Lexikon der Geowissenschaften: Reliefdarstellung
Reliefdarstellung, Geländedarstellung, umfaßt die kartographische Darstellung der Oberflächenformen (Relief) der Erde und anderer Himmelskörper mittels spezieller graphischer Methoden. Die in Abhängigkeit vom Erforschungs- und Aufnahmestand des Reliefs sowie von den technischen bzw. polygraphischen Möglichkeiten entwickelten Methoden zur graphischen Wiedergabe der dritten Dimension in der Zeichenebene erfüllen unterschiedliche Anforderungen, deren Grenzen mit den beiden Polen ›Anschaulichkeit‹ und ›Meßbarkeit‹ abgesteckt werden können. Bestimmenden Einfluß auf die Wahl einer Methode haben einerseits Verwendungszweck, Kartenthema und Maßstab, andererseits die sich aus dem vorgesehenen Vervielfältigungsverfahren ergebenden reproduktionstechnischen Bedingungen sowie die Vorstellungen und das Können des jeweiligen Kartographen. Wichtigste Methoden sind die Schraffen (Böschungs-, Schatten- und Gebirgsschraffen), die Höhenlinien mit ihren verschiedenen Formen der graphischen Abwandlung zur Erzielung plastischer Effekte, die Höhenschichten, auch als hypsometrische Darstellung und anfangs als Regionalfarben bezeichnet, die Reliefschummerung als manuelles, photomechanisches oder rechnergestütztes Verfahren der Herstellung schattenplastischer Effekte (Beleuchtungsrichtung), die Methoden der Geländeschrägschnitte (Tanakamethode) sowie die Methoden der Reliefwiedergabe in Seitenansicht (Aufrißdarstellung), die das Kartenbild bis zum Ende des 18. Jh. beherrschten (Maulwurfshügelmanier) und auf der Grundlage der geomorphologischen Formentypenlehre als physiographische Methode eine Neubelebung erfuhren. Die Wiedergabe der Hochgebirgsregion verlangt besondere Methoden der Felsdarstellung. Auch für die graphische Betonung der Reliefkanten, die ein aktuelles Anliegen der exakten Wiedergabe des Steilreliefs ist, wurden verschiedene Lösungen gefunden. Markante Kleinformen werden z.T. mit Reliefsignaturen ausgedrückt. Besondere Probleme bereitet die exakte Wiedergabe des Meeresbodenreliefs (Tiefenlinie). Besondere Methoden der Reliefdarstellung sind für geomorphologische Karten entwickelt worden.
Während auf Reliefkarten die Oberflächenformen graphisch besonders betont werden, erfolgt auf den Kartenreliefs die Wiedergabe der Reliefformen primär nicht mit graphischen Mitteln, sondern dreidimensional körperlich. Ein plastischer Eindruck des Reliefs kann auch mit hinreichend dicht gescharten Höhenlinien in Anaglyphenverfahren erzeugt werden. Die Methoden der Reliefdarstellung lassen deutlich einen maßstäblichen Eignungsbereich erkennen. Hinsichtlich der benutzten graphischen Ausdrucksmittel können die einzelnen Methoden den kartographischen Darstellungsmethoden zugeordnet werden. In den Hauptkartengruppen kommt der Reliefdarstellung unterschiedliche Bedeutung zu. Auf topographischen Karten wird primär eine geometrische, meßbare Darstellung des Reliefs verlangt, was im 19. Jh. mit Einschränkungen durch die Böschungsschraffen und vollwertig dann durch Höhenlinien erreicht wurde. Grundlagen und Verfahren wurden als Terrainlehre, das Produkt als Terraindarstellung oder kurz als Terrain bezeichnet. Die Kombination mit einer Schräglichtschummerung als schattenplastische Darstellung des Reliefs erhöht die Anschaulichkeit bedeutend und gelangt deshalb für Touristenkarten zum Einsatz. Auf kleinmaßstäbigen Karten (geographischen Karten, chorographischen Karten) wurde die vom 16. bis 18. Jh. herrschende Aufrißzeichnung im 19. Jh. durch Gebirgsschraffen abgelöst. Die aus den Böschungsschraffen der topographischen Karten abgeleiteten Gebirgsschraffen – meist als Schräglichtschattierung in schattenplastischer Manier – erfuhren ihre vollendete Ausformung in den klassischen deutschen und einigen ausländischen Handatlanten. Ab Mitte des 19. Jh. fanden, begünstigt durch die Möglichkeiten des lithographischen Farbendruckes und die Fortschritte der topographischen Erfassung des Reliefs der Erde, die Höhenschichten rasch Eingang in die Schulatlanten, später auch in andere Atlanten, Einzelkarten, Kartenwerke und zuletzt auch in die großen Handatlanten und Weltkartenwerke. Oft werden Höhenschichten mit Gebirgsschraffen oder auch mit Reliefschummerung kombiniert. In jüngerer Zeit gibt es Bestrebungen, auf der Grundlage von Satellitenbildern Relief und Bodenbedeckung gleichwertig darzustellen (Landschaftskarten). In thematischen Karten erzwingt die Anwendung der Farbe für den thematischen Inhalt meist einfarbige Reliefdarstellungen. Die Herausbildung und Anwendung der verschiedenen Methoden der Reliefdarstellung markieren wesentliche Etappen in der Entwicklung der Kartographie (Kartographiegeschichte), wobei sie einerseits abhängig sind vom Erkenntnisstand und dem topographischen Erfassungsstand des Reliefs (Geomorphologie) und andererseits von den technischen Möglichkeiten der Kartenreproduktion.
Digitale Verfahren zur Erzeugung von Reliefdarstellungen liefern lagetreue Formen nach vorgegebenen Generalisierungsparametern. Durch die technische Verkopplung von Daten digitaler Höhenmodelle und von Daten der Fernerkundung lassen sich hocheffizient graphisch wirkungsvolle Darstellungen von hoher Aussagekraft herstellen. [WSt]
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.