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Lexikon der Geowissenschaften: Reflexion

Reflexion, jener Anteil an elektromagnetischer Strahlung, der nach Auftreffen des Strahlungsflusses auf eine Grenzfläche zweier Medien mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften in den Halbraum des ersten Mediums zurückgeworfen wird. Das Reflexionsvermögen (Reflexionsgrad ρ) entspricht dem Verhältnis des reflektierten zum auftreffenden elektromagnetischen Strahlungsfluß. Dieses Verhältnis kann auch durch Gegenüberstellung der spektralen spezifischen Ausstrahlung zur spektralen Bestrahlungsstärke gebildet werden und entspricht dann dem wellenlängenabhängigen spektralen Reflexionsgrad ρ(λ). Reflexion tritt entweder an der Grenzfläche zweier homogener Medien (Oberflächenreflexion) auf oder wird durch Rückstreuung an Diskontinuitäten innerhalb eines inhomogenen Mediums (Volumsstreuung) bewirkt. Nach der Richtung der reflektierten Strahlung unterscheidet man gerichtete und/oder diffuse Reflexion. Volumsreflexion ist stets diffuse, Reflexion an glatten Flächen ist gerichtete Reflexion (Spiegelung). Reflexion in Beobachtungsrichtung wird als Retroreflexion bezeichnet (Heiligenschein bzw. hot spot über Vegetation, Glorie bzw. glory über Wolken). Reflexion an rauhen Oberflächen ist diffus, wobei objektspezifische Richtungsanteile bestehen können. Je rauher eine Oberfläche, desto größer ist der Anteil diffuser Reflexion. Eine in sämtliche Richtungen des Halbraums gleichmäßig diffus reflektierende Oberfläche wird Lambertscher Strahler genannt. Nach dem Rayleigh-Kriterium wirkt eine Oberfläche für elektromagnetische Strahlung einer Wellenlänge λ dann als glatt, wenn die Standardabweichung der Unebenheiten h kleiner als λ/8cosθ ist, wobei θ dem Winkel zwischen Flächennormale und Einfallsrichtung der Strahlung entspricht (h λ/8cosθ). Reflexion ist somit von der Wellenlänge der betrachteten Strahlungsanteile abhängig. Wasserflächen, Sandflächen oder Schotterflächen, die im Mikrowellenspektrum glatt erscheinen, reflektieren im Bereich des sichtbaren Lichtes diffus. Intensität und spektrale Verteilung diffuser Reflexion beruhen auf Materialeigenschaften sowie der äußeren und inneren Struktur der reflektierenden Oberflächen (z.B. Blattwerk). Weiter besteht eine gewisse Richtungsabhängigkeit sowohl in bezug auf die einfallende als auch die reflektierte Strahlung. Die Reflexionseigenschaften werden durch die Reflexionsfunktion (bidirectional reflectance distribution function, BDRF) umfassend beschrieben. Die BDRF ermöglicht die Ermittlung der Strahldichteverteilung der in eine durch Azimut und Zenitdistanz beschriebene Richtung reflektierten Strahlung bei gegebener Strahldichteverteilung der aus einer ebenso durch Azimut und Zenitdistanz definierten Richtung einfallenden Strahlung. Eine Größe zur Beschreibung von Reflexion in Abhängigkeit der Beobachtungsrichtung ist der gerichtete Reflexionsgrad ρr, der dem Verhältnis von richtungsabhängiger Strahldichteverteilung der reflektierten Strahlung und aus dem Halbraum einfallender Bestrahlungsstärke entspricht. Nach Integration über den gesamten Halbraum erhält man aus dem gerichteten Reflexionsgrad ρr den Reflexionsgrad ρ, der auch Albedo genannt wird.

Durch Messung mit Spektroradiometern ist es möglich, den gerichteten Reflexionsgrad zu bestimmen, wobei auch eine Beschreibung der Richtungsverteilung der einfallenden Strahlung, z.B. durch Angabe der Zenitdistanz der Sonne, notwendig ist. Die Reflexionsfunktion kann nur durch Modellrechnungen mit zum Teil experimentell bestimmbaren Parametern erfolgen. Die objektspezifische Abhängigkeit des spektralen Reflexionsgrades wird durch Spektralsignaturen verdeutlicht, die charakteristische Verläufe der Größe des Reflexionsgrades in Funktion der Wellenlänge für unterschiedliche Objektoberflächen in Diagrammen darstellen. Bei Beschreibung der Reflexionseigenschaften von spezifischen Oberflächen wird durch das Anlegen sogenannter spektraler Signaturenkataloge möglich. So zeigen verschiedene Arten von Vegetation aufschlußreiche Reflexionsminima in Abhängigkeit von Absorptionsbändern der Blattpigmente im blauen und roten Spektralbereich des sichtbaren Lichtes (light harvesting für die Photosynthese) und in Abhängigkeit von Absorptionsbändern des Wassermoleküls im Spektralbereich des kurzwelligen Infrarots, andererseits aber auch ausgeprägte Reflexionsmaxima in Abhängigkeit von der Struktur des Blattmesophylls im Spektralbereich des nahen Infrarots und in Abhängigkeit der Bandbreite des nicht für die Photosynthese genutzten grünen Spektralbereiches des sichtbaren Lichtes. Die Gegenüberstellung von spektralen Reflexionsgraden unterschiedlicher Wellenlängenbereiche ermöglicht weitreichende Charakterisierung von Boden- und Vegetationsarten der Erdoberfläche (Vegetationsindex). Im Spektralbereich des sichtbaren Lichtes und des nahen Infrarots werden die spektralen Signaturen unterschiedlicher Gesteinsarten durch charakteristische Absorptionsbanden geprägt, die in Zusammenhang mit der Energie der Elektronen spezifischer Atome (Ionen von Metallen wie Fe, Ni, Cr, Co) und der Vibrationsenergie der Atome spezifischer Moleküle (Wassermolekül, Hydroxyl-Gruppe) stehen. Geeignete spektrale Ratios gestatten die teilweise Extraktion dieser Informationen. Schmale Absorptionsbanden in den spektralen Reflexionssignaturen können durch Nutzung von hyperspektralen Sensoren (hyperspektraler Scanner) exakter erkannt und analysiert werden.

Die Aufzeichnung objektrelevanter Reflexionswerte durch photographische oder digitale Sensorsysteme ist Grundlage der Informationsgewinnung, der visuellen Bildinterpretation und der digitalen Bildklassifikation in der Fernerkundung. Von Sensoren gemessene Strahlungsintensitäten sind somit von Wellenlänge und Richtung (Sonnenstand und Bobachtungsrichtung, spektrale und angulare Signatur), von der Lage des Objektes (räumliche Signatur), vom Zeitpunkt der Beobachtung (zeitliche Signatur) und – im Mikrowellenbereich – vom Polarisationsgrad (Polarisationssignatur) abhängig. [EC]

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