Lexikon der Geowissenschaften: Normalhöhe
Normalhöhe, Abstand eines Punktes P von einem auf dem Quasigeoid zugeordneten Punkt P' ( Abb.). Die Normalhöhe ist eine Variante der physikalisch definierten metrischen Höhe. Sie ist ein Element der Theorie von Molodensky zur Lösung des geodätischen Randwertproblems, dem Molodensky-Problem. Man gelangt zum Begriff der Normalhöhe, indem für die Erdoberfläche und das Schwerefeld der Erde Näherungen eingeführt werden. Diese Näherungen sind das Telluroid für die Erdoberfläche und das Normalschwerefeld für das Schwerefeld. Das Schwerefeld wird durch seine Äquipotentialflächen beschrieben. Die Äquipotentialfläche mit dem Potentialwert W0 durch einen Bezugspunkt P0 definiert das Vertikaldatum. In den meisten Fällen entspricht diese Äquipotentialfläche dem Geoid. Das Normalschwerefeld beruht auf einem Niveauellipsoid mit dem Normalpotentialwert U0. Die Zuordnung des Normalschwerefeldes zum wirklichen Schwerefeld wird durch Gleichsetzen des Potentialwertes von Niveauellipsoid U0 und dem Wert des Schwerepotentials W0 vollzogen. Einem Oberflächenpunkt P mit dem Potentialwert WP wird ein Punkt Q des Normalschwerefeldes mit dem Normalpotentialwert UQ zugeordnet, indem beide Werte gleichgesetzt werden:
UQ=WP.
Damit wird der Potentialdifferenz W0-WP im Schwerefeld die Potentialdifferenz U0-UQ im Normalschwerefeld zugewiesen. Der metrische Abstand des Punktes Q vom Niveauellipsoid, die Normalhöhe, wird durch die Definition:
mit der geopotentiellen Kote CP und dem mittleren Normalschwerewert
zwischen dem Ellipsoidpunkt Q' und dem Punkt Q festgelegt. Die durch die Punkte Q definierte Fläche wird als Telluroid bezeichnet. Das Telluroid folgt genähert der Erdoberfläche. Der Abstand zwischen Telluroidpunkt Q und dem Oberflächenpunkt P wird als Höhenanomalie ζ bezeichnet. Trägt man die Normalhöhen entlang der Lotlinie des Normalschwerefeldes vorzeichengerecht vom Oberflächenpunkt P nach unten ab, so gelangt man zu einem Punkt P' des Quasigeoides. Das Quasigeoid kann somit als Höhenbezugsfläche der Normalhöhen interpretiert werden. Es stimmt, abhängig von der Topographie und der Inhomogenität des Schwerefeldes bis auf wenige Dezimeter mit dem Geoid überein und erreicht beispielsweise für den Mt. Blanc etwa 2 m. Mit dem mittleren Normalschwerewert
zwischen Niveauellipsoidpunkt und Telluroidpunkt:
kann eine genäherte Formel für die Normalhöhe des Punktes P abgeleitet werden:
mit:
Die numerischen Werte der großen Halbachse a, der kleinen Halbachse b, der Winkelgeschwindigkeit der Erde ω, der geozentrischen Gravitationskonstanten GM und der Abplattung f sowie der Normalschwere γ0(B) eines Punktes der Ellipsoidoberfläche der ellipsoidischen Breite B0, berechnet nach der Normalschwereformel, hängen vom speziellen geodätischen Referenzsystem ab. Eine vereinfachte Definition der Normalhöhe ergibt sich nach Vignal (Vignal-Höhe). Die Normalhöhe eines Punktes P kann auch ausgehend von der Normalhöhe
des Ausgangspunktes A mit Hilfe des geodätischen Nivellements oder aus dem Ergebnis des geometrischen Nivellements ΔnAP und der Normalhöhenreduktion
entlang der Nivellementlinie von Punkt A nach P bestimmt werden:
Die Äquipotentialflächen des Schwerepotentials besitzen keine konstanten Normalhöhen. Eine ruhende Wasserfläche als Teil einer Äquipotentialfläche besitzt also keine konstante Normalhöhe. Das Quasigeoid als Bezugsfläche der Normalhöhen ist keine Äquipotentialfläche des Schwerefeldes; es stimmt aber im Meeresbereich weitgehend mit dem Geoid überein. Das Deutsche Haupthöhennetz wurde im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands auf Normalhöhen umgestellt und löst das System der normalorthometrischen Höhen ab (DHHN12 bzw. DHHN85 und SNN76). Die amtliche Bezeichnung des aktuellen Deutschen Haupthöhennetzes ist DHHN92. [KHI]
Normalhöhe: graphische Darstellung (P,Q,A=Punkte,
=Normalhöhe, W=Potentialwert, U=Normalpotentialwert, ζ=Höhenanomalie). Normalhöhe:
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