als Zuschlag für Beton oder Bitumen für den Straßenbau werden heute manche Gesteine auch für keramische Erzeugnisse, für feuerfeste Baustoffe und für zahlreiche Spezialzwecke eingesetzt. Hierzu zählen z.B. Gesteine, die im Leichtbau und für Isolationsmaterialien Verwendung finden, wie Bimsstein und Perlit, Gesteine für Mahl-, Schleif- und Schneidezwecke wie Smirgel, Granatfels u.a., Gesteinsmaterial für die Glasfabrikation und für Filtermaterialien zur Wasserreinigung sowie für zahlreiche Anwendungen in der chemischen und Hüttenindustrie, für Düngezwecke u.a. [GST]
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.