Lexikon der Geowissenschaften: kernphysikalische Bohrlochmessung
kernphysikalische Bohrlochmessung, geophysikalische Messungen in Bohrungen, die unter Ausnutzung kernphysikalischer Effekte Parameter wie Radioaktivität, Dichte und Porosität der durchteuften Formation erfassen. Bei kernphysikalische Bohrlochmeßverfahren wird zwischen aktiven und passiven Messungen unterschieden. Die Ermittlung der natürlichen Radioaktivität der Gesteine (Gamma-Ray-Log) ist eine passive Messung. Die Meßsonde registriert die beim Zerfall radioaktiver Elemente (40K, Zerfallsreihen von 238U und 232Th) entstehende Gamma-Strahlung anhand eines Szintillations-Zählers (Szintillation). Die einfache Gamma-Sonde ( Abb. ) zeichnet die Gesamt-Radioaktivität auf, während die aufwendigere Gamma-Spektroskopie zusätzlich die jeweiligen Anteile für Kalium, Thorium und Uran liefert. In beiden Fällen wird nur die Anzahl der pro Zeiteinheit an der Sonde ankommenden Gamma-Quanten gezählt, wobei im spektroskopischen Verfahren die Aufzeichnung nach den jeweiligen Energiefenstern der Elemente getrennt vorgenommen wird. Für Thorium sind Energiebereiche in der Umgebung von 2,62 MeV, für Uran von 1,76 MeV und für Kalium von 1,46 MeV charakteristisch. Die gewonnenen Zähleinheiten cps (counts per seconds) werden über Kalibrierfaktoren in standardisierte Einheiten umgerechnet, in der Bohrlochgeophysik üblicherweise API (American Petroleum Institute) für die Gesamtradioaktivität. Die Elementanteile werden in Gew.-% (K) bzw. ppm (U, Th) angegeben.
Bei aktiven kernphysikalischen Verfahren werden Gamma-Strahlen bzw. Neutronen von der Sonde in das Gebirge emittiert. Damit können Angaben zur Gesamtdichte (g/cm3) und zu den Absorptionseigenschaften der Atome (photoelektrischer Effekt) ermittelt werden. Das Meßsystem der Dichte- bzw. Gamma-Gamma-Sonde besteht aus einer Gammaquelle und einer im dm-Bereich entfernten Detektoreinheit. Die emittierte Gamma-Strahlung wird beim Durchgang durch die Formation gestreut (Compton-Effekt) und teilweise absorbiert (photoelektrischer Effekt). Mit steigender Elektronendichte der Materie nimmt der Streueffekt zu, wodurch sich die Anzahl der an dem Szintillationszähler ankommenden Gammaquanten proportional verringert. Meßgröße der Dichtemessung ist zunächst die Anzahl der ankommenden Gammaquanten pro Sekunde (cps). Erst der Einsatz kalibrierter Sonden und entsprechender Korrekturfaktoren zur Bohrlochgeometrie, Fahrtgeschwindigkeit und Spülungsdichte ermöglicht die Umrechnung dieser relativen Größe in die SI-Einheit g/cm3.
Neutronensonden dienen der Ermittlung der Porosität der Formation und können auch zur Bestimmung von Elementgehalten genutzt werden. Das Meßprinzip der Neutronensonden basiert auf der Wechselwirkung emittierter Neutronen mit der Formation. Von einer Quelle aus wird das Gestein kontinuierlich mit hochenergetischen Neutronen (Energien zwischen 4-6 MeV) beschossen. Die Neutronen kollidieren mit den Atomen der Formation und verlieren dabei einen Teil ihrer Energie. Dieser Energieverlust ist abhängig vom Kollisionswinkel und der Masse des Stoßpartners. Die größte Energieabgabe erfolgt bei Kollisionen mit einem Atom gleicher Masse, d. h. dem Wasserstoffatom. Die Neutronen werden solange abgebremst, bis sie nach einigen hundert Stößen in weniger als 1 μs ein epithermisches und schließlich ein thermisches Energieniveau erreicht haben. Die Fähigkeit, Neutronen abzubremsen wird durch die Abbremslänge beschrieben (Strecke, die für einen bestimmten Energieverlust zurückgelegt werden muß). Je höher die Wasserstoffkonzentration, desto geringer ist diese Strecke. Auf thermischem Energieniveau können Neutronen von den Atomen der Formation eingefangen und völlig absorbiert werden. Dadurch werden die Atome angeregt. Bei dem Rückfall in ihren Grundzustand senden sie Gammastrahlung aus, die proportional zur Anzahl der eingefangenen Neutronen ist. Bei der Neutron-Neutron-Sonde wird die Neutronenkonzentration in einer bestimmten Entfernung zum Detektor gemessen und in Bezug zur Wasserstoffkonzentration gebracht (Neutron-Log). Bei der Neutron-Gamma-Sonde erfolgt die Messung der am Detektor einfallenden Quanten der Gamma-Rückstrahlung. Die gemessenen Konzentrationen werden als Neutronenporosität bezeichnet, die in porosity units oder in Prozent des Gesamtvolumens angegeben wird.
Das Neutron-Gamma-Meßprinzip kann auch zur Ermittlung der chemischen Zusammensetzung der Formation genutzt werden. Die durch die Absorption angeregten Atome zeigen eine elementspezifische Gamma-Rückstrahlung mit jeweils diskreten Energiebereichen (Neutron-Gamma-Spektroskopie). Die Anteile der einzelnen Elemente lassen sich dabei durch ihre jeweiligen Strahlungsfrequenzen charakterisieren und können aus dem aufgenommen Gesamtspektrum rekonstruiert werden. [JWo]
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