Lexikon der Geowissenschaften: Kartenredaktion
Kartenredaktion, die inhaltliche, gestaltende und planende Aufbereitung und Überarbeitung aller Unterlagen für die Bearbeitung und Herstellung einer Karte oder eines digitalen kartographischen Produkts durch den Kartenredakteur. Die Kartenredaktion ist ein arbeitsteiliger Prozeß mit mehreren, nicht immer eindeutig abgrenzbaren Arbeitsphasen, der fachwissenschaftliche und gestalterische, organisatorische und technische Komponenten aufweist. Kartenredakteure verfügen daher zumeist über eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung auf dem Gebiet der Kartographie oder benachbarter Disziplinen (Geographie, Geodäsie, auch anderer Geowissenschaften) sowie Erfahrungen im kartographischen Bereich.
Die Kartenredaktion beginnt bereits in der Phase der Konzeption kartographischer Projekte (redaktionelles Exposé, redaktionelle Konzeption), die der Bearbeitung von Atlanten, topographischen und thematischen Kartenwerken, aber auch komplizierter Einzelkarten vorausgeht. Entsprechende Aktivitäten obliegen meist einer Redaktionsgruppe, die bis zur Herausgabe des Werkes alle wesentlichen Entscheidungen über Inhalt und Gestaltung der Karten beeinflußt. In der Hauptphase der redaktionellen Arbeit wird, orientiert an den konzeptionellen Unterlagen, der Redaktionsplan ausgearbeitet. Es folgen die Organisation und Kontrolle des Kartenentwurfs und der kartographischen Originalherstellung und u.U. des Kartendrucks.
Die Redaktion topographischer Karten hat einen anderen Charakter als die Redaktion thematischer Karten und unterscheidet sich auch von der Atlasredaktion. Infolge jahrzehntelang nahezu unverändert gültiger Zeichenschlüssel, Blattschnitte und Ausstattung (Musterblatt) sowie der Zyklen der Fortführung, die analoge topographische Kartenwerke durchlaufen können, überwiegen hier organisatorische und technische Aspekte sowie Kontrollfunktionen. Konzeptionelle und gestalterische Aufgaben resultieren vor allem aus der Umstellung auf andere Zeichenschlüssel sowie der Einführung neuer Technologien, wie etwa aus der Verwendung des Luftbildes als der Hauptquelle der Fortführung. Heute wandelt sich das Tätigkeitsfeld des Kartenredakteurs in der amtlichen Kartographie vor allem mit der Schaffung digitaler topographischer Kartenwerke (ATKIS).
In der thematischen Kartographie ist als Kernstück der Kartenredaktion die Kartengestaltung anzusehen, d.h. die Umsetzung des Karteninhalts in die Kartengraphik, wobei die Eigenschaften graphischer Variablen auszunutzen und spezifisch kartographische Darstellungsformen anzuwenden sind. Den Ausgangspunkt der redaktionellen Arbeiten bildet hier zumeist das Autorenoriginal. Es wird vom Kartenredakteur einer fachwissenschaftlichen Prüfung unterzogen. Unter Berücksichtigung der Ausgangsmaterialien, der organisatorischen und technischen Bedingungen der Kartenherstellung, aber auch unter dem Gesichtspunkt der Kosten werden Kartennetzentwurf, Kartenformat und Maßstab sowie die zu verwendende Basiskarte ausgewählt. Die kartengestalterische Arbeit im engeren Sinne umfaßt den Entwurf von Zeichenschlüssel, Legende und das Kartenlayout. In den Zuständigkeitsbereich der Redaktion thematischer Karten fallen des weiteren die Entscheidung und die Anleitung zur Bearbeitung von Musterausschnitten.
Während und nach der kartographischen Bearbeitung und der Originalherstellung erfolgen Korrekturlesungen der nun als Ausdruck, Lichtpause, u.U. auf mehreren Folien oder Filmen bzw. bereits als Farbproof oder Andruck vorliegenden Zwischenergebnisse. Nach der Korrekturausführung werden die angewiesenen Korrekturen überprüft. Dieser Zyklus muß evtl. bis zur abschließenden Durchsicht und Druckfreigabe wiederholt durchlaufen werden. In der thematischen Kartographie ist eine enge Zusammenarbeit von Kartenautor und Kartenredakteur unabdingbar. Autorenarbeit und Kartenredaktion sind hier oft nicht scharf zu trennen (Urheberrecht). Nicht selten werden der Autorentwurf und der Legendenentwurf von der Kartenredaktion unter dem Gesichtspunkt der gestalterischen und technischen Realisierbarkeit der Intentionen des Autors grundlegend überarbeitet.
Mit der digitalen Kartographie hat die Kartenredaktion eine wesentliche Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes erfahren. Die gesamte redaktionelle Arbeit muß auf die Anwendung von geometrischen Datenbasen, Geoinformationssystemen, kartographischen Konstruktionsprogrammen, Desktop Mapping, Fachinformationssystemen, die Konvertierung von Daten und dergleichen ausgerichtet werden. Besonders die Herstellung von Atlanten und Karten als elektronische Version verändert das Aufgabenspektrum der Kartenredaktion grundlegend, so daß es sich in vielen Bereichen mit den Aufgaben von Autoren, Informatikern, ausführenden Kartographen und der für das Layout Zuständigen überlappt. Infolge des Trends zur Vereinigung von Kartenentwurf und Originalherstellung nimmt der Anteil der Kartenredaktion am Gesamtaufwand für kartographische Produkte zu. Dessen ungeachtet wird zuweilen der Beitrag und der Aufwand redaktioneller Arbeit an Karten unterschätzt, sogar ihre Notwendigkeit in Frage gestellt, woraus (karto)graphisch schlecht gestaltete, inhaltlich fragwürdige Karten resultieren können, aber auch unverhältnismäßig hoher Aufwand zur Beseitigung der genannten Mängel. [KG]
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