Lexikon der Geowissenschaften: Temperaturmessung
Temperaturmessung, Thermometrie, dient der Bestimmung der Temperatur, insbesondere der Lufttemperatur und der Bodentemperatur. 1) Geothermik: Temperaturmessungen zur Bestimmung von geothermischem Gradienten und Wärmestromdichte werden fast ausschließlich in Bohrungen durchgeführt. Als Sensoren dienen Halbleiterwiderstandsthermometer (Thermistoren) oder Platin-Widerstandsthermometer (Pt-100), die in Bohrlochsonden eingebaut werden. Bei faseroptischen Temperaturmessungen wird das Temperatursensorkabel bis zur Endteufe in eine Bohrung eingebaut. Nach Einstellung des Temperaturgleichgewichtes (ca. 1 bis 2 Stunden) wird die Temperatur dann zeitgleich über das gesamte Bohrprofil gemessen. In der Regel werden in Bohrungen kontinuierliche Temperaturmessungen durchgeführt, bei denen die Sonde mit einer konstanten Geschwindigkeit in das Bohrloch gelassen wird. Bei einer Geschwindigkeit von 5 m/min und einer Meßrate von 2/s (= 120 Messungen pro Minute) erhält man eine Auflösung von ca. 4,2 cm. Durch den Bohrprozeß wird die Temperatur in einer Bohrung stark gestört. Für verläßliche Temperaturmessungen wird daher eine möglichst lange Standzeit nach Abschluß der Bohrarbeiten benötigt. Bei tiefen Bohrungen kann es Jahre bis zur Einstellung der Gebirgsstemperatur dauern. Bei Erdöl- und Erdgasbohrungen werden Temperaturmessungen meist nur an der Bohrlochsohle durchgeführt (Bottom-Hole-Temperature, BHT), die zwar nicht die wahre Gebirgstemperatur ergeben, aber mit geeigneten Korrekturen für geothermische Untersuchungen genutzt werden können. In Norddeutschland zeigen die Temperaturmeßkurven ( Abb. 1) im oberen Teil (Mesozoikum) einen deutlichen Temperaturanstieg mit der Tiefe, der im mittleren Teil (Salzformation des Zechstein) aufgrund der guten Wärmeleitfähigkeit von Salz geringer und unterhalb vom Salz im Rotliegenden wieder deutlich größer wird. Für Temperaturmessungen an der Erdoberfläche und in flachen Bohrungen werden transportable kleine Geräte mit Pt-100 Sensoren eingesetzt. Eine automatische Registrierung über Datensammler ist möglich. Für flächendeckende Temperaturmessungen an der Erdoberfläche ist die Infrarotthermographie geeignet. Infrarotmessungen sind berührungslose Temperaturmessungen, die auch von Flugzeugen und Satelliten aus erfolgen können (Fernerkundung). Für Temperaturmessungen zur Bestimmung der Wärmestromdichte in Meeren und Ozeanen werden Sonden eingesetzt, die aufgrund ihres Eigengewichtes von 800 bis 1000 kg in den weichen Meeresboden bis in Tiefen von einigen Metern bis maximal 20 m eindringen können. An diesen Sonden sind mehrere Thermistoren z.B. im Abstand von 1 m angebracht ( Abb. 2), so daß mehrere Temperaturwerte im Sediment gemessen werden können. Gleichzeitig ist die In-situ-Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit möglich. Im ozeanen Tiefbohrprogramm (Ocean Deep Drilling Program: ODP) wurden mit Hilfe spezieller Bohrschiffe (z.B. Glomar Challenger) in über 50 Tiefseebohrungen Temperaturmessungen bis zu einer Tiefe im Meeresboden von 100 m bis 300 m, vereinzelt bis 1000 m Tiefe, durchgeführt. Darüber hinaus gibt es in Flachmeeren zahlreiche Temperaturmeßwerte aus Erdöl-Erdgas-Bohrungen.
2) Klimatologie: Die Lufttemperatur wird nach internationalen Normen in einer Höhe von 2 m über dem Boden mit einer Genauigkeit von 0,1 K gemessen. Dabei ist zu beachten, daß der Meßfühler des Thermometers oder des Thermographen im thermischen Gleichgewicht mit der ihn umgebenden Luft steht, d.h. daß Meßfühler und Luft die gleiche Temperatur aufweisen. Dies wird durch einen Strahlungsschutz (Thermometerhütte, Ummantelung aus reflektierendem Material) und eine Ventilation (natürliche Ventilation oder Ventilator) erreicht. Die physikalischen Prinzipien, auf denen die Temperaturmessung beruht, sind vielfältig. Flüssigkeitsthermometer nutzen die Eigenschaft einer Flüssigkeit (Alkohol, Toluol, Quecksilber), sich mit der Temperatur auszudehnen. Die Temperatur wird durch den Flüssigkeitsstand in einer Kapillare angezeigt. Bimetallthermometer bestehen aus zwei miteinander fest verbundenen Bändern aus unterschiedlichen Metallen mit unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten. In Abhängigkeit von der Temperatur biegt sich das Band mehr oder weniger stark. Elektrische Thermometer basieren entweder auf der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes (Widerstandsthermometer,Pt-100-Verfahren, Thermistoren) oder auf der temperaturabhängigen Spannungsdifferenz (thermoelekrischer Effekt) an der Kontaktfläche zweier unterschiedlicher Metalle, z.B. NiCr und Ni (Thermoelemente). 3) Ozeanographie: Temperaturmessungen erfolgten in der Meeresforschung lange Zeit mit Kippthermometern, die nach dem Prinzip der Volumenänderungen einer Quecksilbersäule in Abhängigkeit der Temperatur arbeiten. Sie liefern Tiefenprofile mit einer geringen vertikalen Auflösung. Heute werden Temperaturen in Abhängigkeit von der Tiefe nahezu kontinuierlich mit elektronischen Sonden gemessen. Am verbreitetsten sind CTD-Sonden, die mit schnellen Platin- oder mit Halbleiterthermometern arbeiten und Meßgenauigkeiten von 0,001 K erreichen. Vom fahrenden Schiff aus können Temperaturen in der Nähe der Meeresoberfläche mit einem Thermosalinographen gemessen werden. Profile erhält man vom fahrenden Schiff aus mit einer Einwegsonde, dem Expendable Bathythermograph (XBT) oder mit geschleppten Geräten. Von Satelliten oder Flugzeugen aus kann die Temperatur an der Meeresoberfläche mit Fernerkundungsverfahren (Fernerkundung) durch die Messung der abgegebenen Infrarotstrahlung bestimmt werden. [EH,DH,EF]
Temperaturmessungen 1: Temperaturprofil der Bohrung Parchim 1/68. Temperaturmessungen 1:
Temperaturmessungen 2: Sonde für Temperaturmessungen und Sedimentkerngewinnung in Seen und Meeren (Ewing-Sonde); 1=Gewicht, 2=Thermistoren, 3=Bohrer.
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