Lexikon der Geowissenschaften: Schleuse
Schleuse, Bauwerk zur Überwindung einer künstlichen oder natürlichen Fallstufe in einem Gewässer. Dabei wird das Schiff in einer Kammer, die nach Unter- und Oberstrom durch Tore abgeschlossen wird, durch Füllen der Kammer auf das Niveau des oberstromigen Wasserspiegels angehoben bzw. durch Leeren der Kammer auf das Niveau des Unterwasserspiegels abgesenkt. Die Abmessungen der Kammer richten sich nach der Größe der zu schleusenden Schiffstypen. Bei der in Deutschland üblichen Wasserstraßenklasse V beträgt die Breite der Schleusenkammer 12 m, die Länge 190 m. Bei den Schleusentoren werden je nach Art der Bewegung oder Lagerung verschiedene Typen unterschieden: Das Stemmtor gehört zu den ältesten und robusteten Torsystemen, es besteht meist aus zwei Flügeln und wird durch den Druck des Wassers geschlossen gehalten. Das Hubtor besteht aus einer ebenen Tafel, die über das Lichtraumprofil hinaus angehoben wird. Als Obertor erfordert es sehr hohe Aufbauten, die aus Gründen des Landschaftsschutzes heute möglichst vermieden werden. Das Schiebetor wird als eine ebene Tafel beim Öffnen in eine in der Kammerwand befindliche Nische gefahren. Beim Klapptor wird der Torkörper um eine horizontale Achse im unteren Teil des Tores gedreht. Nach der Bewegungsart werden weiter Hubsenktor und Hubdrehtor unterschieden.
Die Füllung und Leerung der Schleusenkammer erfolgt über Öffnungen, die durch Schütze abgeschlossen werden. Dabei werden einerseits im Interesse eines hohen Wirkungsgrades der Schleuse kurze Füll- und Entleerungszeiten angestrebt, andererseits müssen die Füllungs- und Entleerungsorgane so ausgebildet werden, daß in der Schleusenkammer Strömungen und Turbulenzen weitgehend vermieden werden. Das Füllen und Entleeren kann entweder an den Schleusenhäuptern (Endsystem), über die Kammerwände (Seitensystem) oder über die Kammersohle (Sohlensystem) erfolgen. Bei Endsystem wird im Torbereich entweder ein Schlitz freigegeben oder ein Schütz geöffnet. Beim Seiten- und Sohlensystem erfolgt die Beschickung und Entleerung über Umläufe, die parallel zur Schleusenkammer verlaufen und mit dieser über kurze Stichkanäle verbunden sind. Bautechnisch sind das gegenüber dem Endsystem zwar die aufwendigeren Lösungen, sie bieten aber den Vorteil größerer Fördergeschwindigkeiten bei geringen Turbulenzen während des Füllvorganges. Die bauliche Gestaltung einer Schleuse hängt neben den Untergrundverhältnissen in erster Linie vom vorgesehenen Füllungs- und Entleerungssystem ab.
Entsprechend den unterschiedlichen betrieblichen, topografischen und wasserwirtschaftlichen Anforderungen wurden zahlreiche Sonderformen entwickelt ( Abb.): Bei der Doppelschleuse liegen zwei Kammern nebeneinander, die unabhängig voneinander betrieben werden können, wodurch sich die Leistungsfähigkeit der Anlage wesentlich erhöht. Wo aus wasserwirtschaftlichen Gründen der Wasserverbrauch vermindert werden muß, werden jeweils Koppelschleusen, Sparschleusen oder Zwillingsschleusen verwendet. Bei der Koppelschleuse liegen zwei Kammern hintereinander, wobei das Obertor der unteren Schleuse identisch ist mit dem unteren Tor der oberen. Bei Sparschleusen sind neben der eigentlichen Schleusenkammer mehrere sogenannte Sparbecken in unterschiedlicher Höhe angeordnet, die bei der Leerung einen großen Teil des Wassers aus der Schleusenkammer aufnehmen. Dabei wird nicht das gesamte Volumen der Schleusenkammer in das Unterwasser abgelassen, sondern nur der Teil unterhalb des tiefstgelegenen Sparbeckens. Die Füllung erfolgt dann in der Weise, daß die Schleusenkammer zunächst aus den Sparbecken gefüllt und nur diejenige Wassermenge aus dem Oberwasser ersetzt wird, die der bei der Entleerung ins Unterwasser abgegebenen Wassermenge entspricht. Die Zwillingsschleuse besteht aus zwei parallelen Kammern, die durch einen Verbindungskanal so verbunden sind, daß bei der Entleerung der einen Kammer das Wasser bis zum Spiegelausgleich in die andere abgegeben wird. Schachtschleusen werden bei großen Hubhöhen verwendet. Dabei wird der unterstromige Abschluß der Kammer durch eine massive Wand gebildet, unterhalb derer das Untertor das erforderliche Lichtraumprofil freigibt. Zu den Nebenanlagen einer Schleuse gehören u.a. Vorhäfen vor den Einfahrten. [EWi]
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