Lexikon der Geowissenschaften: remanente Magnetisierung
remanente Magnetisierung, natürliche Remanenz, NRM, ist die in einer Probe auch ohne die Wirkung eines äußeren Feldes vorhandene Magnetisierung. Sie ist meist aus vielen unterschiedlichen Remanenzen zusammengesetzt ( Abb.). Die thermoremanente Magnetisierung (TRM) bei magmatischen Gesteinen und die Sedimentationsremanenz (DRM) bei Sedimenten enthalten Informationen über das Paläofeld und werden als Nutzsignale betrachtet. Es ist sogar möglich und fast die Regel, daß eine Gesteinsprobe mehrere charakteristische Remanenzen unterschiedlichen Alters besitzt. Diese können durch eine Analyse der natürlichen remanenten Magnetisierung im Zuge der thermischen Entmagnetisierung oder der Wechselfeld-Entmagnetisierung ermittelt und mit den Verfahren der Mehrkomponentenanalyse getrennt dargestellt werden. Bei der chemischen Remanenz (CRM) und der viskosen Remanenz (VRM) ist das im allgemeinen nicht der Fall. Sie gelten daher im Paläomagnetismus als Störsignale: a) Die anhysteretische Remanenz (ARM), entsteht im Labor bei der Wechselfeld-Entmagnetisierung, wenn zusätzlich zum magnetischen Wechselfeld auch ein magnetisches Gleichfeld auf die Probe einwirkt. Die ARM ist parallel und proportional zu diesem Gleichfeld und besitzt ähnliche Eigenschaften wie eine thermoremanente Magnetisierung. b) Die bohrinduzierte Remanenz (DIRM) wird bei Bohrkernen beobachtet und orientiert sich mehr oder weniger genau in Richtung der Längsachse des aus Eisen bestehenden Bohrgestänges. Ihre Entstehung geht vermutlich auf Magnetfelder in den Eisenrohren und auf die Erschütterungen und hohen Temperaturen beim Bohrvorgang zurück. Im Paläomagnetismus gilt sie als Störsignal. c) Die viskose Remanenz (VRM) baut sich langsam auf, wenn eine Gesteinsprobe lange einem Magnetfeld aussetzt wird. Das Anwachsen der VRM in der Zeit t kann man mit folgendem Gesetz beschreiben:
MVRM=S·logt
(S=Viskositätskoeffizient). Das Anwachsen der VRM ist mit der gleichen Zeitkonstante verbunden wie ihr Verschwinden, wenn das äußere Feld nicht mehr wirkt. Die VRM enthält keine Informationen über das Paläofeld in weit zurückliegenden geologischen Zeiten und wird im Paläomagnetismus als Störsignal betrachtet. Bei Gesteinen kann man die Existenz einer VRM mit Hilfe des Thellier-Tests überprüfen. d) Die isothermale Remanenz (IRM) kann im Labor durch künstliche Felder erzeugt werden, z.B. bei der Vermessung einer Hysterese. IRM-Erwerbskurven können für diagnostische Zwecke verwendet werden, weil man mit ihnen die verschiedenen ferrimagnetischen Minerale durch ihre unterschiedlichen Koerzitivfeldstärken HC unterscheiden kann. In der Natur entsteht eine IRM durch Blitzschlag. Eine durch solche Vorgänge gebildete IRM ist im Paläomagnetismus ein Störsignal. e) Die chemische Remanenz (CRM) kann in allen Arten von Gesteinen entstehen, wenn neue ferrimagnetische Minerale, z.B. während der Diagenese, Metamorphose oder Verwitterung, in einem Magnetfeld H gebildet werden. Die CRM ist parallel und proportional zu H mit Relaxationszeiten, die im Bereich von 109 Jahren liegen können. Sie ist im Prinzip zur Bestimmung der Richtung des lokalen Magnetfeldes bei der Entstehung der Mineralneubildungen zu verwenden, sofern deren Alter bestimmt werden kann. In der Natur kann sich der Erwerb einer CRM bei langsam ablaufenden chemischen Prozessen auch über sehr lange Zeiträume hinziehen, in denen sich das Erdmagnetfeld durch Säkularvariation und Feldumkehrungen erheblich änderte. Solche Prozesse sind im Labor nicht reproduzierbar. Eine CRM kann daher bestenfalls zur Bestimmung der Paläorichtung, nicht aber der Paläointensität verwendet werden. Häufig enthält eine durch Metamorphose erworbene oder während der rezenten Verwitterung entstandene CRM keine verläßlichen Informationen über das Paläofeld in der geologischen Vergangenheit und wird dann als Störsignal betrachtet. f) Die charakteristische Remanenz (ChRM) ist nicht durch einen besonderen physikalischen oder physikochemischen Vorgang gekennzeichnet. Vielmehr bezeichnet man damit eine für die Gesteinsprobe oder für eine ganz bestimmte Fragestellung im Paläomagnetismus typische Remanenz. Dies mag zum Beispiel eine bei der Abkühlung einer Lava entstandene thermoremanente Magnetisierung sein, eine chemische remanente Magnetisierung, die in Zusammenhang mit einer Metamorphose oder der Rotfärbung von Sandsteinen gebildet wurde, oder die Sedimentationsremanenz von Kalken. [HCS]
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